Am Donnerstag stellte terre des hommes den Jahresbericht für das vergangene Jahr vor. Mit einem Ertrag von 48,7 Millionen Euro zeigten sich die Verantwortlichen zufrieden. Jedoch regt der Blick auf die Zukunft zur Sorge an.
Zahlen für 2023 auf normalen Niveau
Die internationale Kinderrechtsorganisation terre des hommes mit Sitz in Osnabrück zog am Donnerstag (15. August) Bilanz für das Jahr 2023. Während 2022 ein herausragendes Jahr für die Nichtregierungsorganisation (NGO) war, befindet sich das Ergebnis für 2023 auf gutem, normalen Niveau. Mit 48,7 Millionen Euro sank der Ertrag um rund 1,1 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr (-2,2 %). Dieser setzt sich aus 22,9 Millionen Euro an Spenden (47,0 %) und 22,8 Millionen Euro an Kofinanzierungen durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (46,7 %) sowie 3,1 Millionen Euro aus sonstigen Erträgen (6,3 %) zusammen. Damit haben sich Spenden und Kofinanzierungen ungefähr in Waage gehalten, wobei erstere weniger wurden und der Anteil letzterer gestiegen ist.
Von den Einnahmen flossen 77,5 % in Projektausgaben, 8,4 % in die Werbung und die Öffentlichkeitsarbeit der Organisation und 6,9 % in die Verwaltungskosten. Weitere 3,7 % gab man für Kampagnen- und Bildungsarbeit aus sowie 3,6 % für Projektbeteiligungen.
Die Spenden seien bei anderen Organisationen jedoch deutlich mehr zurückgegangen, was daran läge, dass Menschen in den letzten ein bis zwei Jahren unter anderem durch die Inflation überlegten, ob und wem sie spenden. Doch die Spenden seien seit Jahren grundsätzlich auf einem hohen Niveau mit dem Rekordhoch im Jahr 2022, was vor allem auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zurückgeht. „Das macht ein Stück weit zuversichtlich“, sagte Vorstandssprecher Joshua Hofert.
Projekte von terres des hommes
Insgesamt 401 Projekte in 47 verschiedenen Ländern unterstützte man 2023. So viel wie noch nie. Das läge vor allem an den wachsenden Kriegs- und Krisengebieten. Als Beispiel nannte Hofert das Erdbeben in der Türkei und Syrien, wobei terre des hommes mit 4,9 Millionen Euro bei der Aufbauarbeit half. Die meisten Projekte (66) unterstützt die NGO in Indien. Gerade Kinder möchte man helfen, da sie durch Krisen am meisten traumatisiert seien und ihre Entwicklung besonders wichtig für die Zukunft sei. Bei der Unterstützung handelt es sich fast ausschließlich um Spenden in Form von Geldzahlungen. Sachspenden sind eher die Ausnahme und man habe dort auch oft keinen Bedarf. Als Grund nannte der Vorstandssprecher, dass die Mittel, wenn sie ankämen, vielleicht nicht mehr gebraucht und die lokale Wirtschaft dann dadurch leiden würde. Die Hilfe soll schließlich nachhaltig wirken.
Man unterstützt mit dem Geld lokale, einheimische Organisationen (NGOs), die sich vor Ort für Projekte einsetzen. Nach Regionen sortiert, gingen 29,2 % der Projektmittel an Europa (vor allem an die Ukraine), 21,4 % an Südasien, 18,8 % an Afrika und 16,2 % an Lateinamerika. Dazu kamen 11 % Südostasien und 3,5 % dem Nahen Osten zugute. Nach Themen sortiert, gab man 28,7 % für das Thema Flucht und Migration, 23,0 % für Humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und Katastrophenvorsorge und 16,4 % für den Schutz vor Ausbeutung und Gewalt aus. Weitere 11 % ging an die gesunde Umwelt für Kinder, 10,4 % an Bildung und Ausbildung, 8,8 % an die Partizipation und Organisation von Kindern und Jugendlichen und schlussendlich 1,7 % an Gesundheit und Ernährung.
Man unterstützt auch Länder mit „vergessenen Krisen“ wie Sudan, Kongo oder Myanmar, die nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, weswegen man auch so gut wie keine Spenden hierfür bekommt.
Kritik an Bundesregierung wegen Kürzungen
Das Engagement der Bundesregierung regt terre des hommes jedoch zur Sorge an. Nach Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 werden im nächsten Haushalt die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe um jeweils eine Milliarde Euro gekürzt. „Das entbehrt jeder Logik“, meint Joshua Hofert. „Wir können nicht tatenlos zusehen“, sagte er über die humanitären Notlagen, „aber die Bundesregierung scheint das komplett zu ignorieren.“ Gerade bei der humanitären Hilfe würden die Kürzungen besonders fatal sein. Innerhalb der Ampel sei man unterschiedlicher Meinung, was die Kürzungen angeht, während die Union positiv gegenüber mehr Förderung für humanitäre Hilfe stehe. Wenn es nach der AfD gehe, würde es, laut Hofert, weitaus drastischere Kürzungen für diesen Zweck geben. Die Verantwortlichen haben jedoch weiterhin Hoffnungen, dass sich die Regierung und der Bundestag sich noch umentscheiden. Der Vorstandssprecher mahnte: „Die Kürzungen von heute sind die Krisen von morgen“. Projekte wie die Übergangsschulen in Burkina Faso, wo die Bevölkerung durchschnittlich 17 Jahre alt ist, oder der Kampf gegen Folgen des Klimawandels in Kenia, die von der Kürzung im Etat betroffen seien, wären in Gefahr. Gerade Bildung sei laut Hofert wichtig, damit man in Kriegs- und Krisengebieten beispielsweise den Überlauf von jungen Menschen zu extremistischen Gruppen verhindern kann.
Zahlen in Osnabrück auf hohem Niveau
In der Stadt Osnabrück gab es im letzten Jahr insgesamt 3.648 Spender, die terres des hommes mit 812.641,72 Euro unterstützten. Dabei gab es fünf Großspenden von mindestens 15.000 Euro von Hellmann Worldwide, der Sparkasse Osnabrück, der VW Osnabrück Belegschaftsstiftung, der Felicitas und Werner Egerland Stiftung und der Bedford Stiftung. Während es aus dem Landkreis Osnabrück keine Großspenden gab, spendeten 911 Menschen insgesamt 238.235,97 Euro. Das seien laut den Verantwortlichen von terre des hommes beides „beeindruckende Spendenzahlen“, wenn auch nicht überraschend, denn dort, wo die Organisation aktiv ist, seien die Spendenzahlen auch höher als normal.
terres des hommes schmückt sich mit neuem Design
Mit der Veröffentlichung des Jahresberichts präsentierte terre des hommes auch ein neues Design. „Wir befinden uns im Umbruch bei unserer Geschäftsstellte“, sagte Pressesprecher Wolf-Christian Ramm. Nach zehn Jahren erstrahlt das Logo nun in einem helleren Rot und zeigt statt einem roten Tropfen mit weißer Umrandung nun einen weißen Tropfen. Des Weiteren hat sich die Schreibweise des Namens geändert, und mit „starke Kinder – gerechte Welt“ wirbt man nun mit einem neuen Slogan. Genauso hat man die Website einem Relaunch unterzogen. Die Verantwortlichen hoffen, durch das neue Design mehr Präsenz und Wahrnehmung zu generieren. Weitere Informationen zu Projekten und Anliegen von terre des hommes ist auf der Internetseite zu finden.