In Chengdu (China) weiß man Osnabrück wenigstens noch zu schätzen und nun soll der sechzehn Jahre alte Slogan „Ich komm zum Glück aus Osnabrück!“ zum Entsetzen aller Dauernörgler tatsächlich wieder eingeführt werden?
Das ist doch …
Der ewige Textbaustein 7c aus „Bei-Uns“, wo immer das ist.
„Ich fahre schon seit Jahren nicht mehr nach Osnabrück und kaufe sowieso nur noch bei uns ein“, kommentierte (mittels Textbaustein 7c) bei Facebook vor ein paar Tagen zum wiederholten Male eine Frau aus … na, aus „Bei-Uns“ eben. Aber wo genau liegt dieses „Bei-Uns“ eigentlich? Nun, manchmal in Melle, mal in Bramsche oder Lotte oder eben sonst wo.
Mit „Bei-Uns“ war in dem Fall allerdings Hasbergen gemeint, da also, wo zumindest bei ihr, der Shopping-Queen hinter den sieben Hassbergen, die Wut auf Osnabrück besonders ausgeprägt zu sein scheint.
Jenes Hasbergen also, dieses über sämtliche Grenzen hinaus bekannte Oberzentrum des Rock ’n‘ Roll und aller Mega-Shoppingmalls. Dort also, wo die aktuelle Wahrscheinlichkeit, gewaltsam zu Tode zu kommen, derzeit ungefähr 730-mal höher liegt als in Osnabrück. Dagegen mutet Frankfurt mit einer 13,7-fachen Mordrate gegenüber unserer Heimatstadt doch fast friedlich und idyllisch wie ein Nachtspaziergang durch das unbeleuchtete Zentrum von Kattenvenne an.
Aber was ist überhaupt mit all den anderen Städten, in denen es toller ist als hier, obwohl alle Menschen dort weniger glücklich sind als in Osnabrück? Lassen wir mal Bramsche, Melle, Wallenhorst, Ibbenbüren und Georgsmarienhütte fairerweise beiseite, denn gegen diese Global Player der gehobenen Einkaufskultur hat Osnabrück laut Textbaustein 7c („Ich fahre schon seit Jahren nicht mehr nach Osnabrück und kaufe sowieso nur noch bei uns ein“) einfach keine Chance, zumal es dort viel bessere Parkmöglichkeiten und schönere Geschäfte gibt und vor allem keinen Neumarkt. Befestigte Ortschaften also, in denen zwischen all den Tulpen und Grachten Prinzessinnen und Feen auf Einhörnern den wie Milch und Honig fließenden Verkehr regeln.
Wo befinden sich nun die wahren Glücksmetropolen Deutschlands?
In Hamburg geht verkehrstechnisch seit Jahrzehnten rein gar nichts mehr, dagegen ist das, was wir hier in Osnabrück erleben, das reinste Antistauparadies. Woher ich das weiß? Ich habe drei Jahrzehnte mit dem Kennzeichen HH leben und dabei gefühlte 8,7 Jahre in innerstädtischen Staus verbringen müssen, davon fünf geschlagene Jahre als Taxifahrer.
Und München?
Nun, dort sind die Wohnungen zwar nicht einmal halb so groß wie in Osnabrück, dafür ist die Miete in der bayerischen Landeshauptstadt, wie in Hamburg oder Düsseldorf auch, viermal höher als bei uns. Zumindest als Vermieter ist man dort also sehr glücklich, aber nur dann, wenn man selbst woanders wohnt, in Osnabrück zum Beispiel.
Und wie ist es um das Glück in Köln, Frankfurt, Bremen oder sonst wo bestellt?
Ganz einfach und niemals vergessen:
Wir in Osnabrück sind gegen Chancengleichheit!
Jawohl!
