Es ist wohl nicht allein dem Sommerloch geschuldet, sondern auch dem Frust, der sich bei Bürgern und Unternehmen ange*stau*t hat, dass die Industrie- und Handelskammer (IHK) in der vergangenen Woche deutlich Position zur Baustellensituation in Osnabrück bezog und das derzeitige Baustellenmanagement in Frage stellt.
Per Pressemeldung reagierte die Verwaltung am Mittwoch und läßt die Kritik der IHK weitestgehend an sich abprallen.
Baustellen: Aktivität häufig nicht erkennbar
Anke Schweda, in der IHK-Geschäftsführung u.a. für Standortentwicklung zuständig, bemängelte in einer Stellungnahme, die auch unserer Redaktion in der vergangenen Woche zugeschickt wurde, dass an vielen Baustellen in der Hasestadt „häufig eine aktive Bautätigkeit nicht erkennbar [ist]“. Eine weitsichtige, verkehrsverflüssigende Planung und zügige Baustellenbearbeitung könnten hier Abhilfe schaffen. Auch sollten innovative Bautechniken wie seinerzeit das Tunnelbauverfahren in der Lotter Straße verstärkt zum Einsatz kommen. Eine schnelle Baustellenabwicklung sei von großer Bedeutung für die Wirtschaft. Denn in Baustellenbereichen ansässige und auf Besucherverkehr angewiesene Unternehmen verzeichneten Frequenz- und Umsatzrückgänge. Bei mehrjährigen Baumaßnahmen sei dies wirtschaftlich nur schwer zu verkraften.
Grüne Lokalpolitiker reagierten bereits auf Frequenzeinbruch im Handel
Mit den von der IHK angesprochenen Frequenz- und Umsatzrückgängen nahm diese wohl auch Bezug auf den Einbruch der Passantenfrequenzen in der Osnabrücker Innenstadt im vergangenen Weihnachtsgeschäft. Hierüber hatte unsere Redaktion bereits im Februar exklusiv berichtet. In einer erstaunlichen Umkehr von Ursache und Wirkung warf die Grüne Ratsfraktion Osnabrück daraufhin der HASEPOST vor, dass der Überbringer der schlechten Botschaft und nicht das Baustellenmanagement der Stadt Osnabrück ursächlich für die sinkende Attraktivität der Innenstadt sei.
Verwaltung nimmt Stellung zu IHK-Kritik
Das vom (ebenfalls Grünen) Stadtbaurat Frank Otte geführte Baureferat der Verwaltung wollte die jüngste Kritik an den Dauerbaustellen durch die IHK offenbar nicht als Ansporn für eine Verbesserung – zum Beispiel durch zusätzliche Nachtbaustellen – verstanden wissen, sondern zeigte sich am Mittwoch (vertreten durch die Presseabteilung der Stadt) in Verteidigungshaltung.
Die Stadtverwaltung stellt fest, dass weder Stadt und Stadtwerke auf der einen Seite, noch Anwohner und Pendler auf der anderen Seite, froh sind über baustellenbedingte Eingriffe in den Straßenraum, da diese auch Behinderungen der Mobilität bedeuten. Die Verwaltung betont, dass die Baumaßnahmen für eine reibungslose Versorgung der Menschen in Osnabrück mit Breitband, Strom, Gas, Wasser und Abwasserentsorgung und nicht zuletzt für Straßenerneuerung und Straßensanierung sowie verkehrskonzeptionelle Verbesserungen (Verkehrsführung) notwendig seien. Herausgestellt wird, dass die meisten Baustellen noch in diesem Jahr abgeschlossen. Und: Viele Baustellen wurden und einige Baustellen werden noch vor ihrem terminierten Ende fertig!
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Derzeit gibt es 23 Baustellen in Osnabrück, so die Verwaltung. Die Bauarbeiten dauern durchschnittlich 39 Wochen, also ein Dreivierteljahr. Eine durchschnittliche Betrachtung der Baustellentätigkeit ist jedoch nach Ansicht der Verwaltung wenig hilfreich, da diese den individuellen Erfordernissen der jeweiligen Baustelle nicht gerecht wird.
Wurde überhaupt Nachtarbeit beim Gewerbeaufsichtsamt beantragt?
Was Nacht- und Wochenendarbeit angeht, betonen die Verwaltungsmitarbeiter, dass dies nur begrenzt möglich sei und vom Gewerbeaufsichtsamt genehmigt werden muss. Bei Straßenabschnitten in Wohngebieten ist dies wegen der Nachtruhe kaum möglich. Gemäß Arbeitsschutzverordnung sind Arbeitseinsätze über 10 Std./Tag nicht zulässig. Ein Mehrschichtbetrieb lässt sich nur schwer organisieren, da zusätzliche Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht zu bekommen sind.
Ob die Genehmigung von Nachtarbeit auch tatsächlich bei den aktuellen Baustellen in allen Fällen beim Gewerbeaufsichtsamt angefragt wurde, bleibt die Stadtverwaltung in ihrer Reaktion auf die IHK jedoch schuldig.
Im Rahmen einer öffentlichen Fraktionssitzung der CDU Ratsfraktion erklärte Fachbereichsleiter Jürgen Schmidt im Februar erstaunlich offen, dass bei der Baustellenplanung regelmäßig lediglich „vermutet“ würde, dass Nachtarbeit nicht genehmigt wird, was bei den Bürgern im Ratssitzungssaal im Februar für erregte Zwischenrufe sorgte.
Weiterlesen: In Münster sind Nachtbaustellen die Regel
IHK will auch volkswirtschaftlichen Schaden betrachtet wissen
Anke Schweda von der IHK bemängelt, dass die Beschäftigten ganz besonders betroffen seien von der Baustellensituation. Vor und nach der Arbeit müssen viele Mitarbeiter der Osnabrücker Unternehmen unfreiwillig deutlich mehr Zeit im Stadtverkehr verbringen. Darum solle die öffentliche Hand bei der Auftragsvergabe nicht nur auf die Kosten der reinen Baumaßnahme abstellen, sondern auch den gesamtwirtschaftlichen Nutzen einer beschleunigten Baustellenabwicklung berücksichtigen.
Von Seiten unserer Redaktion wurde Stadtbaurat Frank Otte bereits einmal auf die volkswirtschaftlichen Effekte der in seinem Verantwortungsbereich durchgeführten Baustellen angesprochen. Die Antwort des Stadtbaurats war „kompakt“ und ist hier in unserem Archiv zu finden.