Für Aufregung hatte ein Artikel unserer Redaktion gesorgt, in dem aus der nicht-öffentlichen Sitzung des Verwaltungsausschusses berichtet wurde, in der sich die Lokalpolitik entschlossen hatte, nicht gegen das Verwaltungsgerichtsurteil in Berufung zu gehen, das die Sperrung des Neumarkts für rechtswidrig erklärt hatte. Nach Ansicht der Grünen Ratsfraktion, wurde ihr Verhalten in einer nicht-öffentlichen Sitzung von unserer Redaktion falsch dargestellt.
In unserem Artikel, bei dem wir uns auf Insider aus Rat und Verwaltung stützen mussten, stand „lediglich Mitglieder der Grünen Ratsfraktion, so unsere Quellen aus der Verwaltung und dem Stadtrat, wollten das Urteil anfechten, konnten sich jedoch nicht durchsetzen“.
Dazu bittet die Grüne Ratsfraktion um Korrektur. Anders als unserer Redaktion zugetragen, sei es so gewesen:
»Die Entscheidung der Ratsgremien keine Berufung gegen das Urteil zum Durchgangsverkehr einzulegen, wird von der Grünen-Ratsfraktion vielmehr ausdrücklich unterstützt. „Wir haben bewusst auf ein Berufungsverfahren verzichtet. Bereits unmittelbar nach dem Urteil im November haben wir Grüne die Stärkung von Umweltrechten der Bürger*innen begrüßt. Jetzt geht es darum, nach Lösungen im Gespräch mit Betroffenen und Fraktionen suchen. Darüber hinaus ist ein weiteres jahrelanges, juristisches Tauziehen niemandem zuzumuten“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Volker Bajus dazu.
Unser Ziel bleibt die Entlastung des Neumarkts vom Auto- und LKW-Durchgangsverkehr. Die Verwaltung ist jetzt gefordert, dafür zielführende und rechtssichere Vorschläge zu machen. „Dabei dürfen wir aber nicht nur den Neumarkt im Blick haben, sondern die gesamte Innenstadt und den Wall. Wir brauchen insgesamt weniger Autos und LKWs und mehr Bus- und Radverkehr“, so Bajus.«
Kommentar des Herausgebers, Heiko Pohlmann
Die Neumarktsperrung war eines, wenn nicht sogar *das* zentrale Thema in der Lokalpolitik der vergangenen Jahre. Viel Geld wurde für externe Rechtsgutachten ausgegeben, obwohl doch das Rechtsamt der Stadtverwaltung, zu der nach der Kommunalverfassung auch die Ratsfraktionen gehören, eindeutig die Rechtswidrigkeit der geplanten Neumarktsperrung festgestellt hatte.
Bis endlich – mit dem Umweg über die höhere Instanz in Lüneburg – die Osnabrücker Verwaltungsrichter die Einschätzung der extra dafür vorgehaltenen städtischen Fachleute bestätigten und sich noch mehr Kosten entwickelten. Neben allerlei Anwalts- und Gerichtskosten entstanden durch das Gezanke um den Neumarkt und das Verteufeln der individuellen Mobilität auch Imageschäden für die Stadt, vor allem aber auch für die Lokalpolitiker, die sich vielfach als ideologiegetriebene und beratungsresistente Dilettanten präsentierten.
Worauf ich hinaus will: Es ist ein Skandal, dass der (vorläufige) Abschluss dieses überaus teuren „Spektakels“ hinter verschlossenen Türen diskutiert wurde. Der Bürger hatte und hat ein Anrecht darauf, aus erster Hand – und, wenn er nicht selbst ins Rathaus kommen will, über die Presse – den Fortgang der anscheinend „unendlichen Geschichte Neumarkt“ zu erfahren.
Zum Glück gibt es mutige Verwaltungsmitarbeiter und/oder Lokalpolitiker, die das ähnlich sehen und manchmal ein paar Informationen durchsickern lassen. Dass auf diesem Wege – wir kennen es alle von der „Stillen Post“ in der Kindheit – Informationen eine Eigendynamik entwickeln, ist ein Kollateralschaden, der leicht hätte vermieden werden können.
Hört endlich auf, euch bei wichtigen Entscheidungen, die schließlich alle Bürger betreffen und am Ende auch bezahlen, hinter verschlossenen Türen zu verstecken! „Mehr Demokratie wagen“ würde den Lokalpolitikern heute noch genauso gut anstehen, wie den Bundespolitikern, denen Willy Brandt diese Forderung einst ins Stammbuch schrieb.
Wer sich als Politiker der Kontrolle durch den Bürger und die Presse nicht stellen will, muss damit rechnen, dass letztendlich so oder so alles an die Öffentlichkeit gelangt. Mangels direkter Teilnahme der Öffentlichkeit dann aber leider auch manchmal verfälscht und damit ist niemandem gedient.
Bald ist wieder die Zeit für gute Vorsätze: Wie wäre es mit „strikter Öffentlichkeit“ als neuem Ansatz, um die Politikverdrossenheit zu bekämpfen?