Quasi auf den letzten Metern haben die Gewerkschaftler von ver.di die Pläne von Osnabrück Marketing, Schaustellern und Einzelhandel durchkreuzt mit einer Sonntagsöffnung die Innenstadt wieder zurück auf die Agenda der zwischenzeitlich zahlreich an den Onlinehandel verlorenen Kunden zu bringen.
In einer ersten Pressemitteilung teilte Osnabrück Marketing (OM) mit, dass der Familiensonntag dennoch stattfinden werde, nur ohne Shoppingmöglichkeit.
Unsere Redaktion hatte bereits am Donnerstagabend berichtet, dass das Verwaltungsgericht einem entsprechenden Eilantrag der Gewerkschaft ver.di gefolgt ist. Die Stadtverwaltung erklärte am Freitagvormittag dagegen keine Beschwerde einzulegen.
Ver.di verweigerte sich dem Dialog und setzte auf Konfrontation
„Gemeinsam mit der Marketing Osnabrück (MO) und der Stadt Osnabrück haben wir für die Sonntagsöffnung gekämpft“, so Ira Klusmann. Die 1. Vorsitzende des Osnabrücker City Marketing e.V. (OCM) ist fassungslos, denn OCM und MO seien jederzeit auf ver.di zugegangen und haben das Gespräch gesucht. „Meiner Meinung nach spielt ver.di mit den Existenzen ihrer eigenen Mitglieder – und das aus rein politischen Gründen. Unser Demokratieverständnis ist ein anderes, nämlich, dass man sich an einen Tisch setzt und gemeinsam Lösungen findet.“ Enttäuscht zeigt sich auch Alexander Illenseer, Geschäftsführer der MO: „Gemeinsam wollen wir für eine vitale Innenstadt arbeiten, in der Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden. Ver.di hat daran offensichtlich kein Interesse.“
Stadt Osnabrück will verbindliche Regelungen
Auch Sozialvorstand Katharina Pötter von der Stadtverwaltung zeigt in einer ersten Reaktion kein Verständnis für das Handeln der Gewerkschaftsgenossen und fordert für die Zukunft Lösungen: „Ebenso wie die IHK fordern wir das Land auf, gesetzliche Regelungen in Niedersachsen zu schaffen, die eine anlasslose Sonntagsöffnung an vier Sonntagen im Jahr ermöglicht“, betont Katharina Pötter. Damit würde endlich Rechtssicherheit geschaffen werden und alle Beteiligten, insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelhandel, hätten Planungssicherheit.
Schausteller öffnen trotz Gewerkschaftsmakeleien
Für Besucher hat die Osnabrücker Innenstadt auch ohne die Öffnung der Geschäfte an diesem Sonntag dennoch einiges zu bieten. „Die Schaustellerbuden und -karussells in der Innenstadt kommen bei Osnabrückern und Gästen bisher sehr gut an“, so Illenseer. „Wir konnten am ersten Sonntag im Oktober einen Zuwachs der Passantenbewegungen um 50 Prozent im Vergleich zu einem „normalen“ Sonntag verzeichnen.“ Das Riesenrad vor dem Dom sei ein echtes Highlight für Osnabrück und die Region, denn das habe es noch nie gegeben.
Parken für eine Stunde kostenlos
Ein weiteres Plus für Besucher, die mit dem Auto anreisen: In den innerstädtischen Parkhäusern der OPG ist die erste Stunde Parkzeit kostenlos. „Dafür brauchen die Besucher nichts weiter zu tun. Die erste Stunde wird am Kassenautomaten automatisch nicht berechnet“, bestätigt OPG-Geschäftsführer Wigand Maethner.
Kommentar des Redakteurs
Die Gewerkschaft ver.di hat sich aus dem Kreis derer, die verantwortungsvoll mit den Folgen der Coronakrise umgehen, verabschiedet.
Erst der Streik der Busfahrer, die sich in den vergangenen Monaten wahrlich nicht als ‚krisenfest‘ und verantwortungsvoll gezeigt haben und mitverantwortlich sind, dass der ÖPNV nicht nur in Osnabrück massiv an Attraktivität verloren hat, und nun das hier.
Gut, man kann durchaus der Meinung sein, dass sechs von sieben Tage zum Shopping ausreichen. Aber in einer Situation, in der breite Zielgruppen des Handels es faktisch ‚verlernt‘ haben offline shoppen zu gehen, müssen alle an einem Strang ziehen um den Handel in der Innenstadt wieder zurück in die Relevanz zu bringen.
Ver.di hat sich selbst ins Bein geschossen. Auf dem Rücken der eigenen Mitglieder wird hier ein längst überkommener Klassenkampf zelebriert, den zumindest in der derzeitigen Lage keiner braucht.
Dabei gibt es im Bereich Pflege und Öffentliche Sicherheit wirklich viele Bereiche, in denen mehr Einsatz für die Mitarbeiter lohnt. Beim stationären Handel aber geht es ums Überleben!