Für die Grünen im Stadtrat antwortete uns nun auch Volker Bajus auf die vergangene Woche gestellte Frage zur Zukunft des “Mega-Centers” am Neumarkt. Überraschend deutlich ist die Aussage, dass die Entscheidung zum Bau des Centers – trotz aller vorbereitenden Schritte – aus Sicht der Grünen noch nicht gefallen ist, doch dazu mehr in der Stellungnahme weiter unten.
Stadtrat Bajus konnte sich die kleine Spitze nicht verkneifen, dass der Herausgeber (aber inzwischen längst nicht mehr alleinige Autor) dieses Blogs bei der Kommunalwahl 2011 für die CDU kandidierte. Das ist richtig, soll aber hoffentlich nicht in Richtung “parteilichkeit” verstanden werden? Einem Blogger wird ganz allgemein das “Privileg der Subjektivität” zugebilligt, was ihn von einer (Netz-)Zeitung unterscheidet, wo dies nur im Kommentar bzw. bei besonderer Kennzeichnung statthaft ist. Aber selbst Herausgeber und Verleger von Zeitungen sind oft (in Osnabrück immer?) auch Mitglied von Parteien, und sie bestimmen die “publizisitsche Leitlinie”.
Ob Herr Bajus in Antworten an “klassische Medien” auch so pointiert die Hintergründe des jeweiligen Journalisten, Herausgebers oder Verlegers herausstellt?
Wie auch immer, rein inhaltlich (in Sachen “Neumarkt”) ist die Replik von Volker Bajus lesenswert:
Die Grüne Ratsfraktion bedauert ausdrücklich die Insolvenz des Traditionsbuchladens Jonscher am nördlichen Ausgang der Fußgängerzone. Wir beobachten die Entwicklung im Einzelhandel mit Sorge. Inhabergeführte Einzelhändler können häufig der wachsenden Konkurrenz großer Filialisten nicht Stand halten. Der Konzentrationsprozess schreitet voran. Zum Glück steht Osnabrück im Vergleich mit anderen Städten noch recht gut da. Im Buchhandel spielt zudem die Umsatzverlagerung in den Online-Handel (vorneweg zu Amazon) eine zentrale Rolle. Inwiefern Jonscher mit einer anderen kaufmännischen Strategie überlebensfähig gewesen wäre, darüber erlaube ich mir kein Urteil.
Kommunalpolitik hat auf diese globale Entwicklungen nur begrenzte Einflussmöglichkeiten. Die aber nutzen wir: So betreiben wir in Osnabrück ein offensives Stadtmarketing und bieten unseren Besuchern eine wachsende Vielfalt an Erlebnis und Kultur mitten im Zentrum. Im Umfeld von Jonscher im Bereich Theater, Krahnstraße, Altstadt wurde erheblich in die Stadterneuerung investiert und die Aufenthaltsqualität verbessert. Mit unserem Märkte- und Zentrenkonzept sichern wir die Einzelhandelsstandorte in der Innenstadt planungsrechtlich und strategisch ab.
Herr Pohlmann, als CDU-Kandidat der vergangenen Kommunalwahl wissen Sie, dass es einen Zusammenhang zwischen der Insolvenz des Buchladens mit den Überlegungen, in der südlichen Innenstadt ein Einkaufscenter zu ermöglichen, schon aus zeitlichen Gründen nicht geben kann. Eine Entscheidung zum Bau des Centers ist bis heute nicht getroffen worden. Lediglich die Rahmendaten für die weitere Planung wurden vom Rat beschlossen. Eine abschließende Entscheidung wird es aller Voraussicht nach in 2012 nicht geben.
Den bestehenden Leerstand kann ich nur bedauern. Die nördliche Innenstadt hat jedoch aufgrund der besonderen Struktur (Altstadt, Kleinteiligkeit, …) eine besondere Anziehung für Besucher. Insofern bin ich optimistisch, dass sich der Leerstand schon bald wieder füllt. Leerstand hat ja immer auch eine mietpreiskorrigierende Funktion. Und, eine gewisse Fluktuation und damit verbunden Leerstand ist nichts Ungewöhnliches.
Das Projekt Neumarkt aufschieben ist also gar nicht nötig. Es hieße zugleich, nichts zu tun für die Mitte der Stadt. Stillstand. Für eine Stadt wie unser Osnabrück, die als Einkaufsstadt ja auch im Wettbewerb mit den umliegenden Städten steht, also Rückschritt. Das kann keiner wollen, der Osnabrück liebt.
Wir Grüne wollen, dass aus Osnabrücks Mitte, dem Neumarkt, ein Platz wird, auf dem man sich gerne aufhält. Ein Platz, der nördliche und südliche Innenstadt verbindet. Blechlawinen und Leerstände passen dazu nicht.
Wir haben die Fußgänger aus dem Tunnel wieder auf den Neumarkt geholt. Und schon bald werden weitere Übergänge folgen. Der Busverkehr vor dem Justizgebäude wird verlagert. So entsteht neuer städtischer Raum. Die schrittweise Reduzierung des Autoverkehrs verstärkt diese Entwicklung. Das leerstehende Wöhrl-Kaufhaus und das Kachelgebäude müssen modernisiert werden. Der Stadt fehlen dafür die Mittel. Nur deswegen ist für Grüne das Einkaufszentrum überhaupt diskutierbar.
Laut Gutachten führt ein zu kleines Center zu Umverteilungen innerhalb der Innenstadt. Gebraucht werde eine Mindestgröße von 21.500 qm, um zusätzlichen Umsatz nach Osnabrück zu holen. So lautet auch unser Ratsbeschluss. Dieser nennt zugleich die weiteren Bedingungen für eine verträgliche Ansiedlung: Branchenmix, Parkhausgröße und offene Gestaltung. So gewährleisten wir, dass das Center das bestehende City-Angebot ergänzt und Verdrängungseffekte minimiert werden.
Man sieht, es sind wir Grüne, die die City voran bringen und unserem Programm treu bleiben. Lieber Herr Pohlmann, es ist ihre CDU, die sich mit ihrer plakatierten Ankündigung „Grüne ruinieren die Innenstadt“ und einer inhaltlichen Blockadepolitik selbst isoliert hat. Schlimmer noch, indem die CDU die interfraktionell besprochene Grundposition der Stadt öffentlich unterlaufen hat, hat sie auch die Verhandlungsposition unserer Stadt gegenüber dem Investor geschwächt hat. Schade!
Es wird Zeit für die CDU aus dem Schützengraben des Wahlkampfes zurück zur Sachdebatte um die Zukunft unserer City zu kommen. Schön, wenn Ihr engagierter Blog dazu beitragen würde.
Dem ist nur hinzuzufügen, dass es sowohl in der vorhergehenden Beiträgen (bspw. auch der Pro-Neumarkt-Center Beitrag von Johnny) niemals um die (durchaus interessante, weil auch sehr indifferente) Position der CDU ging, noch das I-love-OS es bislang nötig hatte auf Vokabular wie “Schützengraben” oder “Blockadepolitik” zurückzugreifen; das klingt in den Augen des Autors (und Herausgebers) doch allzu sehr nach Kriegsberichterstattung!
Die Aussage, dass es “eine abschließende Entscheidung (…) aller Voraussicht nach in 2012 nicht geben” wird, zeigt jedoch, dass es durchaus noch die Möglichkeit zu einer “anderen” Lösung am Neumarkt gibt! Mal sehen, ob uns die Grünen hier noch überraschen werden?!
HP