Im größten Gefangenenaustausch zwischen Russland und westlichen Ländern wurde der russische Oppositionelle Ilja Jaschin freigelassen. Gegenüber dem „Spiegel“ kritisierte er seine unfreiwillige Freilassung und betont weiterhin die Bedeutung des politischen Kampfes innerhalb Russlands.
Jaschins Erfahrungen und Kritik
Ilja Jaschin war im Dezember 2022 zu achteinhalb Jahren Strafkolonie verurteilt worden, da er angeblich die russischen Streitkräfte verunglimpft habe. „Ich wurde nicht ausgetauscht, ich wurde gewaltsam aus meinem Land vertrieben. Es ist kaum zu begreifen, dass viele meiner unschuldigen Mitstreiter weiter hinter Gittern sitzen“, sagte Jaschin im Interview mit dem „Spiegel“. Er betonte, dass er in Russland bleiben wollte, unabhängig von den Risiken, und dort seinen politischen Kampf fortsetzen würde.
Politische Arbeit in Haft
Während seiner Haftzeit schrieb Jaschin Texte, gab Briefinterviews und versuchte, andere Gefangene davon abzuhalten, in den Krieg zu ziehen. Ein Kampf, der nicht immer erfolgreich war: „Für die Gefangenen wurde der Krieg zu einer Partie Russisch Roulette. Großes Geld, hohes Risiko.“
Verluste und Zukunftsaussichten
Jaschin äußerte sich zudem zu den persönlichen Verlusten, der Ermordung des Oppositionspolitikers Boris Nemzow und des Kremlkritikers Alexej Nawalny. „Als Nawalny starb, war es, als hätte man mir ein Stück meines Herzens rausgerissen“, sagte Jaschin. Dennoch hat er sich dazu entschieden, Nawalnys Werk fortzusetzen.
Ein persönlicher Krieg
Den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezeichnet Jaschin als einen Kampf zwischen Freiheit und Tyrannei. „Der Krieg ist mein persönlicher Krieg“, erklärte er. Putin wird von ihm als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet.
Gefangenentausch und die politische Situation
Bundeskanzler Scholz habe den ausgetauschten Gefangenen bei ihrer Ankunft gesagt, er hoffe, das sei nicht der letzte Austausch. Jaschin zeigte Verständnis für diese schwierige Entscheidung. „Der Kanzler stand vor einem schweren Dilemma. Er hat mehrere Leben gerettet – und dafür einen Mörder in die Freiheit geschickt“, sagte Jaschin.
Die russische Bevölkerung und ihr politisches Bewusstsein
Trotz der Mehrheit der Russen, die den Angriffskrieg in der Ukraine unterstützen, will Jaschin die russische Bevölkerung nicht aufgeben. „Putin hat mein Volk als Geisel genommen“, sagte er. Er erinnerte daran, dass derzeit immer noch mehr als 1.000 politische Gefangene hinter Gittern säßen. „Doch statt alle anzuprangern, sollte man den verbliebenen Widerständlern signalisieren: Ihr seid nicht allein.“ Jaschin ist entschlossen, seinen politischen Kampf fortzusetzen: „Ich werde versuchen, mit dem weiterzumachen, wofür ich festgenommen wurde: Die Wahrheit über den Krieg zu sagen.“
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