Man mag sich nicht!
Auch wenn dieser Aspekt des Bebauungsplans 370 bei der Pressekonferenz der Zion GmbH am Dienstag kein Thema war, so ist es ein offenes Geheimnis: Zwischen den führenden Köpfen der Bauverwaltung und der Zion GmbH gibt es auch und vor allem auf der persönlichen Ebene ein Problem.
Und ganz klar, mit mehrfachen Haus- und Betretensverboten gegen Stadtbaurat Frank Otte und einem Kleinkrieg gegen die Kulturschaffenden der Petersburg, hat Zion-Chef Ralf Gervelmeyer wirklich alles getan, um sich als Verhandlungspartner nachhaltig zu diskreditieren.
Seine homophoben Äusserungen, mit denen Gervelmeyer sich und seine Verbindung zur Freikirche Lebensquelle e.V. einer breiten Öffentlichkeit 2013 vorstellte, waren nur der öffentlichkeitswirksame Auftakt zu einer inzwischen seit drei Jahren andauernden Fehde zwischen Stadtbaurat und Zion GmbH. Ein auf YouTube erhalten gebliebenes Interview von OS1.tv fasst diesen Konflikt sehr gut zusammen (sehenswert – hier).
Das die Zion GmbH bei der Vorstellung ihrer Stellungnahme ihren Geschäftsführer Gervelmeyer aus dem Pressetermin herausgehalten hat, und stattdessen der Gesellschafter und mutmassliche Geldgeber Thomas A. Gründler, zusammen mit einem offensichtlich in derartigen Angelegenheiten versierten Fachanwalt vor die Presse trat, könnte ein Neuanfang sein.
Der Anfang einer noch nicht gänzlich unmöglichen und vielleicht alles entscheidenden finalen Verhandlung, bevor die in drei Jahren Kleinkrieg angehäuften und in Papier niedergeschlagenen gegenseitigen und teils sehr persönlichen Scharmützel langwierig und für beide Seiten kostenintensiv vor Gericht geklärt werden.
Eins ist klar: Bleibt die Stadt bei ihrer im Entwurf für den Bebauungsplan 370 fixierten Maximalforderung, die für die Zion GmbH nicht weniger ist als eine eiskalte Enteignung, dann wird für lange Jahre nichts passieren auf und rund um den alten Güterbahnhof.
Nichts passieren wird auch bei der dringend notwendigen Sanierung der Eisenbahnbrücke über die Hamburger Straße – eine von nur vier Hauptverbindungen zwischen Innenstadt und dem Schinkel. Es wird auch nichts werden mit dem Ostzugang für den Hauptbahnhof, der das Leben im Schinkel und östlich davon deutlich attraktiver machen würde. Und auch das nie wirklich nachvollziehbare Invest in den immer weiter zerfallenden Ringlokschuppen bleibt mit dem vorliegenden Bebauungsplan 370 ungelöst.
Da man sich in Rat und Verwaltung den Kulturschaffenden der Petersburg verbunden fühlt, wird man stattdessen weitere Kosten verursachen, um diese – was sie eigentlich nicht wollen – vom Güterbahnhof in den Hafen umzusiedeln.
Die für ein „Petersburg 2.0“ notwendige neue Fläche dürfte den städtischen Haushalt zusätzlich belasten – derweil zerfällt der in städtischem Besitz befindliche Ringlokschuppen weiter. Wer soll das als Bürger und Steuerzahler noch verstehen?
Die Zion GmbH hat am Dienstag ihren „Troublemaker“ Gervelmeyer aus dem Spiel genommen – nun ist der Oberbürgermeister und sind die Fraktionsspitzen der großen Parteien gefragt, auf Ebene des „Top-Managements“ nochmal alle Karten auf den Tisch zu legen.
Und dabei muss auch von der Zion GmbH ein „Hosen runter“ verlangt werden. Die Chancen dazu stehen nicht schlecht; das „Spiel“ ist an einer entscheidenden Phase angelangt. Nur mit „Pokerface“ geht es jetzt nicht weiter. Spielt Eure Karten aus!
Wenn es einen Schiedsrichter oder Moderator braucht, dann dürfte die Wirtschaftsförderung (WFO) dazu der richtige Partner sein. Dort weiß man um die Notwendigkeit von Gewerbeflächen in der eng umgrenzten Hasestadt. Man weiß aber auch, dass eine für die Wirtschaft attraktive Stadt Wohnflächen benötigt, und das die Stadt stetig wachsen muss – also jetzt, und nicht erst in zehn oder zwanzig Jahren.
Flächen „auf Vorrat“ sind eine schlechte Wette mit ungewissem Ausgang. Am Güterbahnhof liegen die Flächen inzwischen seit mehr als 20 Jahren auf Vorrat. Auch wenn einige Lokalpolitiker das gerne hätten: Weder Karmann noch VW haben in den für die Automobilindustrie guten letzten Jahren jemals ein Auge auf den Güterbahnhof geworfen. Sie werden es vermutlich auch in den kommenden Jahrzehnten nicht tun.
Ein „weiter so“, vielleicht verbunden mit der Hoffnung einiger Verantwortlicher, dass sich ein im Herbst neu gebildeter Stadtrat doch mit dem Sch…. befassen soll, und man bis dahin die Politik und die schwierigen Entscheidungen an den Stadtbaurat delegieren könne, kann sich die Stadt schlicht nicht leisten.
Die Kosten der mit Sicherheit folgenden Gerichtsprozesse sind nur ein Teil dessen, was wir uns in Osnabrück nicht leisten können. Stillstand ist noch viel schlimmer!
…meint Heiko Pohlmann.