Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Kurz vor der Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2022 haben Innenpolitiker von SPD und Grünen die Aussagekraft der Daten infrage gestellt und neue Konzepte gefordert. “Es gibt wohl kaum eine Statistik in Deutschland, die ähnlich stark überinterpretiert und missbraucht wird. Die PKS hat Tücken und Risiken”, sagte SPD-Innenpolitiker Sebastian Fieder den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).
Die Statistik blende “einen großen Teil der Kriminalität in Deutschland aus”. Fiedler sagte weiter: “Nur ein Beispiel: Die Zahlen zu Umweltverbrechen sind jedes Jahr gering. Das liegt aber nicht etwa daran, dass kaum Straftaten gegen die Natur stattfinden, sondern nur daran, dass in den Ländern die Polizei und die Naturschutzbehörden nicht mit ausreichend Ressourcen ausgestattet sind, um mehr zu ermitteln.” Ähnlich bewertete die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen und Innenexpertin Irene Mihalic die PKS, die am heutigen Donnerstag in Berlin vorgestellt werden soll.
“Die Polizeiliche Kriminalstatistik in ihrer jetzigen Form sagt nichts über die Kriminalitätswirklichkeit in Deutschland aus. Das Sammeln von Delikten und Tatverdächtigen ist vage, anfällig und verzerrt”, sagte Mihalic. Die frühere Polizistin forderte zugleich: “Wir müssen einen stärkeren Fokus legen auf Opferbefragungen und Dunkelfeldforschung. Zugleich liefern uns Versicherungen Datenanalysen, die wir mehr in der Kriminalpolitik nutzen müssen.”
SPD-Politiker Fiedler ergänzte: “Ein großes Lagebild zur Sicherheit hilft vor allem dann, wenn die Expertise der Wissenschaft stärker eingebunden wird und zusätzliche Bereiche aufbereitet werden. Auch die Lage von Opfern, die Prävention und Gefahrenlagen wie etwa die Gefährlichkeit von gewaltbereiten Extremisten müssen eine Rolle spielen.” Wie Fiedler forderte auch der Kriminologe Tobias Singelnstein von der Goethe-Universität Frankfurt das Erstellen von “Verlaufsstatistiken” als Ergänzung zur Polizeilichen Kriminalstatistik: “Das bedeutet, dass Fälle von den ersten Ermittlungen bei der Polizei über den Prozess bei Gericht, den Strafvollzug und die Bewährungshilfe im Anschluss nachverfolgt und verglichen werden könnten”, sagte Singelnstein. “So sehen wir Entwicklung von Kriminalität und auch die Reaktionen der Institutionen auf Kriminalität besser. Doch diese Verlaufsstatistiken gibt es bisher nicht, denn die Erstellung ist immens aufwendig.”
Am Donnerstag will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, die aktuelle Kriminalstatistik für das vergangene Jahr vorstellen. Schon zuvor war bekannt geworden, dass die Polizeibehörden im Vergleich zum Vorjahr mehr Straftaten dokumentiert haben.
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