Derzeit fahren nach wie vor Autos über den Neumarkt / Foto: Scherler
Einen ganz unscheinbaren Prüfantrag stellte die Mehrheitsgruppe aus Grüne/SPD/Volt mit Verstärkung von FDP/UWG und DIE LINKE./Kalla Wefel jetzt im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (StuA). Könnte der neue Neumarkt doch autofrei werden?
Unter dem Deckmantel „Teilentziehung“ stellten bis auf CDU, BOB und AfD jetzt die Ratsmitglieder gemeinsam einen Antrag. Die Verwaltung solle alle Voraussetzungen wie Maßnahmen, Beschlüsse und Haushaltsmittel auflisten und beschreiben, „die für die Teileinziehung der Straße Neumarkt und eines Teilbereichs Neuer Graben notwendig sind“. Auf Rückfrage der CDU stellten die Antragsteller klar, dass es sich konkret um die Sperrung für Autos am Neumarkt handle.
Anfrage komme zur richtigen Zeit
Für Stadtbaurat Frank Otte kommt diese Anfrage zur richtigen Zeit, denn so sagte er an die Ausschussmitglieder gewandt: „Sie müssen entscheiden, wie viele Verkehrsteilnehmer dort Platz erhalten.“ Der Antrag unter Federführung der Gruppe würde dem vorgreifen, was die Verwaltung in einem der nächsten Schritte gemacht hätte. Insbesondere Verena Kämmerling (CDU) ärgerte sich über die fehlende Verwaltungsvorlage und fühlte sich – wie einige andere CDUler – von dem Antrag überrumpelt. Der Auftrag sei viel zu früh und erst einmal sollten die Planungen am Neumarkt voranschreiten.
Otte ergriff Partei für den Antrag: „1,60 Meter breite Radwege gehen nicht, wenn man zu den Spitzenstädten im Radverkehr gehören will.“ Zwar habe die Verwaltung bisher den Planungsbeschluss, dass alle Verkehrsteilnehmer von Fußgänger über Rad bis hin zu Bus und Auto abgebildet werden sollen, doch der Rat solle sich gut überlegen, ob für alle Platz sei. Das Urteil des Oberverwaltungsgericht Lüneburg sei nicht für alle Zeiten festgeschrieben. Bei der „aufwändigen und hochwertigen Oberfläche“ sei es schwierig, Farben wieder abzufräsen und nach den letzten Fräsarbeiten am Neumarkt „kann das niemand wollen“. Volkmar Seliger (Grüne) vertreidigte das Vorpreschen der Mehrheitsgruppe. Man bereite sich auf eines der künftigen Ergebnisse vor und wolle die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Teilentziehung entsprechend kennen. Der Antrag wurde ohne Zustimmung der CDU beschlossen. BOB und AfD sind im Ausschuss nicht stimmberechtigt. Damit wird sich die Verwaltung nun auch auf das Szenario einer Teilentziehung inhaltlich vorbereiten.
An rechtlicher Situation bis heute nichts geändert
Der Bund Osnabrücker Bürger (BOB) wundert sich vor allem über die Äußerung von Stadtbaurat Otte, das Urteil des OVG Lüneburg sei nicht für alle Zeit festgeschrieben. In einer Mitteilung beziehen sie sich auf den Osnabrücker Verwaltungsrechtexperten Prof. Dr. Thorsten Koch: „Völlig zu Recht sah das Oberverwaltungsgericht die von der damaligen Neumarktsperrung betroffenen Wallanwohner als klageberechtigt an. Sie mussten die Folgen der Sperrung wie überhöhte Lärm- und Abgaswerte am Wall unverschuldet ertragen und wurden dadurch in ihren Grundrechten verletzt. An dieser rechtlichen Situation hat sich bis heute nichts geändert.“ BOB-Vorsitzender Dr. Steffen Grüner ergänzt: „Wir erinnern uns – damals musste unser Stadtbaurat ca. 40.000 Euro an Steuergeldern für die Entfernung von Straßenmarkierungen aufwenden, weil keiner der Regenbogenkoalitionäre mit einer Neumarktfreigabe für den Autoverkehr gerechnet hatte.“ Man plädiere vonseiten des BOB, sich an den Entwurf des Architekturbüros Lützow 21 zu halten und alle vier Verkehrsteilnehmer bei den Planungen zu berücksichtigen.