Am Sonntag, dem 17. November, steht der Stadtteil Fledder und Teile der Innenstadt vor einer der größten Evakuierungsaktionen in Osnabrück. Bis spätestens 7.00 Uhr müssen rund 14.000 Menschen ihre Wohnungen verlassen, um eine sichere Untersuchung und eventuelle Entschärfung mehrerer Verdachtspunkte für Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg im Lokviertel zu ermöglichen. Die Stadt Osnabrück rüstet sich für einen Ausnahmezustand, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.
1.500 Adressen und ein gesperrter Hauptbahnhof
Die Evakuierung betrifft insgesamt 8.650 Haushalte und rund 300 Gewerbeadressen. Besonders sensibel ist die Lage in drei Altenpflegeeinrichtungen und dem Marienhospital sowie dem Christlichen Kinderhospital, wo die Evakuierung aufgrund von vulnerablen Patientengruppen eine Herausforderung darstellt. „Für einige Personen ist der Transport riskanter als die mögliche Detonation einer Bombe“, erklärte Thomas Cordes, Leiter des Ordnungsamtes, bei einem Pressegespräch am Montagnachmittag (4. November). In medizinischen Ausnahmefällen wird deshalb auf eine Evakuierung verzichtet. Zum Schutz der verbleibenden Patienten werden 30 mit Wasser gefüllte Container rund um die Verdachtspunkte platziert, um im Falle einer Explosion die Druckwelle zu dämpfen. Das Wasser für die Container stammt aus der Hase und wird später dorthin zurückgeführt.
Nicht jeder Verdachtspunkt muss tatsächlich ein Bombenblindgänger sein. „Im besten Fall handelt es sich um eine rostige Badewanne oder Metall im Boden“, so Cordes. Dennoch sei es unverzichtbar, alle Verdachtspunkte sorgfältig zu untersuchen, um jede Gefahr auszuschließen. Der Aufwand ist immens, aber notwendig, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.
Der Hauptbahnhof Osnabrück wird ab 7.00 Uhr für den Betrieb geschlossen. An- und Abfahrten sind dann nicht mehr möglich, der Zugverkehr wird auf Umleitungen und Schienenersatzverkehr umgestellt. Bis 10.00 Uhr können Züge auf den Ost-West- und Nord-Süd-Achsen Osnabrück zwar noch durchqueren, halten aber nicht in der Stadt. Danach sind die Bahnstrecken komplett außer Betrieb.
Strenge Sicherheitsmaßnahmen und Bußgelder
Ein striktes Aufenthaltsverbot wird ab 7.00 Uhr im gesamten Evakuierungsgebiet gelten. Wer das Gebiet nicht verlässt, muss mit einem Bußgeld von 300 Euro rechnen. Bei wiederholtem Verstoß drohen sogar Strafen von bis zu 5.000 Euro. „Es gab in der Vergangenheit immer wieder Uneinsichtige, die für Verzögerungen gesorgt haben“, so Thomas Cordes. Dieses Mal setze man auch drei Drohnen zur Überwachung ein, um das Verbot konsequent durchzusetzen.
Die Stadtverwaltung betont, dass die Größe des Evakuierungsgebiets und die Vielzahl der Verdachtspunkte eine lange Vorbereitungszeit erfordert. Erstmals in der Geschichte Osnabrücks wird daher bereits so früh mit der Räumung begonnen. Drei Sprengmeister-Teams arbeiten parallel, um die Untersuchungen zügig abzuschließen. „Noch nie waren so viele Sprengmeister in Osnabrück gleichzeitig im Einsatz“, berichtete der Ordnungsamtsleiter.
Umfangreiche Informationskampagne
Um die Bevölkerung umfassend zu informieren, setzt die Stadt auf eine breite Warnkampagne: Cell Broadcast, Sirenen, die Apps KATWARN und NINA sowie Lautsprecherdurchsagen werden genutzt. Auch Flyer mit einem QR-Code, der alle Informationen in zehn Sprachen bietet, werden verteilt. Für Fragen ist eine Hotline unter 0541/323-4490 eingerichtet, erreichbar werktags von 9.00 bis 17.00 Uhr. Zudem bietet die Webseite www.osnabrueck.de/warnungen eine Karte und alle wichtigen Hinweise.
Evakuierungszentrum in der Gesamtschule Schinkel
Wer während der Evakuierung eine Unterkunft benötigt, kann in die Gesamtschule Schinkel kommen. Dort stehen die Aula mit Platz für 400 Personen sowie bei Bedarf zusätzlich die Sporthalle und Klassenräume bereit. Die Stadt geht jedoch davon aus, dass viele Betroffene bei Freunden oder Verwandten unterkommen werden und der Platz ausreicht.
Herausforderung für Einsatzkräfte
Mehr als 1.000 Menschen, viele davon ehrenamtlich, werden am Sonntag im Einsatz sein. „Für uns ist es eine besondere Situation, da diesmal ein Krankenhaus im Evakuierungsgebiet liegt“, betonte Dietrich Bettenbrock, Leiter der Berufsfeuerwehr Osnabrück. Die Evakuierung ist jedoch nur der Auftakt zu weiteren Räumungen. Das Lokviertel ist in vier Quadranten unterteilt, und die Aktion am 17. November betrifft den ersten. In der Zukunft folgen drei weitere Räumungen, von denen vor allem die nächste erneut besonders aufwendig sein wird, da das Marienhospital und das Christliche Kinderhospital erneut betroffen sind. Termine für die weiteren Bombenräumungen wurden noch nicht kommuniziert.