Die Rede von Katharina Pötter, die am Dienstagabend als Leiterin des Krisenstabs den Ratsmitgliedern und der Öffentlichkeit mitteilte, dass in Osnabrück ab Samstag eine “Mundschutzpflicht” gelten wird, war kaum verklungen, da konterten die Osnabrücker Grünen bereits mit einer vorbereiteten Pressemitteilung.
Die Sozialdezernentin der Stadt Osnabrück hatte zuvor erläutert, dass eine “Alltagsmaske” oder auch ein Tuch oder ein Schal vor dem Gesichtsfeld, ab dem Wochenende zum Beispiel bei der Benutzung von Bussen, beim Betreten von öffentlichen Gebäuden, Geschäften und überall sonst, wo der notwendige Abstand nicht gehalten werden kann, zur Bürgerpflicht wird.
Die genauen Regeln werden in einer voraussichtlich am Donnerstag erscheinenden Verfügung geregelt.
Osnabrücker Grüne wollen auf landes- oder bundesweite Regelung warten
Die vorbereitete Pressemitteilung der Grünen ging da noch von einer Tragepflicht lediglich im öffentlichen Raum aus, weswegen der grüne Fraktionsvorsitzende Volker Bajus sich in der begleitenden E-Mail an die Presse noch um eine Korrektur bemühte.
“Wir brauchen eine landesweite, besser noch eine bundesweite Pflicht. Wenn nur das nur von einzelnen Kommunen geregelt wird, sorgt das nicht für Klarheit und Akzeptanz”, dampfte Bajus, der zur Ratssitzung mit einer grünen Stoffmaske erschienen war, die Kritik an der Verwaltung und der Krisenmanagerin Pötter ein.
Zwei von drei Forderungen der Grünen bereits durch Krisenstab erfüllt
“Dass jede Kommune jetzt ihr eigenes Ding macht, bringt es nicht. Der Flickenteppich an Regelungen verunsichert nur und untergräbt Akzeptanz”, kritisiert Bajus in der Pressemitteilung, der die Hälfte der vorbereiteten Kritik zuvor abhanden gekommen war, nachdem Pötter erläutert hatte, dass nicht nur in öffentlichen Gebäuden eine Tragepflicht verfügt werden wird.
Ferner forderten die Grünen, dass auch Tücher und Schals akzeptiert werden sollen, aber auch das hatte die Leiterin des Krisenstabs da schon längst angekündigt.
Es bleibt der Ruf der Grünen nach einer landesweiten oder bundesweiten Regelung, auf die allerdings neben Osnabrück auch Wolfsburg und Braunschweig nicht warten wollen und ebenfalls eigene Verfügungen angekündigt haben.
[Update, 22.04.2020, 10:10 Uhr] Die landesweite Maskenpflicht wird kommen, wenn auch verspätet.
Kommentar des Redakteurs
Wieso warten, wenn bundesweit bereits gute Erfahrungen mit der Mundschutzpflicht gemacht wurden? Dabei gibt es mit Jena ein tolles Vorbild für den Osnabrücker Sonderweg. In der ersten deutschen Gemeinde mit einer lokalen Mundschutzpflicht freut man sich inzwischen über einen sehr langen Zeitraum, in dem es zu keinen Corona-Neuinfektionen kam. Ob das wirklich eine Folge der Mundschutzpflicht war, werden sicher noch wissenschaftliche Studien klären. Geschadet hat die Anordnung der Stadtoberen von Jena aber sicher nicht.
Wer in den vergangenen Tagen mit offenen Augen durch die Innenstadt gegangen ist, hat gesehen, dass auch jetzt schon und ohne eine Tragepflicht viele Osnabrückerinnen und Osnabrücker mit einer entsprechenden Maske oder einfach nur mit einem Tuch über dem Gesicht unterwegs sind.
Und sicher nicht ganz ohne Grund ist das Tragen von Gesichtsmasken in anderen Teilen der Welt eher die Regel als die Ausnahme, auch und vor allem während der Influenza-Saison.
Es scheint ein wenig so, dass bei den Osnabrücker Grünen bei der Ratssitzung am Dienstagabend mal wieder die Sehnsucht nach einem starken Staat durchgekommen ist, verbunden mit dem Drang nach allumfassenden Verboten.
Was in der Innenstadt von Osnabrück verboten ist, soll nach grüner Weltsicht auch in Kattenvenne oder Bad Bederkesa Gültigkeit bekommen, auch wenn es da – mit Ausnahme des ohnehin schon für dieses Jahr abgesagten Schützenfestes, bei Ferkelgeburten und bereits regulierten Beerdigungsfeiern – eigentlich nie zu Menschenansammlungen kommt.
Dass etwas ad hoc, bedarfsorientiert, auf lokaler Ebene und mit großer Akzeptanz nicht nur der eigenen Klientel geregelt wird, passt da wohl nicht ins grüne Weltbild?