Die Untere Naturschutzbehörde genehmigt dem Zoo Osnabrück nach ausführlicher Beratung mit externen Baumexperten zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit weitere notwendige Baumarbeiten, das teilte der Zoo unserer Redaktion am Dienstag mit. Die betroffenen Bäume weisen Pilze, Stock- und Stammfäule, Buchenkomplexerkrankungen oder Wurzelschäden auf, die die Arbeiten zu sofort trotz aktuellem „Schnittverbot“ notwendig machen.

AFP

„Wir wissen, dass viele Anwohner und auch Zoobesucher sich Sorgen um die Bäume machen. Wir können versichern, dass uns die Bäume ebenfalls sehr wichtig sind. Sie sind Lebensraum für viele heimische Tiere. Gleichzeitig braucht der Zoo den Wald auch, weil die Bäume ihm die besondere Atmosphäre und Kulisse geben“, so Zoogeschäftsführer Andreas Busemann. „Ohne den Wald wäre der Zoo nur halb so attraktiv. Zudem bieten die Bäume unseren Tieren sowie den Besuchern angenehmen Schatten in den Sommermonaten und schützen vor Wind.“ Aus diesem Grund hat der Zoo auch begonnen ein genaues Baumkataster mit der Erfassung aller Bäume auf dem Gelände der neuen nordamerikanischen Tierwelt „Manitoba“ zu erstellen. Jeder Baum erhält hierbei eine Nummer und wird mit allen Daten, möglichen Krankheiten und Besonderheiten erfasst. Dieses Kataster soll nach und nach um den gesamten Zoobereich ergänzt werden, um so den Baumbestand noch besser pflegen und weiterentwickeln zu können.

Stand- und Bruchsicherheit nicht gegeben

Für das neue Baumkataster hatte nun ein Baumsachverständiger der betreuenden Firma Grüner Zweig GmbH aus Tecklenburg im Zeitraum Mai bis Juni 2017 die Bäume auf dem ersten Bauabschnitt hinsichtlich ihrer Verkehrssicherheit, also Gefährdung von Menschen, Gebäuden oder Straßen, überprüft. Bei der Durchführung der Baumkontrolle wurde für jeden Baum in diesem Bereich ein detailliertes Protokoll mit Baumgröße, Stammdurchmesser und Zustand erstellt. Dabei stellte der Experte fest, dass auf dem ersten Bauabschnitt bei 17 der 316 Bäume die Stand- bzw. Bruchsicherheit nicht mehr gegeben ist und diese kurzfristig gefällt werden müssen. Weitere 31 Bäume müssen beschnitten werden, das heißt, es werden unter anderem Baumkronen verkleinert, um auch hier die Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Für die Arbeiten muss am 8. und 9. August der Wanderweg außerhalb des Zoos an der Nordostseite gesperrt werden.

Pilze und Fäule machen Stämme marode

Ursache für die notwendigen Arbeiten sind vor allem holzzersetzende Pilze, wie zum Beispiel der Brandkrustenpilz, der die Standfestigkeit stark reduziert, Stock- und Stammfäulen, die die Baumstämme von innen aushöhlen und Löcher verursachen, Buchenkomplexerkrankungen oder zusätzliche Wurzelschäden. Die Erkrankungen sind in älteren Buchenwäldern wie am Schölerberg häufig anzutreffen. Bei den 17 zu fällenden Bäumen handelt es sich um zwei Vogelkirschen, drei Lärchen, eine Salweide, eine Zitterpappel, eine Papierbirke, eine Weide und acht Buchen. Teilweise sind die Bäume bereits abgestorben oder auch sehr instabil, sodass 35 Meter hohe Buchen auf Wege oder Gebäude zu fallen drohen und damit potenziell Zoomitarbeiter, Besucher, Wanderer außerhalb des Zoos oder Tiere gefährden. Vier der 17 Bäume müssen in Zusammenhang mit den Bauarbeiten wegen eines Wurzelschadens (Rotbuche), Gefahr des Tierausbruchs (zwei Vogelkirschen) und Anfahrschaden (Papierbirke) gefällt werden.