Denn in Frankfurt, Berlin, Bremen oder Köln ist die Chance, auf offener Straße ausgeraubt zu werden, immerhin zwischen 12,1- und 16,8-mal höher als in Osnabrück, und die betörende Gelegenheit, in einer dieser Städte in Hundescheiße zu treten, sogar durchschnittlich 32,7-mal höher. Als Mitglied eines Clans oder als Schuhputzer findet man dort also unbestritten sein Glück, sonst aber kaum ein Mensch.
Wie konnte Osnabrück überhaupt zur Glückshauptstadt werden?
Weder Hamburg noch Berlin, weder München noch Frankfurt und schon gar nicht Münster oder Bielefeld, sondern Osnabrück ist eben nach der vor sechzehn Jahren bundesweit durchgeführten Großstudie die glücklichste Stadt Deutschlands.
Das lag übrigens nicht daran, dass es noch den uringetränkten Neumarkttunnel gab und Menschen in den Untergrund geschickt werden mussten, um sich ein Softeis kaufen oder die Straße überqueren zu können, sondern …
… vielmehr daran, dass kurz zuvor Christian Wulff und Heinz-Rudolf Kunze unser schönes Osnabrück verlassen hatten, um näher am versumpften Maschsee zu sein und dort den Kontakt zu Rentnerbetrüger Maschmeyer, Veronica Ferres und dem Fachmann für lupenreine Korruption und Russlandfragen, Gerhard Schröder, zu pflegen.
Ausgerechnet Hannover also, das bis auf den Stadtteil Linden praktisch als unbewohnbar gilt. Okay, ein Schlösschen, das Wilhelm-Busch-Museum und das Theater am Küchengarten sind wirklich ganz passabel, aber der Rest? Nichts als pures Unglück.
Das glückliche Osnabrück hingegen hat diese einmalige Altstadt mit seinem unwiderstehlichen Marktplatz, ein zwar über alle Maßen subventioniertes, aber auch leistungsfähiges Stadttheater, zig Museen – über das Remarque-Haus bis hin zum vom Architekten Daniel Libeskind einmalig gestalteten Felix-Nussbaum-Haus, das derartig einmalig gestaltet ist, dass es meines Erachtens auch dabei bleiben sollte.
Meine persönlichen Osnabrücker Glücksfavoriten sind die Lagerhalle, das ARTelier Thomas Jankowski, das Museum Industriekultur, das Planetarium und der Zoo Osnabrück, der laut meiner damals siebenjährigen Tochter „viel, viel schöner ist als Hagenbeck“.
Recht hat sie!
Zwar verfügt Osnabrück über etliche Kulturzentren, Vereine, Kinos und zig weitere Möglichkeiten, wo sich die Menschen je nach Neigung und persönlichen Vorlieben einbringen und glücklich fühlen können, doch steht außer Frage, dass sich das kulturelle Oberzentrum ungeahnter Glückseligkeit und der emotionale Schmelztiegel einer ganzen Region im Nahen Osten der Stadt befindet: nämlich die Kampfbahn Bremer Brücke.
In Osnabrück gibt es alles, sogar Mister Minit und Pommes …
Und wir haben hier in Osnabrück ja nicht nur die innerstädtische Grundausstattung – angefangen bei Mister Minit über C&A, Nordsee, McDonald‘s, Fielmann, Ernsting‘s Family, Hennes & Mauritz bis hin zur Galeria Kaufhof – nein, in Osnabrück gibt es auch noch alteingesessene Familienunternehmen wie den Prelle-Shop, das Stammhaus von Leysieffers Himmlischen, das Kaufhaus Schäffer oder das Modehaus Lengermann & Trieschmann, wenngleich ich meine Freizeit auch gern bei IKEA oder in der Uni-Mensa verbringe, in der seit Jahren das beste Mensa-Essen Deutschlands auf den Tisch kommt.
Dass es in und um die Innenstadt herum zig Parkhäuser gibt, will zwar niemand von den so schrecklich unglücklichen Textbausteine-1a-bis-12f-Inhaberinnen hören, ist aber so.
