„Wo stockt der Verkehr aktuell in der Hasestadt?“ Vor allem aber auch: „Wo wird es sich voraussichtlich in einer Stunde oder auch am nächsten Tag stauen?“ Diesen Fragen geht in Osnabrück schon bald ein kompliziertes Netzwerk aus überall im Stadtgebiet verteilten Sensoren, neuen Ampelsteuergeräten und einem Zentralrechner nach.
Das große Ziel dieser Maßnahme, die rund 3 Millionen Euro kosten wird, wobei sich der Bund zur Hälfte an den Kosten beteiligt, ist es den Verkehr vor allem dort flüssig zu halten wo enge Straßenschluchten für dicke Luft sorgen, zum Beispiel am Wall.
Das „Umweltsensitive Verkehrsmanagement Osnabrück“, kurz UVM, greift immer dann steuernd ein, wenn an neuralgischen Punkten der Verkehr zu stocken droht. An weniger kritischen Orten, ohne direkte Wohnbebauung, wird dann der Verkehr durch angepasste Ampelschaltungen so gesteuert, dass er nach Möglichkeit im gesamten Stadtgebiet flüssig bleibt, vor allem aber dort, wo Schadstoffe die Gesundheit von Anwohnern, Radfahrern und Fußgänger belasten.
Stau-Prognosen zukünftig schon einen Tag im Voraus
Neben der direkten Konfrontation von Autofahrern mit in Zukunft deutlich intelligenteren Ampeln, sollen auch digitale Hinweisschilder auf alternative Routen oder Verkehrsmittel hinweisen. Mittelfristig ist geplant, so Ralf Lieder vom Fachdienst Verkehrsanlagen, dass die Osnabrückerinnen und Osnabrücker auch auf einer speziellen App Informationen zu möglichen Alternativrouten und Fahrtzeiten erhalten. Ziel ist dabei „+1“, also eine verlässliche Prognose bereits für den folgenden Tag.
Stefan Zimmermann, der beim Fachdienst Lichtsignalanlagen und Verkehrstechnik für den Verkehrsrechner zuständig ist, ist überzeugt, dass die in Osnabrück zum Einsatz kommende Technik der Firma Siemens bei der Stauprognose den zum Beispiel von Google oder den Mobilfunkprovidern gesammelten Floating Car Daten (FCD) überlegen ist, da mit den eigens installierten Sensoren eine deutlich detaillierte Beurteilung des Verkehrsgeschens möglich ist. Bei der Auswertung des Verkehrsgeschehens werden die mit den eigenen Sensoren erfassten Daten mit den allgemein verfügbaren FCD-Daten angereichert, erläuterte Verkehrsexperte Zimmermann auf Nachfrage.
Stadtbaurat Frank Otte ergänzte zu den eingesetzten Sensoren, dass diese auf Radartechnologie basieren und weder einzelne Fahrzeuge identifizieren noch KFZ-Kennzeichen erfassen können, aus datenschutzrechtlicher Sicht daher unbedenklich sind.
Intelligente Verkehrssteuerung statt Fahrverbote
Der Stadtbaurat zeigte sich bei einem Pressetermin am Schlosswall überzeugt, dass es mit dem UVM-System gelingen wird die die Luftschadstoffbelastung in Osnabrück zu reduzieren und gleichzeitig durch eine vorausschauende Verkehrssteuerung eine Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer zu erreichen. „Harte Eingriffe in die Mobilität werden überflüssig“, so Otte, der damit auf die immer wieder drohenden Fahrverbote für ältere Fahrzeuge hinweist. Aktuell und coronabedingt habe sich die Verkehrssituation in der Innenstadt zwar verbessert, so der Stadtbaurat, aber nach Corona könne der Verkehr auch wieder zunehmen. Allerdings hofft der Stadtbaurat, dass als positiver Effekt der Corona-Pandemie womöglich ein Trend zum HomeOffice und flexibleren Arbeitszeiten seinen Teil dazu beitragen werde, dass der Verkehr allgemein entlastet werden kann.
Los geht es bereits 2021
Nach der Installation der ersten Sensoren in Höhe des Ratsgymnasiums, werden in den kommenden Wochen und Monaten weitere Sensoren im Stadtgebiet installiert und die Steuerungstechnik der Ampeln einem Upgrade unterzogen. Nach einer ersten Lern- und Erprobungsphase in den kommenden Monaten, sollen die Verkehrsteilnehmer schon Ende kommenden Jahres von den ersten Ergebnissen der intelligenten Verkehrssteuerung profitieren können.
Osnabrück wird nach Fertigstellung des Projekts ein Vorreiterrolle unter den kleineren Großstädten haben. Vergleichbare, teils aber nur auf einzelne Teilgebiete des innerstädtischen Verkehrs konzentrierte Installationen, gibt es nach Kenntnis der Stadtverwaltung bislang nur in Potsdam, Erfurt, Braunschweig, Würzburg und räumlich sehr begrenzt in Berlin.