Das Nebeneinander von Klinikum und den Krankenhäusern der katholischen Niels-Stensen-Gruppe, allen voran dem Marienhospital (MHO), könnte bald unter einem gemeinsamen Dach enden. Diese Lösungsmöglichkeit für die in finanzielle Schwierigkeiten geratene Krankenhausgesellschaft, zu deren Hauptgesellschaftern das Bistum Osnabrück gehört, skizzierte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter am Montagabend (08.01.) – geschickt eingebunden in ihre Handgiften-Rede 2024.
Der traditionelle Handgiftentag ist die erste Ratssitzung des neuen Jahres, daran erinnerte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter die im Friedenssaal des Osnabrücker Rathauses am Montag anwesenden Ratsmitglieder und Honoratioren der Stadt Osnabrück und der Stadtgesellschaft – unter ihnen auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete sowie als Ehrenbürger Ex-Bundespräsident Christian Wulff und Ex-Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip.
Doch während die Vertreter der Fraktionen – auch das ist Tradition – ihre Reden vor allem mit allerlei Allgemeinplätzen, Rückblicken und Nettigkeiten, zum Beispiel zum im vergangenen Jahr geschlossenen Neumarkt-Frieden garnierten (und dabei auch ihre Redemanuskripte untereinander hätten austauschen können), nutzte die Oberbürgermeisterin die ihr zur Verfügung stehende Redezeit für einige teils versteckte Ankündigungen, die klarmachten, dass es an diesem Abend nicht nur ums Händeschütteln geht, sondern auch um Programmatik für das bevorstehende Jahr.
Verbund von MHO und Klinikum nur noch eine Sache der Moderation?
Erst im letzten Drittel ihrer deutlich über eine halbe Stunde dauernden Rede überraschte Pötter mit dem Gedankenspiel, dass eine mögliche Zusammenführung des in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Marienhospitals mit dem städtischen Klinikum unter einem gemeinsamen Dach skizzierte. Diese Vision eines großen Osnabrücker Krankenhausverbundes könnte die Gesundheitsversorgung in der Region auf neue Füße stellen. „Unsere Rolle als Stadt besteht darin, die notwendigen Gespräche zu moderieren – auf der Suche nach einer tragfähigen Lösung“, betonte Pötter und machte spätestens da klar, dass für Sie die Fusion von MHO und Klinikum eigentlich nur noch eine Sache des „wie“ und nicht mehr des „ob“ ist. Weil „die Zeit drängt“, will Osnabrücks Oberbürgermeisterin in den kommenden Tagen „erneut mit einem konkreten Gesprächsangebot auf die Träger der Niels-Stensen-Kliniken zugehen.“
Mehr Steuer auf Geldspielautomaten, keine Steuer mehr fürs Tanzen
Ein weiterer programmatischer Punkt, der es in die Handgiften-Rede der Oberbürgermeisterin geschafft hatte, ist die Ankündigung, die Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen abzuschaffen, um so die lokale Gastronomie zu unterstützen. „Diese Steuer wirkt nicht nur aus der Zeit gefallen, sie verursacht in der Verwaltung auch einen nicht unerheblichen personellen Aufwand, der die für die Stadtkasse erzielten Einnahmen sogleich wieder erheblich schmälert. Und den Gastronomen kommt sie gleich doppelt teuer zu stehen, da auch für sie zur eigentlichen Entrichtung der Abgabe noch ein hoher bürokratischer Mehraufwand hinzukommt“, so Pötter. Zur Gegenfinanzierung plant die Oberbürgermeisterin, die Steuer für Geldspielautomaten zu erhöhen – ein Schritt, der sowohl die städtischen Einnahmen stabilisieren als auch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten soll.
Nach polarisierendem Friedensjahr 2023 in Zukunft die breite Bevölkerung als Zielgruppe
Zuvor erinnerte Katharina Pötter an die kulturellen Höhepunkte des vergangenen Jahres, darunter das Friedensjahr 2023 mit Veranstaltungen, die die Stadt bereicherten und die Bedeutung von Kunst und Kultur unterstrichen. Pötter hob hervor, dass Kunst in Osnabrück auch dann ihren Platz habe, wenn sie polarisiere und zum Diskurs anrege. Dass die Durchführung des Friedensjahres auch aus der Sicht der Oberbürgermeisterin nicht dem entsprach, was allgemein erwartet wurde, machte nicht nur der von ihr gezogene Vergleich zur 350-Jahr-Feier vor 25 Jahren deutlich. „Für die Zukunft sollten wir uns zum Beispiel vornehmen, bei unseren Angeboten mehr als zuletzt die breite Bevölkerung als Zielgruppe im Blick zu haben. Natürlich nicht nur. Aber vor allem.“
Tag der Niedersachsen wird von Marketing Osnabrück (mO) organisiert
Spätestens in zwei Jahren erwartet die Oberbürgermeisterin, dass die Verwaltung dann im Sinne der Bürger abliefert: Nachdem Osnabrück von der Landesregierung den Zuschlag für den „Tag der Niedersachsen“ im Jahr 2025 erhalten hat, steht inzwischen der Termin fest: 29. bis 31. August. Anders als beim Friedensjubiläum, das von der Kulturabteilung oft am Publikumsgeschmack vorbei geplant wurde, haben beim Marketing Osnabrück (mO) inzwischen die Vorbereitungen begonnen, erklärte Pötter. „Die Osnabrückerinnen und Osnabrücker können gespannt sein, was ihnen und unseren Gästen im übernächsten Sommer geboten wird. Darauf freue ich mich – so wie ich mich bereits für dieses Jahr auf die 50. Auflage unserer Maiwoche freue, die wieder im XXL-Format stattfinden wird, oder auch auf das 50-jährige Jubiläum unserer Universität.“
Neumarkt, Israel, Ukraine und das Hochwasser
Mit Blick auf die globalen Herausforderungen sprach Pötter den Krieg in der Ukraine, den Terrorangriff der Palästinenser auf Israel und den sich daraus entwickelten neuen Konflikt sowie den Anstieg des Antisemitismus an. Sie betonte die Solidarität Osnabrücks mit den Betroffenen und rief dazu auf, die Augen nicht vor diesen Problemen zu verschließen.
Auch das Hochwasser der vergangenen Tage und die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer wurden ausgiebig erwähnt. Und selbstverständlich blieb der Problemplatz „Neumarkt“ nicht unerwähnt. „Bis der Neumarkt insgesamt wieder ein Hingucker im positiven Sinn ist, wird allen Anstrengungen zum Trotz noch einige Zeit ins Land gehen,“ dämpfte die Oberbürgermeisterin möglichen Optimismus in dieser Angelegenheit.
Katharina Pötter unterstrich ferner die Notwendigkeit, Osnabrück als attraktiven Standort für Fachkräfte zu positionieren und sprach sich für eine stärkere Wirtschaftsfreundlichkeit aus. Sie hob die Bedeutung der Start-up-Szene und der Wissenschaftseinrichtungen hervor und erwähnte den neuen Civil Tech Hub, der die Digitalisierung von öffentlichen Verwaltungen vorantreiben soll.
Osnabrück übernimmt Vorreiterrolle in Niedersachsen für Ganztagsschulen
Ein besonderes Augenmerk legte Pötter auf die Bildung. Sie erklärte, dass bereits zum neuen Schuljahr alle Grundschulen in Osnabrück zu Ganztagsschulen umgewandelt sein werden, was die Stadt in eine Vorreiterrolle in Niedersachsen bringt. „Zwei Jahre früher als es uns der Gesetzgeber aufgegeben hat. Darum beneidet uns ganz Niedersachsen, und darauf dürfen wir ruhig auch einmal stolz sein.“
Abschließend rief die Oberbürgermeisterin zu einer fortgesetzten konstruktiven Zusammenarbeit für das Wohl der Stadt und ihrer Bürger auf. Sie betonte, dass dies zur DNA der Friedensstadt Osnabrück gehöre.