Die Große Straße in Osnabrück zieht täglich Tausende in die Innenstadt und lädt aktuell mit Sommersales zum Schaufensterbummel ein. Ihr Anblick wird momentan aber nicht nur durch Mund-Nasenschutzmasken, sondern auch durch einen anderen Eindruck geprägt: Ein junger Mann spazierte in dieser Woche mehrfach mit einem großen Plakat durch die Osnabrücker Einkaufsmeile und forderte „Redefreiheit für Holocaustrevisionisten“.
Revisionisten stellen geltende und anerkannte historische Erkenntnisse in Frage und versuchen sie umzudeuten. Ausgangspunkt ihrer Argumentation sind oft fragwürdige Quellen, wie etwa undokumentierte Gespräche oder antisemitische Autoren. Die Leugnung des Holocaust, des industrialisierten Völkermords an jüdischen Menschen, stellt in der Bundesrepublik nach §130 Absatz 3 Strafgesetzbuch eine Straftat dar. Trotz dessen und trotz nahezu lückenloser Dokumentation des Geschehens gibt es immer noch Menschen, die versuchen, Geschichte zu verfälschen.
Quellenlage eindeutig
Der junge Mann in der Osnabrücker Innenstadt spricht weder Passanten an, noch lässt er sich von ihnen irritieren. Er läuft seinen Weg durch die Große Straße und fordert still „Redefreiheit für Holocaustrevisionisten“. In Deutschland herrscht Rede- und Meinungsfreiheit; die Leugnung oder Umdeutung eines verheerenden Abschnitts der deutschen Geschichte fällt aber nicht darunter. Nicht nur Aussagen von Holocaustüberlebenden, sondern auch Akten und Briefe aus den Archiven von Nationalsozialisten belegen den Völkermord.
Kein Ermittlungsverfahren
Gegen den jungen Mann wird in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Osnabrück allerdings kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil kein Straftatbestand erfüllt wird. „Die Verharmlosung oder Billigung von Handlungen aus der NS-Zeit ist verboten und ein Straftatbestand“, berichtet Mareike Edeler, Pressesprecherin der Polizei Osnabrück. „Der Mann verharmlost mit seinem Plakat aber keine Verbrechen aus der NS-Zeit, sondern fordert Redefreiheit. Die Leugnung von NS-Verbrechen ist strafbar, die Forderung nach Redefreiheit jedoch nicht – deswegen fällt das Plakat unter den Deckmantel der Redefreiheit.“