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Großdemonstration in Osnabrück: „Es geht um die Menschen, nicht um die Organisationen“

Boris Pistorius zitierte an diesem Samstag vor rund 25.000 Osnabrückerinnen und Osnabrückern das Grundgesetz: „Die Menschenwürde ist unantastbar“.
Eine Aussage, die nicht nur unauslöschlich mit dem Grundgesetz verbunden ist, sondern auch sehr passend für die friedliche Zusammenkunft im Schlossgarten an diesem Samstag war: Es war eine würdevolle Demonstration von Demokratinnen und Demokraten, die ihre Grundrechte wahrnahmen.

Eine Beobachtung von Heiko Pohlmann

Die aber vielleicht wichtigste Aussage, die nach meiner Meinung wie keine andere auf die größte Demonstration in Osnabrück seit Jahrzehnten gepasst hat, traf allerdings der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Osnabrück, Michael Grünberg, im Gespräch mit unserer Redaktion bereits einige Tage vor der Demonstration im Schlossgarten.

Der "Schwarze Block" der Antifa war durchaus "überschaubar"
Der „schwarze Block“ der Antifa war bei der Großdemo im Schlossgarten durchaus „überschaubar“ / Foto: Pohlmann

„Es geht um die Menschen, nicht um die Organisationen“, sagte Michael Grünberg, als wir ihn um ein Statement dazu baten, wie er es einschätzen würde, dass auch die Deutsch-Palästinensiche Gesellschaft (DPG) als eine der zahlreichen unterstützenden Gruppierungen und Organisatoren zur Teilnahme an der Großveranstaltung im Schlossgarten aufgerufen hatte.
Die DPG zählte in den vergangenen Jahren zu den Unterstützern der vom Verfassungsschutz als antisemitisch eingeschätzten BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) und findet sich auch heute noch als Unterstützerorganisation auf der Webseite der BDS. Die deutsch-palästinensische Gesellschaft, das betonte Nazih Musharbash, Präsident der DPG, gegenüber unserer Redaktion, spreche sich aber „selbstverständlich gegen Antisemitismus aus, da wir uns durch unsere Kritik an der Politik Israels nicht als Antisemiten verstehen“.

Gruppenbild der Damen mit Deutschlands beliebtestem Politiker, Boris Pistorius
Gruppenbild der Damen mit Deutschlands derzeit beliebtestem Politiker / Foto: Pohlmann

Und so standen Palästinenser und Osnabrückerinnen und Osnabrücker jüdischen Glaubens gemeinsam auf der Unterstützerliste für die Veranstaltung im Schlossgarten, so wie auch die CDU neben der Linkspartei und Gewerkschaften, das Marketing der Stadt Osnabrück, ein Verein von Architekten und der ehemalige Osnabrücker Bischof Franz Josef Bode – um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Sie alle zusammen motivierten rund 25.000 Menschen an diesem sonnigen Wintervormittag in den Schlossgarten zu kommen.

Kein Gegeneinander: Friedliches Demonstrieren in der Friedensstadt

Dieses breite Spektrum sorgte dann wohl auch dafür, dass es in Osnabrück keinen „schwarzen Block“ der Antifa zu sehen gab, keine Protestbanner, auf denen bereits die CDU als „rechts“ gebrandmarkt wurde und auch keinen Wettstreit zwischen Flaggen Palästinas und Israels, wie von Demonstrationen in anderen Städten berichtet wurde. Osnabrück ist Friedensstadt: auch bei der Protestkultur!
Es waren zwar „Organisationen“, die zur Teilnahme aufriefen, es kamen jedoch Menschen – nach erster Einschätzung von Polizei und Ordnungsamt: mehr als 25.000.

SPD-Bundespolitiker Manual Gava war zusammen mit seiner Freundin als Ordner aktiv
Der Osnabrücker SPD-Bundespolitiker Manual Gava war zusammen mit seiner Freundin als Ordner aktiv / Foto: Pohlmann

Sicherlich kann man als Demokrat auch an einigen der auf Bannern gezeigten Sprüchen und auch auf der Bühne getroffenen Aussagen Anstoß nehmen. Muss der politische Gegner immer gleich ein „Sch…haufen sein? Alle AfD-Wähler, sicher auch nicht alle Politiker der AfD, sind bestimmt keine Nazis und ist „gegen rechts“ nicht etwas pauschal, wenn doch Demokratie von einem Spektrum unterschiedlicher Angebote lebt? Auch das darf und muss diskutiert werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstration waren bestimmt auch kein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung. Die AfD ist damit nicht „weg von der politischen Bühne“. Aber diese Demonstration hat mehr als deutlich gezeigt, dass es insbesondere links von der Mitte einen starken Gegenpol gibt, gegen eine AfD, die sich anschickt womöglich zweitstärkste Kraft im Bundestag zu werden.

Was aber außerhalb jeder Diskussionen stehen dürfte, und auch das war ein starkes Signal aus der Friedensstadt: „Es geht um das, was uns verbindet: Unsere Demokratie“ (Boris Pistorius)!
Dazu gehören Trecker- und LKW-Demos genauso wie die Versammlung von 25.000 Menschen im Osnabrücker Schlossgarten – im demokratischen Wettstreit um die beste Lösung unserer täglichen Probleme.
Dass die Ampel dabei in den vergangenen zwei Jahren nach Ansicht vieler Bürgerinnen und Bürger keine gute Arbeit geleistet hat, darf und wird trotz des starken Statements an diesem Samstag sicher nicht vergessen werden.

Gegendemonstranten waren nicht feststellbar

Die groß angekündigte „stille Gegendemonstration“ aus dem Quederdenker-Milieu war übrigens „nicht feststellbar“ – der Willy-Brandt-Platz, der den Gegendemonstranten zugewiesen worden war, blieb an diesem Samstagvormittag sowohl zum angekündigten Start gegen 10:00 Uhr, als auch im weiteren Verlauf des Vormittags leer.

Gegendemonstration gegen die Gegendemonstration? Nein, für diese vier ging es von hier weiter zum Schlossgarten – die für den Willy-Brandt-Platz angekündigte Gegendemonstration war "nicht feststellbar"
Gegendemonstration gegen die Gegendemonstration? Nein, für diese vier ging es von hier weiter zum Schlossgarten – die für den Willy-Brandt-Platz angekündigte Gegendemonstration war „nicht feststellbar“ / Foto: Pohlmann

Tatsächlich trafen sich am Willy-Brandt-Platz einige Teilnehmer der eigentlichen Demonstration, um von dort gemeinsam weiter in den Schlossgarten zu gehen – so kam es ungeplant zu einer „Gegendemonstration gegen die Gegendemonstration“… die nicht stattfand.
Allerdings konnten „potentielle Gegendemonstranten“ im Schlossgarten gesichtet werden – siehe Foto unten.

Weil die eigene Demonstration nicht stattfand? Vertreter von "Grundrechte Osnabrück" mit etwas verstecktem Plakat auf der Demo am Schlossgarten.
Weil die eigene Demonstration nicht stattfand? Vertreter von „Grundrechte Osnabrück“ mit etwas verstecktem Plakat auf der Demo am Schlossgarten. / Foto: Pohlmann


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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