Anfang Mai wurde ein hölzerner Löwe aus dem Osnabrücker Friedenssaal im Rathaus gestohlen. Der Verlust der Skulptur hat die Stadt schwer getroffen – sie ist genau so alt wie das Rathaus selbst und hat damit über 500 Jahre überlebt. Bisher war die Fahndung nach dem oder den Dieben nicht erfolgreich, aber das Osnabrücker Künstlerkollektiv „Wir“ sorgt bis zum Wiederauftauchen für Ersatz.
Direkt nachdem der Diebstahl auffiel, setzte die Stadt Osnabrück eine Belohnung für Hinweise aus, die zum Fund des Holzlöwen führen. Bisher blieb die Suche allerdings ohne Erfolg, sachdienliche Hinweise gab es bisher keine. Sollte die Skulptur verschwunden bleiben, wird die Stadt nach dem Abschluss der polizeilichen Ermittlungen bei einem Fachbetrieb eine Nachbildung in Auftrag geben. Bis da hin hat das Künstlerkollektiv „Wir“, gegründet von Henning Clausmeyer und Carsten Hollmann, für einen provisorischen Ersatz gesorgt.
Freundschaft führt zum Künstlerkollektiv
Die beiden sind schon länger miteinander befreundet. Seit einigen Monaten ist Hollmann auch der Tagespfleger des an Multipler Sklerose erkrankten Henning Clausmeyer. „Wir beide haben noch mehr Zeit miteinander verbracht und haben uns dazu entschieden, dass wir auch etwas machen können, was uns beiden Spaß macht“, sagt Hollmann zur Gründung des Künstlerkollektivs. Beide Mitglieder des Kollektivs – das noch wächst und weitere Mitglieder aufnimmt – waren empört, als sie von dem Diebstahl des Löwen hörten. „Wir sind Osnabrücker und dass jemand einfach den Löwen klaut, hat uns schockiert. Deswegen wollten wir handeln“, erzählt Clausmeyer. Und das haben sie: Innerhalb kurzer Zeit fiel der Entschluss, für einen Ersatz zu sorgen.
Zwei Tage von Entwurf bis zum fertigen Druck
Auf Basis von Angaben in der medialen Berichterstattung haben sie ein Löwenmodell entworfen und mit einem 3D-Drucker erzeugt. Dieses Modell war allerdings etwas zu groß – in einer unbemerkten Vermessungsaktion gingen Clausmeyer und Hollmann also in den Friedenssaal und nahmen die Maße des zweiten Holzlöwen. Vom Entwurf bis zum vollendeten Druck dauerte es dann nur noch zwei Tage. Anschließend bemalte Clausmeyer den Löwen aus Kunststoff mit einer rotbraunen Schicht Acrylfarbe und versiegelte ihn.
Kreatives Engagement
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter freute sich nicht nur über das Engagement des Künstlerkollektivs, sondern auch über die kreative Idee: „Vielen Dank dafür, dass sie der Stadt mit dem Provisorium aushelfen und sich so etwas schönes überlegt haben!“. Dass der Löwe aus Kunststoff nicht genau aussieht, wie der Originallöwe ist nach Ansicht von Dr. Thorsten Heese aus dem Museumsquartier Osnabrück kein Problem. „Heutzutage werden viele Objekte als Replikat neu geschaffen und sind in der Regel auch als solche erkennbar. Der Kunststofflöwe soll auch gar nicht exakt so aussehen, wie sein Vorbild.“ Auf die Werke von Clausmeyer und Hollmann kann man auch in Zukunft gespannt sein. „Wir haben noch einiges in der Pipeline“, sagt Clausmeyer lachend.