München (dts Nachrichtenagentur) – Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat das kategorische Nein des Kanzlers zu deutschen Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine scharf kritisiert.
„Der Kanzler hat für sich rote Linien gezogen, und davon geht er nicht weg, auch wenn die inhaltliche Erklärung dieser roten Linie nicht wirklich stichhaltig ist“, sagte Heusgen dem Nachrichtenportal T-Online. „Denn wir wissen ja, dass Taurus in Südkorea ohne deutsche Bundeswehrsoldaten funktioniert und dass das mit Vorlauf auch in der Ukraine gehen würde.“
Heusgen weiter: „Offenbar gibt es beim Kanzler ein Misstrauen gegenüber den Ukrainern, dass sie sich nicht an die Vorgaben halten.“
Deswegen würde Scholz Taurus nur mit deutschen Bundeswehrkontrolleuren an die Ukraine liefern.
„Dieses Misstrauen gegenüber der Ukraine ist nicht gerechtfertigt“, so Heusgen: „Denn erstens haben sich die Ukrainer bisher beim Einsatz der deutschen Gepard- und Leopard-Panzer an alle Vorgaben gehalten. Und zweitens wären sie mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie das nicht mehr täten, weil sie wissen, dass damit die deutsche Unterstützung auf dem Spiel stünde, die ja die wichtigste in Europa ist.“
Darüber hinaus bemängelt Heusgen ein vielerorts fehlendes Gespür für die Dimension der Bedrohung durch Russland und Wladimir Putin: Dieser wolle Russland zu alter Größe führen, auch räumlich. „Ich fürchte, dass wir uns dieses Ausmaßes noch nicht bewusst sind. Das ist anders bei Balten, bei Polen, Tschechen, Rumänen. Die sind sich im Klaren darüber. Bei uns ist der Groschen noch nicht gefallen.“
Man habe zwar die „Zeitenwende“ verkündet, aber noch nicht wirklich verinnerlicht. „Die Ambition ist da, aber der Streit zwischen Macron und Scholz zum Beispiel zeigt, dass die Dimension der Zeitenwende noch nicht verstanden ist.“
Foto: Christoph Heusgen (Archiv), über dts Nachrichtenagentur