Über 40 neue Bäume und Wurzelschutzplatten

Bislang hatte der Zoo den gesamten Bereich „Manitoba“ (Bauabschnitt 1 und 2) durch eine sogenannte Negativ-Kontrolle überprüfen lassen. Dabei werden zunächst die Bäume, die nach einer visuellen Überprüfung sofort als sicherheitsgefährdend eingestuft werden, herausgenommen. Insgesamt wurden in der letzten „Schnittzeit“ mit Genehmigung der entsprechenden Behörden rund 70 Bäume von rund 510 bestehenden Bäumen entfernt, zu etwa 80 Prozent aus Gründen der Verkehrssicherheit. „In dem Bereich gab es wegen der Tiergehege längere Zeit keine Baumkontrollen, deswegen hatte sich einiges aufgestaut. Die Bäume waren aufgrund von Krankheiten instabil geworden und drohten umzufallen. Unter den 70 Bäumen befanden sich viele kleinere Gewächse wie auch Obstbäume“, so Angelika Mösche vom Baubüro Drecker. Etwa 40 Bäume sowie Sträucher im Wert von 60.000 Euro werden vom Zoo nachgepflanzt. Zusätzlich zu diesen geplanten Nachpflanzungen wird der Zoo nun aufgrund der weiteren Fällungen sieben weitere großkronige und standortgerechte Laubbäume im Frühjahr 2018 in der Nordamerika-Anlage pflanzen. So will der Zoo eine neue Generation von Bäumen in diesem Bereich etablieren und den Waldcharakter erhalten. Grundsätzlich ist man bei Baumarbeiten aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht verpflichtet Bäume zu ersetzen. Zusätzlich hat der Zoo in „Manitoba“ an Bäumen entlang der Wege sogenannte Wurzelschutzplatten verlegen und darunter spezielles Baumsubstrat verteilen lassen, um die bestehenden Bäume zu schützen. „Die Schutzplatten bestehen aus einem recycelten Kunststoffmaterial und lassen Luft und Wasser in den Boden. Durch das spezielle Baumsubstrat kann der Baum sehr gut durchwurzeln. So können wir die Baumstandorte erhalten“, berichtet Baumgutachter Jan-Tobias Welzel von der Firma Grüner Zweig. 

Befreiung vom „Schnittverbot“

Die aktuell notwendigen Baumarbeiten können nicht zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden und sind zwingend kurzfristig durchzuführen, da die betroffenen Bäume sich in unmittelbarer Nähe zu Verkehrsflächen befinden und damit die Sicherheit von Menschen gefährdet ist. Die anstehenden baumpflegerischen Maßnahmen wurden im Vorfeld mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Stadt Osnabrück bei einem Ortstermin besprochen und anschließend abgestimmt. Nach einer vorausgegangenen artenschutzrechtlichen Überprüfung durch die Grüner Zweig GmbH wurde eine notwendige Befreiung von §39 BNatSchG („Schnittverbot“) zur sofortigen Durchführung der Baumarbeiten und Baumpflegemaßnahmen zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit durch die UNB erteilt. Die Baumarbeiten werden unter Beachtung artenschutzrechtlicher Vorgaben und in Begleitung durch einen Sachverständigen durchgeführt. „Bei der Überprüfung vom Boden aus wurden keine aktuell besetzten Nester oder Höhlen entdeckt. Vor der Durchführung ist allerdings eine Kontrolle des oberen Stammbereiches und der gesamten Krone auf aktuell besetzte Nester, langjährig genutzte Fortpflanzungsstätten und Quartiere von Fledermäusen mit einem Hubsteiger notwendig“, so Welzel. Sollten hierbei dennoch brütende Vögel oder Fledermäuse in den Bäumen festgestellt werden, werden die festgelegten Maßnahmen ausgesetzt und die betreffenden Bereiche bis zum Abschluss des Brutgeschäftes zur Sicherheit abgesperrt. Das weitere Vorgehen wird in diesem Falle erneut mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt.