Grünen-Chef Omid Nouripour kritisiert Deutschlands historische Außenpolitik gegenüber dem Iran und spricht sich für eine Änderung des „Kuschelkurses“ aus. Im Zuge dessen betont er die Rolle der Frauen im Widerstand gegen das repressive Regime und äußert die Überzeugung, dass dieses gestürzt wird.
Historische Versäumnisse
Omid Nouripour (Grüne) äußerte sich kritisch gegenüber Deutschlands Umgang mit dem Iran. „Es ist richtig, dass es Jahre und Jahrzehnte lang einen Kuschelkurs gegeben hat“, sagte Nouripour im Spiegel-Spitzengespräch. Besonders störend war, dass Deutschland sich kurz nach einem tödlichen Anschlag auf iranische Oppositionelle 1992 noch intensiver dem Iran zugewandt hat. Als Grund nennt er wirtschaftliche Interessen und die Illusion einer historischen Verbundenheit zwischen Deutschland und dem Iran. „Ich glaube, da gab es ganz viel Romantik in den Beziehungen, die wegmusste.“
Veränderungen der deutschen Haltung
Dem früheren Außenminister und heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der 2016 das damalige iranische Staatsoberhaupt Hassan Rohani getroffen hatte, wollte Nouripour jedoch keine Vorwürfe machen. „Dass ein Außenminister auch mal dreckige und blutige Hände schüttelt, gehört zu seinem Job dazu.“ Aber er bemerkte, dass es „gute Gründe“ dafür gibt, dass die aktuelle Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in den letzten zweieinhalb Jahren nicht in den Iran gereist ist. „Ich glaube, dass wir diesen Kuschelkurs spätestens im Oktober 2022 mit den letzten Protesten in Iran verlassen haben.“
Hoffnung auf Regimewechsel
Zudem äußerte Nouripour seine Überzeugung, dass das iranische Regime noch zu seinen Lebzeiten gestürzt wird, vor allem durch den Widerstand der Frauen. „Ich bin tief davon überzeugt, wir werden noch erleben, dass diese Frauen aufhören werden, sich unterdrücken zu lassen und die Übermacht dieses Regimes brechen werden“, so der Grünen-Chef.
Frauen als Trägerinnen des Protests
Die Macht der Frauen wachse mit zunehmender Repression des Staates. „Nach dem Anziehen der Regeln für die Zwangsverschleierung sieht man mal wieder viele, viele Stimmen von unglaublich starken Frauen“, so Nouripour. Frauen seien zwar „nicht die einzigen, die die Proteste tragen, aber ihre Rechte werden am meisten beschnitten“.
Antisemitismus im Iran
Nouripour, der in Teheran geboren wurde, sprach auch über seine Erfahrungen mit dem vom iranischen Regime geschürten Hass gegen Israel. „Es ist Teil der Staatsdoktrin des Iran, dass man Israel zerstören muss“, sagte er. „Wir sind morgens in die Schule, haben uns erst mal aufgestellt in Reihen zum Morgenappell und haben gerufen: `Tod Israel`, bevor wir in den Unterricht gehen durften“, erläuterte er seine Kindheitserfahrungen. „Da gibt es einen Grundsatz an Hass“.
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