Studentin Luisa Niemöller fördert spielerisch die Sprache ihres vierjährigen Sprach-Balou-Kindes, indem sie mit ihm Spiele spielt und diese so gestaltet, dass der deutsche Wortschatz entwickelt wird / Foto: Hochschule Osnabrück
Im Rahmen des Corona-Aufholpakets des Bundes haben im Frühjahr der Fachbereich Logopädie der Hochschule Osnabrück und der Fachbereich für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Osnabrück das Projekt „Sprach-Balou“ ins Leben gerufen. Durch das Tandemprojekt soll der Spracherwerb von Kindern mit Migrationshintergrund in Osnabrück gefördert und unterstützt werden.
Die Corona-Pandemie führte unter anderem durch Kita-Schließungen dazu, dass viele Kinder mit Migrationshintergrund über die letzten Jahre nur ein sehr eingeschränktes Angebot zum Erlernen der deutschen Sprache erhalten haben.
„Es ist so schön zu sehen, wie wissensdurstig und offen die Kinder für den sprachlichen Input sind“, erzählt Laura Schulz. Die ausgebildete Logopädin und Studentin des Bachelors Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie ist der sogenannte Sprach-Balou eines Kindes aus dem Stadtteil Schinkel. Sie besucht das Kind regelmäßig, tritt in Interaktion oder spielt Spiele, um so den deutschen Wortschatz zu entwickeln. Die Tandem-Situation ermöglicht so eine intensive Eins-zu-eins-Förderung, die optimal an das jeweilige Kind angepasst wird. „Als Sprach-Balou sind wir als Gäste vor Ort bei den Familien, insofern entstehen keine Hierarchien, wie sie teilweise im klinischen Setting zu finden sind“, schildert Christina Haupt, Projektleiterin und Lehrende für Logopädie an der Hochschule Osnabrück.
Familienbegleiterinnen dienen als Brücke
Die Kontaktaufnahme zu den Familien erfolgt über die qualifizierten Familienbegleiterinnen der Stadt, die als Brückenbauerinnen bereits gute Beziehungen zu Familien mit Migrationshintergrund in verschiedenen Stadtteilen aufgebaut haben. „Die Eltern erzählen mir, dass ihre Kinder offener geworden sind“, berichtet die Familienbegleiterin Güzüde Önder von ihren Gesprächen mit den Familien. Insgesamt zehn Termine verbringen die Studierenden mit den Kindern und erhalten einen Eindruck der Sprachumgebung und des -fortschritts. Am Ende erfolgt ein Abschlussgespräch mit allen Beteiligten. Sollte bei einem Kind ein Verdacht auf eine Sprachstörung bestehen, werden Familienbegleiterinnen und Eltern bezüglich des weiteren Vorgehens eingehend beraten. „Dies stellt sicher, dass eine frühe Differenzierung von Sprachauffälligkeiten oder Sprachstörungen erleichtert wird und die Kinder die richtige Form der frühen Unterstützung – Förderung oder Therapie – erhalten“, erklärt die Projektleiterin.
Mit Sprachbarrieren umgehen lernen
„Durch das Projekt kann ich mich im Umgang mit neuen, unbekannten Situationen ausprobieren wie zum Beispiel mit der Sprachbarriere, mit der man konfrontiert wird und lernt, diese mit verschiedenen Konzepten zu lösen“, erzählt Luisa Niemöller, ebenfalls Logopädin und Studentin der Hochschule. Nicht nur für die Projektbeteiligten bietet „Sprach-Balou“ einen Mehrwert, sondern auch die Nachfrage der Familien ist hoch: Rund 175 Familien sind an einer Teilnahme interessiert. „Es gibt noch viel (mehr) zu tun, daher wäre es zielführend das Projekt langfristig in Kooperation mit der Stadt zu verwirklichen. Hinzu kommt, dass ein wichtiges Bundesprogramm ‚Sprach Kita‘ Ende des Jahres ausläuft und damit unsicher ist, inwieweit Sprachförderung als besonderes Thema in Kitas intensiv weitergeführt wird“, betont Haupt. Ziel ist es, das Projekt im bevorstehenden Wintersemester zu intensivieren und zu evaluieren. Zwei der aktuell Studierenden befassen sich in ihren Bachelorarbeiten mit der Konzeption, Umsetzung und Evaluation des Projektes. Für die Nachhaltigkeit sollen zudem Informationsmaterial und Erklärvideos in unterschiedlichen Sprachen zusammengestellt werden, so dass Eltern die Sprachförderstrategien auch in der Herkunftssprache im häuslichen Umfeld anwenden können.