Seit sie zwölf Jahre alt ist, schreibt die Osnabrückerin Kara Atkin für ihr Leben gern, doch die Legasthenie hat sie lange davon abgehalten, ihren Traum als Autorin zu leben. Heute veröffentlich die 30-Jährige mit „The Perfect Fit“ ihr neuntes Buch.
Als Kara Köhler 2016 während ihres Jura-Studiums in Osnabrück an einem Schreibwettbewerb teilnahm, hätte sie sich nicht erträumen können, dass sie sieben Jahre später bereits das neunte Buch veröffentlicht. „Angefangen habe ich mit Romantic Thrill, heute schreibe ich New Adult“, erzählt Kara Atkin, die unter dem Mädchennamen ihrer Mutter veröffentlicht. Dabei sei das Genre keineswegs ausschließlich für junge Erwachsene zwischen 16 und 29 Jahren gedacht. „Alle sollten das lesen, was ihnen Spaß macht“, sagt sie.
In der vergangenen Woche erschien mit „The Perfect Fit“ der Auftakt einer neuen Reihe. Derzeit arbeitet Atkin schon am zweiten Teil, der eigentlich schon fertig sein sollte. „Der Fluch des Zweiten“, kommentiert die 30-Jährige. In der Regel schreibe sie sechs bis acht Monate an einem Buch – manchmal länger, manchmal kürzer. Damit sei sie langsamer als viele ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Ich bin Legasthenikerin und dadurch langsamer und mache mehr Fehler“, erklärt die Osnabrückerin. Und: „Ich bin auch mein härtester Kritiker.“ Deshalb schaue sie nicht zurück, sondern nur nach vorne. „Ich lese keine Rezensionen zu meinen Büchern, das tut mir nicht gut. Der Text ist fertig und ich kann sowieso nichts mehr daran ändern.“ Generell sei durch Social Media die Hemmschwelle bei Kritiken niedriger geworden. „Rezensionen sind für Lesende untereinander super wichtig“, ist sich Atkin sicher, sie selbst habe aber schon lange damit aufgehört, Bewertungen über ihr Buch zu lesen.
Im Geschriebenen immer „eine Abspaltung von sich selbst“
Doch wie viel von der Autorin steckt eigentlich in ihren Texten? „Ich wurde schon einmal als antifeministisch bezeichnet, weil ein Charakter in meinem Buch sich gegenüber Frauen verächtlich gezeigt hat“, erinnert sich die Autorin. Dabei sei es für sie „grenzüberschreitend, vom Text auf die Autor:in zu schließen“. Natürlich könne man sich selbst nie davon freimachen, nicht doch einzelne persönliche negative Charaktereigenschaften dem Antagonisten zu geben oder in der Protagonisten wünschenswerte Eigenschaften zu manifestieren, „irgendwo findet sich immer eine Abspaltung von sich selbst“. Dennoch schreibe Atkin fiktiv.
In ihrem neuesten Buch geht es um Ellie und Caleb. Ellie kann ihr Glück kaum fassen, als sie auf der Fashion Week in Mailand kurzfristig als Stylistin für Sänger Roan engagiert wird. Nur der verschlossene Manager Caleb ist wenig begeistert von Ellie. Und als herauskommt, dass Ellie single ist und damit Einstellungskriterium Nummer eins nicht erfüllt, sieht sie ihren Traum platzen. Aber dann macht Caleb ihr ein Angebot: Er spielt ihren Fake-Boyfriend, wenn sie seinen Fehler bei ihrem Background-Check vertuscht. „Caleb ist genauso gradlinig wie ich und von Ellie wäre ich gerne ein bisschen mehr“, sagt sie lachend. „In der Welt passiert so viel. ‚The Perfect Fit‘ ist locker, leicht und für zwischendurch; einfach dafür, um die Welt Welt sein zu lassen.“
Verlag geht mit Gendern im Buch voraus
Nicht nur im Vor- und Nachwort ist wie bereits bei einigen anderen Verlagen das Gendersternchen oder der Doppelpunkt zu finden, auch in der Geschichte selbst wird an gewissen Stellen gegendert. „Der Verlag achtet sehr genau darauf und wägt ab, an welcher Stelle gegendert wird und an welcher nicht“, erzählt Atkin. Aber nicht nur sie und ihre Kolleginnen und Kollegen haben sich die neue Form gewünscht, sondern auch aus der Community sei der Wunsch geäußert worden. LYX geht damit einen Weg, den sich bisher noch kein Verlag getraut hat. „Das ist unglaublich wertvoll und wichtig“, meint Atkin.
Atkin will als Legasthenikerin Mut machen
Die Osnabrückerin schreibt bereits seitdem sie zwölf Jahre ist und hat lange von einem Leben als Autorin geträumt. „Ich habe das aber immer wieder verworfen“, sagt sie. Wer wolle schon ein Buch einer Legasthenikerin veröffentlichen? „Ich habe mich selber meiner Chance beraubt.“ Doch der LYX-Verlag und das Team glauben an die 30-Jährige und unterstützen sie, wo es geht. „Es ist egal, wie oft ich eine Rechtschreib-Regel lese oder sie auch kenne, ich mache trotzdem die gleichen Fehler, genauso ist es beim Lesen.“ Dass sie nun ihren Traum Leben kann, ist für Atkin selbst noch kaum zu glauben. „Ich hoffe, man kann so sehen, dass nichts unmöglich ist.“ Träume seien schließlich da, um gelebt zu werden.
Übrigens: Im Gespräch mit Andrea Berlauer von LYX stellt die Osnabrücker Autorin „The Perfect Fit“ am 20. September um 19:30 Uhr bei Bücher Wenner vor. Karten sind für 12 Euro (10 Euro mit Literaturkarte) bei Wenner erhältlich.