Foto: Stahlproduktion, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sieht Deutschland nicht ausreichend vorbereitet auf die notwendige Zuwanderung von Fachkräften. “Wir sind auch von der Mentalität her noch lange kein Einwanderungsland, obwohl wir es dringend sein müssten”, sagte Hofmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
“Da geht es auch um Dinge wie die rasche Erteilung eines Visums, die Anerkennung von Abschlüssen oder die Voraussetzungen für einen Familiennachzug.” Die Zugewanderten bräuchten auch Wohnraum, der aber jetzt schon knapp sei. Das setze sich fort bei der Kinderbetreuung oder schulischen Angeboten. Die Erwartung von Experten, wonach Deutschland bis 2030 pro Jahr eine Nettozuwanderung von 400.000 Arbeitnehmern brauche, sei vermutlich “eine Schätzung am unteren Rand”, so Hofmann weiter. An Arbeitskräften mangele es “auch bei Tätigkeiten, die nicht unbedingt eine spezielle Ausbildung erfordern”. Der Gewerkschaftschef sagte, dass Deutschland trotz Arbeitnehmerfreizügigkeit seinen Fachkräftebedarf nicht mit Menschen aus anderen EU-Staaten decken könne. Das unterstreiche, “dass wir noch kein attraktives Zuwanderungsland sind”. Die erforderlichen Fachkräfte sollten daher aus “Europa jenseits der EU und allen anderen Winkeln der Welt” kommen, so Hofmann. Die religiöse Prägung sei längst nicht mehr entscheidend. “Und die kulturelle Vielfalt hat unser Land durchaus auch bereichert.” Der entscheidende Ort der Integration sei der Arbeitsplatz. “Dort werden Fremde zu Kollegen. Das ist die Lehre der ersten Immigrationswellen der 1960er- und 1970er-Jahre.”
Hofmann sprach sich dafür aus, dass Fachkräfte aus dem Ausland mit ihren Familien nach Deutschland kommen können. “Ich denke, dass das sehr früh möglich sein muss, sofern die Beschäftigung auf Dauer angelegt ist. Anders wird es gar nicht gehen.”
Der Gewerkschaftschef unterstützte auch die Pläne der Ampelkoalition, den Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft zu erleichtern. “Mein Gefühl ist, dass andere Länder beim Staatsbürgerschaftsrecht weiter sind und ihnen das einen Vorteil im Wettbewerb um Arbeitskräfte verschafft”, sagte Hofmann. Die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Beschäftigten ein bezahltes Jahr für Aus- und Weiterbildung zu ermöglichen, hat Hofmann darüber hinaus als unzureichend kritisiert. Heil solle “mutiger sein”.
Eine Bildungszeit von maximal einem Jahr reiche nicht, weil viele Spezialisten von heute im Grunde einen neuen Beruf lernen müssten. “Die Obergrenze für die Weiterbildungs-Auszeit sollte zwei Jahre betragen, eher noch mehr.” Hofmann bemängelte auch, dass Arbeitnehmer in dieser Zeit von der Bundesagentur nur Unterstützung in Höhe des Arbeitslosengeldes bekommen sollen. “Das muss aufgestockt werden”, so der Gewerkschaftschef.