In der Vergangenheit hat sich deutlich gezeigt, dass Frauenrechte erkämpft werden müssen, wobei es nicht um die Ausschließung von männlichen Personen geht, sondern um die Gleichberechtigung der Frau auf Gesellschaftsebene. Der internationale Weltfrauentag am 8. März bietet eine Gelegenheit, um auf die Probleme aufmerksam zu machen. Aber nicht alle Parteien im Osnabrücker Rat sehen das so.
Am Mittwoch (8. März) ist internationaler Frauentag, auch in Osnabrück können Interessierte für die Gleichberechtigung und gegen Sexismus und Femizide beispielsweise bei der Demonstration des Frauenkampftags des feministischen Streikbündnisses laut werden. Besonders aufgrund der aktuellen Situation im Iran und Afghanistan, aber auch angesichts der Osnabrücker Gender-Pay-Gap mit 18 Prozentpunkten sowie fehlenden Betreuungsangeboten durch eine Knappheit an Fachkräften, bietet der Tag eine gute Gelegenheit, um ein Zeichen zu setzen.
Osnabrücker Gender-Pay-Gap bei 18 Prozentpunkten
Die Agentur für Arbeit veröffentlichte Daten zu der Gender-Pay-Gap im Osnabrücker Stadtgebiet und im Landkreis. 46,3 Prozentpunkte der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich und die Beschäftigungsquote unter den Frauen lag bei 58,8 Prozentpunkten. Die Anzahl beschäftigter Frauen stieg im Jahr 2022 an, allerdings sind davon mehr als die Hälfte in einer Teilzeitbeschäftigung tätig. Die Agentur für Arbeit zählt als eine Teilzeitbeschäftigung alles, was nicht Vollzeit ist, also auch gekürzte Stunden. Demnach sind die Hälfte der beschäftigten Frauen Teilzeitbeschäftigt und Männer lediglich ein Zehntel. Grund für Gender-Pay-Gap sind fehlende Betreuungsangebote und Branchenabhängige Gründe. „In bestimmten frauentypischen Berufen im Gesundheits- und Sozialwesen oder im Dienstleistungssektor sind die Entlohnungen oftmals geringer. Aber das reicht als Erklärung alleine nicht für die Unterschiede aus“, verdeutlicht die Leiterin der Agentur für Arbeit Osnabrück, Christiane Fern.
So habe das Medianentgelt für in Vollzeit beschäftigte Personen in der Stadt Osnabrück nach aktuellsten Zahlen von Ende 2021 bei monatlich brutto 3.525 Euro gelegen, bei Frauen alleine mit 3.164 Euro um 361 Euro darunter. Noch deutlicher ist der Unterschied im Landkreis, wo der Verdienst der Frauen im Schnitt 479 Euro unter dem der Männer liegen. „Neben der Branche spielt im Hinblick auf den geringeren Lohn eine gewichtige Rolle, dass Frauen in Leitungs- und Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind“, so Fern. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbaue oft Karriereoptionen.
CDU Osnabrück kritisiert Begrifflichkeiten
Über die Bedeutung des internationalen Frauentags ist man sich grundsätzlich auch innerhalb der verschiedenen Parteien im Osnabrücker Stadtrat einig, doch bei einigen politischen Vertretern kommt der die Bezeichnung „Frauenkampftag“ nicht sonderlich gut an. So kritisiert die CDU kritisiert in dem Kontext den Begriff „Kampftag“ von der morgigen Demonstration. Dieser leitet sich dabei von einer von der Stadt herausgegebenen Broschüre zu Veranstaltungen am 8. März ab.
In einer Mitteilung der CDU heißt es, dass der Begriff „Kampf“ in aktuellen Zeiten unangemessen sei. Zudem argumentieren die Christdemokraten, dass der Internationale Frauentag von der UN „für den Weltfrieden“ gelten solle. Er basiere auf das Frauenwahlrecht von 1975, welches jedoch spätestens mit der Anerkennung des Tags durch die UN auf die allgemeine und allumfassende Gleichberechtigung und Emanzipation der Frau erweitert wurde. Sie würden die dann Ziele unterstützen, wenn diese sich im politischen Alltag widerspiegeln würden.
Ratsmehrheit kontert Aussagen der CDU
Die SPD kritisiert diese Ansicht der CDU. Die Osnabrücker feministischen Initiativen und Institutionen in Osnabrück veranstalten zahlreiche Aktionen im März. Probleme wie die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern, Sexismus und Gewalt gegen Frauen werden dabei beleuchtet und thematisiert. Das Gleichstellungsbüro der Stadt Osnabrück sammelt diese – oft in ehrenamtlicher Arbeit organisierten – Veranstaltungen in einer Broschüre mit dem Titel “Feministischer Kampftag”. An dieser Bezeichnung nehme die CDU Osnabrück Anstoß.
Der 8. März stehe in einer langen Tradition feministischer Kämpfe, wie die gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit oder das Recht auf eigenständige Familienplanung. Die Vorsitzenden der SPD Osnabrück-Stadt Melora Felsch und Manuel Gava kritisieren weiter: „Gleichstellungsrechte mussten dabei sehr oft gegen Widerstand und mit hohem persönlichen Einsatz erkämpft werden.” Der Co-Vorsitzende der SPD Queer Osnabrück, Lennart Robra, ergänzt: “Die CDU Osnabrück offenbart ihre aktuelle Strategie, feministische, queere und emanzipatorische Räume anzugreifen. Wir bekennen uns hingegen klar für ein offenes Osnabrück, in dem niemand aufgrund seines Geschlechts, Identität oder seiner Orientierung angegriffen wird.”
Zweite Partei distanziert sich von der CDU
Auch die Grünen distanzieren sich derweil klar von der Kritik der CDU. Statt sich auf Begrifflichkeiten zu stürzen, solle sich auf eine praktische Umsetzung von Frauenrechten konzentriert werden. „Solange Frauen in unserer Gesellschaft immer noch 18 Prozent weniger Gehalt bekommen als Männer und Gewalt gegen Frauen sowie Femizide – jeden dritten Tag – bei uns noch Alltag sind, müssen Frauenrechte erkämpft werden“ , so die frauen- und gleichstellungspolitische Sprecherin der Osnabrücker Grünen, Dr. Diana Häs.„Wir brauchen keine Scheindebatten, sondern einen entschlossenen Feminismus, der ausdrücklich alle Männer einschließt, sich gemeinsam mit den Frauen für Gleichberechtigung, Gleichstellung, gleiche berufliche Chancen und gegen sexualisierte Gewalt und Unterdrückung einzusetzen.“
Elena Moormann von der Osnabrücker SPD fügt hinzu: „Und nicht nur der Blick in die Vergangenheit zeigt, warum Gleichberechtigung Kampf erfordert. Wer den mutigen Frauen im Iran und Afghanistan nicht in den Rücken fallen möchte, bekämpft nicht Begriffe, sondern kämpft weiterhin gegen die Unterdrückung der Frauen weltweit!“ Der Internationale Frauentag stürze sich also auf niemanden, sondern soll Frauen eine größere Stimme geben und auf Probleme aufmerksam machen. Es solle keiner klein gemacht werden, sondern Frauen stärker. Der Respekt untereinander sei dabei keine Nebensache, sondern oberste Priorität. Sich auf Begrifflichkeiten in einem solch wichtigen Kontext zu versteifen, ist für die Osnabrücker Ratsmehrheit hingegen unverständlich.