Einen Eindruck von dem unlängst aufgestellten Amphibienschutzzaun am Schlochterner Weg verschaffen sich (von links) Anwohnerin Hildegard Strootmann, der Leiter des städtischen Umweltbüros, Thilo Richter, und Anke Kuddes vom Umweltbüro. / Foto: Stadt Melle
Es passieren jeden Tag viele schlimme Dinge – aber auch viele gute. Leider schaffen es die schönen Nachrichten viel zu selten in die Presse. Das wird sich jetzt ändern, denn die HASEPOST berichtet nach Möglichkeit jeden Tag über mindestens eine „Gute Nachricht“ aus der Region und aller Welt.
In Melle wurden zahlreiche Amphibienschutzzäune errichtet um Frösche, Kröten und Molche vor dem Verkehr zu schützen. Allein 2021 konnten mehr als 15.000 Tiere gerettet werden.
Wenn jetzt im Spätwinter die Nachttemperaturen bei plus fünf Grad Celsius und mehr liegen, kommen Frösche, Kröten und Molche in Hochzeitsstimmung. Auto- und Motorradfahrer müssen zurzeit an zahlreichen Stellen im Grönegau mit ersten Amphibienwanderungen auf den Straßen rechnen. Damit möglichst wenig Kröten, Frösche und Molche den Unfalltod sterben, errichteten viele versierte Helfer aus Hegeringen, Landjugendgruppe, Sport- Umweltschutz- und Angelverein sowie einer Naturschutzstiftung – unterstützt vom städtischen Baubetriebsdienst – unter der Federführung des Umweltbüros Amphibienschutzzäune.
Zäune retten Frösche
Zu diesen Freiwilligen zählt auch Hildegard Strootmann aus Schlochtern. „Es mögen acht, vielleicht aber auch schon zehn Jahre sein, in denen ich als ehrenamtliche Amphibienschützin tätig bin“, berichtet die 87-Jährige, die einen gut 200 Meter langen Schutzzaun nahe ihrer Hofstelle betreut „In den Jahren, in denen es noch keinen Schutzzaun gab, hüpften die Frösche morgens und abends auf unseren Hof, wo wir sie dann einsammeln mussten“, erläutert die agile Ruheständlerin. Sie bedauert noch heute, dass seinerzeit ungezählte Amphibien auf dem Schlochterner Weg überfahren wurden.
„Mit dem Aufstellen des Schutzzaunes durch Mitglieder des Hegerings Eickholt-Schochtern hat sich das Ganze schlagartig geändert. „Die Frösche landen am Ende in großen Eimern, in denen ich sie dann über die Straße trage“, so Hildegard Strootmann. „Von dort aus können sie dann unbeschadet den Weg in ihre Laichgewässer fortsetzen.“
Ehrenamtliches Engagement
Dass Einsatz der Ehrenamtlichen wichtig ist, beweisen Zahlen aus den vergangenen Jahren, welche die Stadt Melle jetzt vorlegte. „Demnach konnten im Jahre 2021 dank des hervorragenden Engagements der ehrenamtlichen Helfer mehr als 15.000 Amphibien in unserer Flächenstadt gerettet werden“, erklärte der Umweltbeauftragte Thilo Richter. An etlichen Wanderstellen beobachten die Helfer jedoch einen bedenklichen Rückgang der Population. Somit ist es auch in diesem Jahr wieder bedeutsam, eine Vielzahl der besonders geschützten Amphibien vor dem Tod auf der Straße zu bewahren und somit einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz zu leisten. Rund ein Drittel der in Deutschland beheimateten Amphibienarten seien vom Aussterben bedroht oder in ihrem Bestand gefährdet.
Fast 7 Kilometer Zaun
Die Zäune, die eine Gesamtlänge von über 6.600 Meter besitzen, befinden sich an den neuralgischen Wanderstellen, die sich unter anderem an der Altenmeller Straße, an der Vessendorfer Straße, am Schlochterner Weg, an der Galbrinkstraße, an der Rahdenstraße, am Baumschulenweg, an der Holster Straße, am Holter Weg, an der Osnabrücker Straße, am Nordenfelder Weg, an den Straße „Weberhaus“ und „Im Wieven“, am Palsterkampweg, am Knapsbrink, Waldstraße, Bruchmühlener Straße, Meller Straße, Meesdorfer Straße, Telgheide sowie an der Suttorfer und Bielefelder Straße befinden. Darüber hinaus gibt es weitere Bereiche, an denen Amphibien Fahrbahnen überqueren. „Dort werden Schilder aufgestellt, die die Verkehrsteilnehmer auf die ‚kleinen Wanderer‘ hinweisen“, berichtet Anke Kuddes, die als Mitarbeiterin des Umweltbüros die Gesamtkoordination bei diesem Projekt innehat.
Junge und alte Helfer
An 23 Wanderstellen befinden sich Amphibienschutzzäune, an denen Kröten, Frösche und Molche eingesammelt werden, und zwar von mehr als 80 ehrenamtlichen Helfern. „Ohne diese Personen könnte der Tierartenschutz in der bewährten Form gar nicht geleistet werden“, stellte Anke Kuddes fest. Etliche Sammler seien bereits seit vielen Jahren im Einsatz und dokumentieren täglich zuverlässig die Art und Anzahl der Amphibien im Fangeimer. Generationsübergreifend betreuen die entsprechenden Teams je nach individuellem Zeitaufwand in den nächsten etwa sechs bis acht Wochen die Wanderstellen. Bis ins hohe Alter engagieren sich die ehrenamtlichen Amphibienfreunde im Rahmen der Frühjahrswanderung, freute sich Anke Kuddes mit dem Hinweis, dass es kein schräges Hobby sei, sondern dringende Notwendigkeit. Erfreulich sei, dass im letzten Jahr besonders junge Familien den Artenschutz tatkräftig unterstützen und ihre Kinder umsichtig an das Thema heranführen. Weitere Amphibienschützer werden dringend gesucht: Besonders für die Wanderstelle an der Rahdenstraße im Grenzbereich Neuenkirchen/Riemsloh sowie für die dokumentierte jedoch noch nicht eingerichtete Wanderstelle an der Kellenbergstraße. Weitere Informationen erteilt Anke Kuddes, Telefon 05422/965-373, oder per E-Mail an a.kuddes@stadt-melle.de.
Autos sollen Rücksicht nehmen
Angesichts der zurzeit beginnenden Amphibienwanderung bittet die Stadt Melle alle Auto- und Motorradfahrer, besonders rücksichtsvoll zu fahren, auf Hinweisschilder zu achten und das Tempo zu drosseln. Denn häufig liegen gerade Landstraßen auf den Wanderrouten, deren Überquerung oft eine große Gefahr für die Tiere darstellt. Meist sind die Tiere in verregneten und frostfreien Nächten unterwegs, in der Regel ab Einbruch der Dämmerung und bis gegen Mitternacht. Auf Strecken mit Amphibienwanderungen sollte nicht schneller als Tempo 30 gefahren werden. Schon bei Fahrtempo 50 haben die Kröten nach Einschätzung von Sachverständigen aufgrund der von dem Fahrzeug ausgehenden Druckwelle kaum eine Überlebenschance.