für eine Friedensstadt völlig unpassend
Die SPD-Ratsfraktion und die SPD Osnabrück greifen mit einem offenen Brief in die Debatte um den umstrittenen Osnabrück-Besuch von Vitali Klitschko ein.
Klitschko, der nach seiner Karriere als Profiboxer nun Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist, soll am 26. März bei den Friedensgesprächen reden, um seine Sicht des Ukraine-Konflikts zu vermitteln.
Einen Eintrag ins Goldene Buch, wo er neben Papst Johannes Paul II., Königin Silvia von Schweden und Robin Schulz stehen würde, lehnt die Osnabrücker SPD ab und sieht darin eine “Positionierung zugunsten einer Kriegspartei”. Sie bittet den Oberbürgermeister seine Vorgehensweise zu überdenken und zu verändern.
Eine Stellungnahme aus dem Rathaus lag, auf Nachfrage unserer Redaktion, bei Veröffentlichung dieses Artikels noch nicht vor [Update, siehe unten].
Der offene Brief im Wortlaut (Download im Original hier von unserem Server):
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Griesert,
im Rahmen der Osnabrücker Friedensgespräche stellen Sie Überlegungen über einen Besuch von Herrn Klitschko im Rathaus mit einem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Osnabrück an.
Herr Klitschko, dem die Ehre des Eintrags in das Goldene Buch zuteilwerden soll, paktiert in der Ukraine mit einer Partei, Swoboda, die noch vor wenigen Jahren ein Bildungszentrum “Joseph Goebbels” ihr Eigen nannte und deren Vertreter mit dem Slogan an die Öffentlichkeit gingen “Greift Euch die Gewehre und knallt die Judensäue und die Russen ab!”.
Auch kann in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass die Swoboda-Partei offiziell und mehrfach als rechtsnational, neofaschistisch und faschistisch eingeordnet worden ist.
Nun kann man noch immer sagen, dass dieser Pakt politisch notwendig sei (diese Meinung vertreten wir nicht) und Herr Klitschko ja nicht selbst solche Positionen vertritt (dies ist der Fall und das betonen wir ausdrücklich). Dennoch sollte man dringend darüber diskutieren, ob es – selbst abgesehen von Herrn Klitschkos parteipolitischem Hintergrund – nicht für eine Friedensstadt völlig unpassend ist, dass sich ein politischer, ranghoher Vertreter einer kriegführenden Nation ins Goldene Buch einträgt, während die politische Bewertung des Krieges noch stark umstritten ist.
Herr Klitschko kommt nach Osnabrück, um dort die Haltung seiner Nation im Krieg gegen Russland zu vertreten. Eine Eintragung ins Goldene Buch kann und wird aus unserer Sicht als Parteinahme der Friedensstadt in diesem Konflikt verstanden werden.
Die SPD Osnabrück erklärt sich mit einer solch klaren und eindeutigen Positionierung zugunsten einer Kriegspartei nicht einverstanden und lehnt dieses Vorgehen ab.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wir bitten Sie dringend, Ihre Vorgehensweise zu überdenken und zu verändern.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Jens Martin gez. Frank Henning
(SPD-Unterbezirksvorsitzender) (SPD-Fraktionsvorsitzender)
…
[Update 13:45] Der städtische Pressesprecher, Dr. Sven Jürgensen, erklärte gegenüber der HASEPOST heute Mittag die Sicht der Stadt Osnabrück. So sei der Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Osnabrück ein “Angebot an alle Teilnehmer der Friedensgespräche”, allerdings sei noch gar nicht klar, ob aus “technischen Gründen” (An- und Abreise) davon überhaupt Gebrauch gemacht werden könne. Herr Klitschko sei “immerhin Träger des Bundesverdienstkreuzes und wird in diesem Jahr auch den Konrad-Adenauer-Preis der Stadt Köln* erhalten”, so der Sprecher der Stadt Osnabrück, und weiter: “Gegenwärtig sieht die Stadt keinen Grund das Angebot an Herrn Klitschko zurückzunehmen”.
*in der Stadt Köln verfügt die SPD über eine komfortable Stimmenmehrheit im Rat. Der Oberbürgermeister der Stadt Köln, Jürgen Roters, ist ebenfalls SPD-Mitglied.
Roters wird auf der Homepage der Stadt Köln anläßlich der Entscheidung zur Preisvergabe an Vitali Klitschko mit den Worten zitiert: “Mit der Preisverleihung wollen wir die mutige und auf friedliche Einigung ausgerichtete Rolle, die Vitali Klitschko im aktuellen Konflikt um die Ukraine einnimmt, unterstützen und stärken.”
HP
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