Hier sollen sich unter giftigen Schlämmen verborgen Giftfässer befinden. / Foto: Schulte
Verein gegen Verwaltung: So geht es bereits seit Jahren. Streitpunkt: die Gertrudenberger Höhlen. Kann das Land Niedersachsen jetzt helfen und der Verein nach elf Jahren nun endlich das Höhlensystem unter dem Gertrudenberg der Öffentlichkeit zugänglich machen?
„Es ist fünf nach zwölf“, sagt Wilfried Kley, Vorsitzender des 2011 gegründeten Gertrudenberger Höhlen Osnabrück e.V.. Bereits seit Jahren weise man die Stadt Osnabrück darauf hin, dass unterirdisch eine tickende Zeitbombe schlummere. Bei ihren Arbeiten, um die Höhle von Bauschutt und sonstigen Verunreinigungen zu befreien, sei man schnell auf Gift- und Schadstoffe gestoßen. Ergebnisse der Hochschule Osnabrück zeigten bereits damals, dass eine hohe Menge an Arsen in den Höhlengängen nachgewiesen werden konnte. Daraufhin gab die Stadt ebenfalls ein Gutachten in Auftrag – mit noch schlechteren Arsen-Werten, wie Kley erzählt. Dennoch passierte nichts.
Zementschlämme in die Höhlen gepumpt
Bei städtischen Bauvorhaben auf dem Gertrudenberg habe man in den 60er Jahren, da man dem felsigen Untergrund nicht traute, rund 1.700 Tonnen Zementschlämme in die Höhlen gepumpt – und mit ihnen auch giftige Stoffe. Hat die Stadt das Höhlensystem als Sondermüllhalde genutzt? Das vermutet zumindest Kley und auch ein zweiter Verdacht habe sich erhärtet: Es sollen giftige Fässer in den Höhlen einbetoniert sein. Sollten diese Fässer durchrosten, könnte es laut Kley ein Desaster für die Stadt werden. Vielleicht ist dort eine Substanz drin, die Menschen tötet? Eine Chemiebombe aus dem Zweiten Weltkrieg? Fragen, die der Vorsitzende des Höhlenvereins in den Raum wirft. „Substanzen aus den Höhlen sind schon jetzt eine Gefahr für das Grundwasser“, so Kley weiter. Im Brunnen an der Ziegelstraße könne man bereits seit einiger Zeit Arsen nachweisen, aber auch das interessiere das Umweltamt der Stadt laut des Vereins nicht und werde „einfach wegdiskutiert“.
Gefahr für das Grundwasser
Da „Gefahr im Verzug“ sei, reiche es dem Verein so langsam. Es seien über die vergangenen Jahre hinweg Falschaussagen vonseiten der Verwaltung gemacht worden, Akten verschwunden und Dinge unter den Teppich gekehrt worden. Hat dort jemand etwas zu verheimlichen? Dieser Meinung ist zumindest Kley, ansonsten könne er nicht verstehen, wieso die Stadt sich so vehement dem Thema verschließe. Laut Kley müssten die Giftfässer in der zweiten Hälfte der 50er Jahre von der Tolo Chemie abgelegt worden sein. Eine Zeugenaussage untermauere diesen Verdacht.
Kley sieht als nächstes das Land Niedersachsen in der Pflicht, für die Beseitigung zu sorgen, doch auch dort ist man sich seit Jahren nicht über die Zuständigkeiten einig. „Für kleines Geld lässt sich ja schon sehen, was sich hier wirklich verbirgt“, sagt Dirk Toepffer, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Sollte es sich wirklich um hochgiftiges Material handeln, wären ein Stollen und ein Fluchtweg für die nächsten Arbeiten nötig, so Kley. Man müsse nun nach Toepffer also die Verantwortlichkeiten klären – seit Jahren ein bekanntes Problem – und dürfe die Aufgabe nicht einem Verein überlassen, städtische Altlasten als Privatmüll beseitigen zu lassen. Der Denkmalschutz der Höhlen mache das Unterfangen allerdings nicht einfacher. Auch die Osnabrücker CDU-Landtagskandidaten Verena Kämmerling und Christian Koltermann wollen bei einer erfolgreichen Landtagswahl das Thema weiter forcieren.
Kulturhighlight für die Friedensstadt
Sollten diese Dinge endlich geklärt und schlussendlich auch erledigt sein, kann sich der Verein nach gut elf Jahren Bestehen endlich seinem eigentlichen Ziel widmen: Die Gertrudenberger Höhlen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Führungen, Konzerte oder Theateraufführung wünscht sich der Verein in den Gewölben. Und damit, da sind sich alle einig, hätte die Stadt ein kulturelles Highlight zu bieten.