Angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sieht der Historiker Karl Schlögel schwierige Zeiten auf Europa zukommen. Der renommierte Russland-Experte mahnt zur Vorsicht und betont die vielen Facetten von Putins Führung.
Schlögels Warnung an Europa und den Ernst der Lage
Der in Russlandexpertise renommierte Historiker Karl Schlögel sieht angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine düstere Zeiten auf Europa zukommen. „Ohne in Pathos zu verfallen, bedeutet das, dass man sich auf Opfer einstellt und begreift, harten Zeiten entgegenzugehen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgaben). „Das sind nicht die Fantasien eines Militaristen, sondern nur ein Hinweis auf den Ernstfall.“
Die Generation, die vom Krieg verschont geblieben sei und keine konkrete Erfahrung mit Gewalt gemacht habe, müsse sich auf die Rückkehr des Krieges nach Europa vorbereiten, warnte Schlögel. Historische Konstellationen würden nicht nur durch gesellschaftliche Strukturen, sondern auch durch Individuen und deren Charakter bestimmt werden.
Die Komplexität von Putins Führung
In Bezug auf Russlands Präsidenten betonte Schlögel die Vielfältigkeit seiner Führungsrollen: „Den KGB-geschulten Manager der Macht, den imperialen Träumer von der russischen Welt, den Sadisten, der öffentlich Kriegsverbrecher auszeichnet und ukrainische Städte in Schutt und Asche legt, den andächtigen Kirchgänger und postmodernen Cyberkrieger. Diesem Führer neuen Typs, den es so noch nicht gegeben hat und der uns mit jedem neuen Schritt überrumpelt, müssen wir gewachsen sein.“
Herausforderung bei der Suche nach Antworten
Es werde besonders schwierig, adäquate Antworten zu finden, da Putin kein einheitliches ideologisches Projekt vorantreibe. Schlögel, der Russland oft bereiste und mehrere Bücher über das Land schrieb, spricht von „einer eklektischen Zusammenfügung von Momenten“. Insbesondere die Kombination aus „Staatskapitalismus mit ganz feudalen Strukturen zusammen, alte Praktiken des Zarenreiches mit Hightech“ mache es schwierig. „Putins Choreografie der Spaltung Europas wird bis heute unterschätzt“, sagte er der „Rheinischen Post.“
Anerkennung für Schlögels Arbeit
Für seine wissenschaftlichen Verdienste wird Karl Schlögel im November mit dem Gerda-Henkel-Preis geehrt. Dieser ist mit 100.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vergeben.
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