Wie von unserer Redaktion bereits Anfang der Woche vermutet, wird die auf dem Neumarkt aufgebaute Videowand benutzt um mit großem finanziellen Aufwand in den Osnabrücker Kommunalwahlkampf einzugreifen.
Die Farben von BOB und der Hashtag der Osnabrücker SPD
Auf der Videowand und einer eigenes eingerichteten Website wird eine mehrere Minuten dauernder und hochwertig produzierter Imagefilm gezeigt, der mit den Worten endet: „Bildet Euch Eure eigene Meinung und fordert diese bei anderen ein. Es ist unser Osnabrück.“
#unserOsnabrück ist ein Hashtag, der auch tausendfach auf Werbematerialien der SPD gedruckt zu finden ist, und der bei Eingabe auf Facebook zu diversen Werbepostings der lokalen Sozialdemokraten führt.
Aus einer ganz anderen politischen Ecke hingegen stammt die gewählte Farbwelt der Website. Mit Blau und Orange als beherrschende Farben auf einem sonst viel Weißraum zeigenden Hintergrund, könnte die Aktionsseite unter www.neumarkt-os.de auch gut als Information der erklärten Gegner der Neumarktsperrung durchgehen.
Bezüglich des verwendeten Werbeslogans „unser Osnabrück“ und der ebenfalls auf vielen SPD-Werbemitteln zu findenden Begrifflichkeit „neue Mitte“ hat unsere Redaktion bei der Osnabrücker SPD nachgefragt. SPD Geschäftsführer Dirk Koentopp erklärte, er habe selbst erst aus der Presse vom Aufbau der Videowand erfahren, die Aktion sei nicht mit der SPD abgesprochen.
Urheberrechtlich geschütztes Material der Stadt Osnabrück verwendet?
Schaut man sich den auf der Aktionswebseite gezeigten Imagefilm genauer an, sieht man neben Entwürfen für das geplante Einkaufszentrum und eines möglichen Umbaus des Sportarena-Gebäudes auch mehrere Ansichten des vom Architekturbüros Lützow 7 angefertigten Konzepts für die Umgestaltung des Neumarkts. Auch auf der Aktionswebsite findet sich entsprechendes Material, das im Auftrag der Stadt entwickelt wurde.
Mit dem Architektenwettbewerb erwarb die Stadt Osnabrück die Nutzungsrechte an diesen Entwürfen, das geht aus internen E-Mails hervor, die unserer Redaktion vorliegen.
Dass die Stadt auch bereit ist diese Rechte durchzusetzen, machte sie klar, als die Osnabrücker Grünen nach einer Klärung durch das Rechtsamt der Stadt entsprechende Wahlplakate wieder abhängen mussten (HASEPOST berichtete).
Auch bei der Verwendung des Osnabrücker Rades im Logo der Aktions-Website könnte es nach Ansicht unseres Grafikers, der die Untiefen des Urheberrechts gut kennt, ebenfalls ein Problem geben. Für das Stadtwappen hält die Stadt Osnabrück über das Wappenrecht umfangreiche Rechte. Unternehmen die das Osnabrücker Rad im kommerziellen Einsatz, zum Beispiel in einem Firmenlogo führen wollen, bedürfen daher einer schriftlichen Genehmigung durch die Stadt.
Kurz nachdem unsere Redaktion schriftlich angefragt hatte, verschwand das aus dem urheberrechtlich geschützten Stadtwappen gebildete Logo von weiten Teilen der Website. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist es noch im unteren Bereich der Website zu sehen, siehe Screenshot oben.
Nach Auskunft des städtischen Pressesprechers Dr. Sven Jürgensen wurde die Verwendung des Osnabrücker Stadtwappens nicht vom dafür zuständigen Verwaltungsausschuss der Stadt genehmigt. Eine Genehmigung für die Verwendung der Architekturentwürfe konnte Dr. Jürgensen ebenfalls nicht bestätigen.
Die im Impressum der Aktionswebsite genannte Hamburger T.E.B. Siebte Grundstücksgesellschaft mbH & Co.KG war weder telefonisch noch schriftlich erreichbar.
Dr. Bergmann ist kein Unbekannter in Osnabrück
Der Hamburger Immobilienkaufmann Dr. Theodor Bergmann ist in Osnabrück kein Unbekannter. Seine Familie betrieb einst selbst unter den Namen „Bergmann“ und „Thomas“ eigene Textilkaufhäuser in der Hasestadt. Später baute Dr. Bergmann das Familienunternehmen zu einer festen Größe im Osnabrücker Immobiliengeschäft aus. Bergmann war lange Zeit Vermieter für das Textilkaufhaus Wöhrl in Osnabrück. Mit einem Neubau („Baulos 2“), direkt vor dem früher in seinem Portfolio enthaltenen H&M Gebäude, will er die Zukunft am Neumarkt ebenso mitbestimmen wie mit dem geplanten Shoppingcenter auf der gegenüberliegenden Seite.
Neumarktsperrung kann für Investoren Millionengewinne bedeuten
Von Seiten des Bundes Osnabrücker Bürger (BOB) wird in einer Erklärung auf Facebook kritisiert, dass die Verbannung des Individualverkehrs einzig dem Zweck dienen soll, um für den Kaufhaus-Investor „wesentlich höhere Mieten (zu) erzielen und ein größeres Interesse (zu) erreichen – ausschließlich zu seinem finanziellen Vorteil. Statt um die Vermeidung von Schadstoffen und den Schutz der Bürgergesundheit, die dem Wähler vorgetäuscht wird, geht es hier nur um das unbedingte Durchsetzen einer zweifelhaften Entscheidung zu Gunsten eines weltweit agierenden Investors und zum Nachteil eines gewachsenen Einzelhandels ins Osnabrück.“
Screenshots: www.neumarkt-os.de