Pech gehabt, ihr bräsigen Schwarzmalerinnen.
Und noch etwas: Bleibt doch bitte einfach da, wo ihr so glücklich seid, also ganz bei euch in „Bei-Uns“, okay? Hämmert weiter unentwegt eure stumpfen Hasstiraden über Osnabrück in die Tastatur und glotzt Mario Barth, wenn das eure Vorstellung von Kultur und Glück ist. Und umfahrt unsere Stadt bitte weiträumig, das lässt den Geräuschpegel sinken und den Glückspegel in Osnabrück ins schier Unermessliche steigen, dessen bin ich mir sicher.
Und nun noch zwei absolute Totschlagargumente, weshalb es ein unendliches Glück ist, in Osnabrück zu leben: Zum einen ist Osnabrück nicht Bielefeld und zum anderen wird niemand gezwungen, die beliebteste und vielleicht schönste Diskothek Deutschlands, das Alando, zu betreten.
Klitzekleiner Spoiler:
Eins möchte ich zum Abschluss an dieser Stelle allerdings nicht verschweigen: Als meine Tochter Jule Valerie vor dreizehn Jahren, sie war damals sechs, von einem Reporter der Neuen OZ gefragt wurde, was ihr am besten an Osnabrück gefalle, antwortete sie mit frechem Grinsen und fester Stimme: „Das Schönste an Osnabrück ist ganz klar der Potts Park, aber der ist leider in Minden! Stimmt doch, Papa, oder …?“
PS 1: Der Neumarkt muss zur Wiese werden
Ja, Osnabrück hat den hässlichsten aller Neumärkte und die heruntergekommenste aller Johannisstraßen, die zusammen zwar keine 0,3 Prozent der gesamten Stadtfläche ausmachen, doch 99,7 Prozent heile Welt reichen unglücklichen Menschen nun mal nicht. Dass man das, was hässlich ist, wieder schön machen kann, nützt da auch nicht mehr viel, denn schönreden kann man das alles schon lange nicht mehr.
Tatsache ist, dass die Politik bei der Neumarktgestaltung total versagt hat und nun vor einem Scherbenhaufen sondergleichen steht. Also sammelt endlich die Scherben auf und klebt sie bloß nicht wieder zusammen, sondern begrabt sie mitsamt euren alten Plänen, damit dort etwas wirklich Neues entstehen kann.
Der Vorschlag eines ehemaligen OB-Kandidaten, den Neumarkt endlich zur Wiese zu machen, das heißt, auch keine Busse mehr durchfahren zu lassen, klingt mittlerweile realitätsbezogener als so manche Idee ideenloser Stadtplaner.
PS 2: Pures Glück in Osnabrück – BOB vor der Auflösung?
Die Mitglieder des Bundes Osnabrücker Bürger hingegen, jene heldenhaften „Neumarktbefreier“ (wie sie sich vor ein paar Tagen allen Ernstes selbst bezeichnet haben), dürften sich nach dem Gerichtsurteil wie frisch gebackene Glückskekse fühlen.
Da der Neumarkt jetzt auf Dauer autodurchlässig ist, kann sich der BOB, dessen erklärtes Ziel es war, den Neumarkt vom Joch der Straßenbarrikaden zu befreien, um ihn als 60er-Jahre-freie-Fahrt-für-freie-Bürger-Durchfahrtsstraße zu erhalten, ja nun auflösen.
Endlich weniger Steinzeit und dafür mehr Freizeit für die Autobobbyisten, um Facebook mit noch mehr bekloppten GIFs, Bildchen und Textbausteinen zukleistern zu können.
Ach, und das mit dem Erhalt der Teerlunge kriegen wir auch ohne BOB hin, wetten?
Also ehrlich, wenn das kein Glück für alle Beteiligten ist, dann weiß ich es wirklich nicht mehr …
Eine schöne Woche wünscht euch Kalla with a K.
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