Rieke Kuhlmann, sozialpädagogische Leitung der Paracelsus Berghofklinik II /Foto: Judith Schwertmann
Vor rund fünf Jahren ging die Adaption Paracelsus Berghofklinik II in Bad Essen an den Start. Seitdem können dort Suchtpatienten im Anschluss an eine stationäre Entwöhnungsbehandlung dabei unterstützt werden, sich ein stabiles Lebens- und Arbeitsumfeld aufzubauen sowie neue Lebensqualität zurückzugewinnen.
Mittlerweile wurden über 200 Patientinnen und Patienten nach einer erfolgreichen drei- bis viermonatigen Behandlung aus der Einrichtung entlassen. Für viele Suchtpatienten ist die Ablösung aus dem Klinikumfeld einer stationären Entwöhnungsbehandlung mit Leistungsdruck, Angst vor Versagen oder auch Angst vor sozialen Konflikten und erhöhter Rückfallgefahr verbunden. Im geschützten Rahmen einer Adaption in der Paracelsus Berghofklinik II bietet sich die Möglichkeit, unter realen Alltagsbedingungen den Therapieerfolg zu verfestigen und den Übergang in einen suchtmittelfreien Alltag zu bewältigen. Der Erfolg gibt der Einrichtung Recht.
5 Jahre Paracelsus Berghofklinik II
„Rund 60 Prozent unserer Patientinnen und Patienten haben wir während ihrer Therapiezeit in ein Praktikum vermitteln können. Davon erreichten circa ein Viertel vorzeitig ihr Adaptionsziel, weil sie eine Wohnung und eine Arbeit gefunden haben“, bilanziert Rieke Kuhlmann, sozialpädagogische Leitung der Paracelsus Berghofklinik II die fünf Jahre. Über die Hälfte der Patienten sei rückblickend mit der Diagnose einer Alkoholabhängigkeit in die Einrichtung gekommen. Die Altersstruktur erstreckte sich vom jüngsten Patienten mit 19 Jahren bis hin zum ältesten Patienten mit 65 Jahren.
Positive Entwicklung
Das Therapiekonzept mit Struktur und Leben zu füllen war eine der Hauptaufgaben des vierköpfige Adaptionsteams in den letzten fünf Jahren. Es sei eine schöne Erfahrung gewesen, ein Haus von der Entstehung an mit aufzubauen, zu entscheiden, welche Therapiethemen und -inhalte vermittelt werden und wie der Aufbau der Therapiewoche aussehen soll, sagt Kuhlmann. So wurden vor Ort ein eigener Ergo- und Arbeitstherapiebereich geschaffen, Therapieabläufe strukturiert, Patienten-Projektarbeiten realisiert oder auch die Appartements noch wohnlicher gestaltet. Die positive Entwicklung der Patientenaufnahmen aus dem gesamten Bundesgebiet gleich von Beginn an sei besonders erfreulich gewesen, schließlich musste die neue Einrichtung zunächst vor Ort und überregional bekannt gemacht werden.
Mitwirkung bei der beruflichen Neuorientierung
Für Wolfgang Block, Ergotherapeut der Adaption, ist es nach wie vor eine schöne Erfahrung, bei der beruflichen Neuorientierung der Patienten mitzuwirken, ganz besonders wenn im Anschluss an ein Praktikum eine neue berufliche Tätigkeit gefunden wird. „Die Organisation der Praktika und die Begleitung der Praktikanten sind zeitgleich eine der Herausforderungen in unserer täglichen Arbeit. Wir haben uns in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Unternehmen der Region eine enge Zusammenarbeit aufgebaut, sodass Praktikumsplätze aus unterschiedlichen Branchen wie Logistik, ambulante Pflege, Handwerk oder Einzelhandel für die Patienten zur Verfügung stehen. Jedoch müssen diese Kontakte dauerhaft gepflegt werden und nicht zuletzt machte die Coronapandemie die Vermittlung nicht unbedingt einfacher“, erklärt Block weiter.
Schwierige Wohnungssuche für Patienten
Mindestens genauso herausfordernd ist die Wohnungsmarktsituation, nicht erst seit der Coronapandemie, sondern bereits seit der Eröffnung 2017. Mit jedem Tag wird es schwieriger, im Rahmen der Adaptionsphase geeigneten und bezahlbaren Wohnraum für die Patienten zu finden. „Unsere Patienten nutzen oft zunächst kurzfristige Lösungen über Airbnb oder Montagewohnungen, denn eine feste Wohnmöglichkeit ist häufig nicht in Aussicht“, verdeutlicht Kuhlmann die schwierige Wohnungssuche für die Patienten. Trotz hoher Motivation, guten Auftretens und einer Job-Perspektive blieben viele der Betroffenen erfolglos. „Wir freuen uns über jeden Privatvermieter, der bezahlbaren Wohnraum für unsere Patienten anbieten kann und sie so auf ihrem neuen Weg unterstützt“, unterstreicht sie deutlich.
Wunschziel für 2022
Für die kommenden Monate stehen bereits verschiedene Projekte an. Neben der Einführung einer digitalen Patientenakte gilt es, die räumliche Ausstattung insbesondere im Freizeitbereich noch weiter auszubauen. „Unser Wunschziel für 2022 ist es, vom Corona-Alltag zur Normalität zurückzufinden. Daran schließt sich der Wunsch an, wieder Patientinnen und Patienten mit Begleitkindern aufnehmen zu können“, blickt das Adaptionsteam gemeinsam in das Jahr 2022.