Am 25. Juni 2020 wurden die Osnabrücker Kommunalpolitiker in einer Ausschusssitzung mit einem bedenklichen Gutachten konfrontiert: Werden einige bereits als Bauland vorgesehene Grünflächen in den Stadtteilen Schinkel und Schinkel-Ost bebaut, droht den östlichen Stadtgebieten eine Temperaturerhöhung von bis zu sieben Grad. Nicht nur die landwirtschaftlich genutzte Fläche an der Windthorststraße wird durch ein Bauvorhaben bedroht: Auch in direkter Umgebung des Schinkelbads und am Friedensweg am Schinkeler Friedhof sollen neue Wohngebiete entstehen.
Oft wird der Schinkel als „Osnabrücker Problemviertel“ bezeichnet. Bewohner des Stadtteils gehen mit Humor an das Thema: Der laute Knall am Samstagabend? Einmal in die Luft geschossen, um Mieten niedrig zu halten. Doch der Spaß kann schnell vorbei sein; etwa wenn die Stadt wie geplant die letzten Grünflächen im Schinkel dem Wohnungsbau opfert.
Dann rückt, um es salopp zu sagen, in zukünftig heißen Sommern die Wüste bis an den Schinkelberg; gemeint ist aber nicht der gleichnamige Stadtteil im Westen der Stadt.
„Wohngebiet statt Grünfläche“ ist offenbar der unbedingte Wille im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA), der sich auch durch Gutachtermeinung nicht umstoßen lässt.
Doch die unbedingt gewollte Bebauung wird drastische Folgen haben: Peter Trute, Klimaexperte von Geo-Net aus Hannover, prognostizierte dem StUA eine Temperaturerhöhung von bis zu sieben Grad im Stadtgebiet, sollte das Feld an der Windthorststraße zu einem Wohngebiet werden. Auf seine eindringliche Warnung hörten die Ausschussmitglieder – über alle Parteigrenzen hinweg – nicht und beschlossen einstimmig den Bebauungsplan Nr. 660.
Die landwirtschaftlich genutzte Fläche an der Windthorststraße ist dabei längst nicht das einzige bislang noch grüne Grundstück, das dem Bau von Mehr- und Einfamilienhäusern weichen soll. Auch bislang noch grüne Freiflächen am Friedensweg und am Schinkelbad sollen versiegelt und zu Wohngebieten werden.
Mehr Lebensqualität durch weniger Grün?
Konkret geht es im Bebauungsplan Nr. 665 am Schinkelbad um die Fläche zwischen Schinkelbergstraße, Im Wegrott, Jäneckestraße und Heiligenweg. Vorhabenträgerin ist die Stadtwerke Osnabrück AG, die am 23. März 2020 einen Antrag auf Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahrens gestellt hat. Die Stadtwerke Osnabrück planen am Schinkelbad ein mehrgeschossiges Gebäude, mit Platz für Wohnungen und Gewerbe sowie bis zu fünf weitere Wohneinheiten. Darüber hinaus soll ein Gesundheitspark entstehen, um „die Aufenthaltsqualität in diesem Gebiet zu erhöhen.“ Am 25. Juni hat der StUA diesen Einleitungsbeschluss einstimmig angenommen – nur ein Ausschussmitglied der Linken-Fraktion hat sich enthalten. Dabei gilt für die Grünfläche, ebenso wie für das Gebiet an der Windthorststraße, dass sie eine hohe bioklimatische Bedeutung für die Stadt hat.
Aus der Vorlage zum Bebauungsplan Nr. 665 geht hervor, dass die Stadtverwaltung auch bei dieser Fläche von den negativen klimatischen Auswirkungen bei Bebauung weiß. Die Öffentlichkeitsbeteiligung für den Bebauungsplan läuft noch bis zum 11. September.
Tatsächliche Bebauungsfläche am Friedensweg noch unklar
Auch der Friedensweg am Schinkeler Friedhof soll bebaut werden – auch hier, um Wohnraum zu schaffen. Der Bebauungsplan Nr. 635 Friedensweg ist momentan aber noch in Bearbeitung: „Der Bebauungsplan befindet sich momentan noch in einem sehr frühen Stadium“, berichtet Holger Clodius, Leiter des Fachbereichs Städtebau. „Wie bei jedem Bebauungsplan wird es auch hier eine umfangreiche Bürgerbeteiligung geben.“ Wie groß die Baufläche werden soll, ist wegen des frühen Bearbeitungsstadiums noch unklar.