Ali Nemir, Manuel Gava, Uwe Afemann, Thomas Klein, Matthias Middelberg und Heidi Reichinnek (v.l.n.r.) trafen sich im Ledenhof, um über Außenpolitik zu diskutieren. / Foto: Brockfeld
Mit dem Sieg der Taliban rückt die Weltpolitik in den Fokus des deutschen Wahlkampfes. Am 31. August lud die Osnabrücker Friedensinitiative (OFRI) daher die Bundestagskandidierenden für den Wahlkreis Osnabrück in den Ledenhof ein, um über Außen- und Sicherheitspolitik zu diskutieren.
Uwe Afemann von der OFRI führte als Moderator durch den Abend. Nach einer Begrüßung erläuterte er, die Friedensinitiative habe nur Kandidierende demokratischer Parteien einladen wollen, daher sei niemand von der AfD anwesend. An der Debatte nahmen Osnabrücks aktueller Bundestagsabgeordneter Matthias Middelberg (CDU) sowie Manuel Gava (SPD), Nemir Ali (FDP), Heidi Reichinnek (Linke) und Thomas Klein (Grüne) teil. Schon im Vorfeld konnten interessierte Bürger online Fragen einreichen, die die Politiker dann ausführlich schriftlich beantworteten. Lediglich Middelberg verzichtete auf diese Möglichkeit und verwies auf das Parteiprogramm seiner CDU. Die Fragen und Antworten finden Sie auf der Website der OFRI.
Deutsche Kanonenbootpolitik im Indopazifik?
Zu Beginn des Abends stellten sich die Politiker dem Publikum vor und beantworteten eine Reihe zufälliger Fragen. Vor allem die Entsendung der Fregatte Bayern in das Südchinesiche Meer erhitzte die Gemüter. Der 25-jährige Nemir Ali unterstütze den Einsatz: “Es ist eine klare Botschaft gegen das aggressive Gebaren der Volksrepublik China, die immer wieder völkerrechtswidrig Inseln besetzt. Die Mission der Fregatte ist ein deutliches Signal, dass das Meer nicht China gehört und dass wir die Anrainerstaaten unterstützen. Die FDP setzt sich für die Einhaltung internationaler Normen ein, die die Grundlage für den Frieden in der Welt sind.” Widerspruch kam vor allem vom Grünen Thomas Klein: “Kanonenbootpolitik ist sowas von out. Die Bundeswehr hat defensive und keine offensiven Aufgaben. Die Aggression Chinas ist eine Aufgabe der Weltgerichte, Deutschlands Freiheit wird nicht am Hindukusch und auch nicht im Südchinesischen Meer verteidigt.”
Lange Diskussion über Afghanistan
Das Afghanistandebakel des Westens stand im Zentrum des Diskussionsabends. Vor allem Linkenpolitikerin Reichinnek übte scharfe Kritik am Einsatz: “Die Situation in Afghanistan ist schlimmer als je zuvor. Schon der Kriegsgrund, Rache für die Anschläge des 11. Septembers, war mehr als fragwürdig. Die NATO-Mission setzte eine Spirale der Gewalt in Gang und ist auf ganzer Linie gescheitert. Die Linke würde einen derartigen Einsatz niemals unterstützen. Im übrigen habe ich mit vielen Afghan*innen Kontakt und es entsetzt mich, wie Deutschland mit diesen Geflüchteten umgeht.” Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Middelberg widersprach: “Der Einsatz war legitim, Amerika hat das Recht sich zu verteidigen. Das katastrophale Ende lässt sich allerdings nicht schönreden, als Mitglied des deutschen Bundestages schäme ich mich dafür. Es gab eine Kette von Fehleinschätzungen, vor allem die Annahme, die afghanische Armee könne länger durchhalten. Ich bin allerdings auch von den Menschen in Afghanistan enttäuscht, sie hätten sich auch mal selbst für ihre Freiheit und ihre Demokratie engagieren können.” Middelbergs Aussage sorgte für teils empörte Reaktionen, die afghanischen Sicherheitskräfte verloren etwa 70.000 Mann im Kampf gegen die Taliban.
NATO, Russland und Atomwaffen
Auch das Verhältnis zu Russland war Diskussionsgegenstand. Hier fiel vor allem die Ablehnung der Linken zur NATO auf. Heidi Reichinnek forderte Deutschlands Austritt aus dem Bündnis und beklagte die “Dämonisierung Russlands”. Die NATO gehöre überwunden, stattdessen bräuchte es ein internationales Sicherheitssystem unter Einbeziehung der Russen. Anschließend wurde über zivile Konfliktlösungsstrategien, Nuklearwaffen, und das “Defender Europe” Großmanöver gestritten. Das Publikum beteiligte sich am Ende des Abends rege an der Debatte.