Kennen Sie Klaus Thiem?
Falls nicht, dann geht es Ihnen wie einem Leser der HASEPOST, der eine von Klaus Thiem, dem Fraktionsgeschäftsführer der Grünen Ratsfraktion im Osnabrücker Stadtrat unterzeichnete E-Mail zugeschickt bekam.
Unser Leser, der in diesem Zusammenhang nicht mit seinem Namen genannt werden möchte, erhielt die Mail über einen Freund, der die Mail wohl direkt oder indirekt von einem Mitglied der Grünen Ratsfraktion erhalten hatte.
Aufforderung zum Voting von Fraktions-Mailadresse
Samstagabend, kurz nach 18 Uhr, wurde die Mail von einem Mailaccount versendet, die vom Fraktionsbüro der Osnabrücker Stadtratsgrünen verwendet wird.
Der Fraktionsgeschäftsführer, der auf der Gehaltsliste der Stadtverwaltung steht, wollte offensichtlich die Mitglieder der Ratsfraktion (9 Mitglieder) auf die gegen die von der „Regenbogenkoalition“ laufende Abstimmung der Neuen Osnabrücker Zeitung aufmerksam machen.
Wie abzustimmen sei („pro Schließung“) wurde den Empfängern gleich mit auf den Weg gegeben.
Eines der adressierten Ratsmitglieder (Sammeladresse „Grüne Fraktion“) fand diese Aufforderung wohl so wichtig, dass sie daraufhin einen größeren Empfängerkreis erhielt. So landete die eindeutige Aufforderung bei unserem Leser, der doch sehr verwundert über diesen Aktionismus war.
Voting dennoch gegen Neumarktsperrung
Doch die Bemühung die Partei- und Sperrungsfreunde an den PC zu locken, half wohl nicht. Am Pfingstmontag lagen die Gegner der Neumarktsperrung im vorläufigen Zwischenergebnis deutlich vorne (hier geht es zum Voting).
Gerne hätten wir den Urheber direkt dazu befragt, ob die Manipulation (im Sinne des Dudens „Lenkung“) von Umfragen zu den Aufgaben einer Ratsfraktion gehört, am Pfingstwochenende war jedoch leider nur eine Bandansage zu erreichen.
Anmerkung des Herausgebers
Ob das Versenden von derartigen E-Mails von einem Mailaccount der Ratsfraktion und durch einen de facto Angestellten der Stadtverwaltung im Rahmen der Fraktionsarbeit korrekt ist, mögen Andere beurteilen.
Wir haben uns dazu entschlossen diesen Vorgang öffentlich zu machen, da es in der Debatte um die Sperrung des Neumarkts eine besondere Facette der jahrelangen Auseinandersetzung trifft. Vehement wurde von den Sperrungsbefürwortern in den vergangenen Monaten eine demokratische Befragung der Bürger, wie seinerzeit bei der Westumgehung, abgelehnt. Stattdessen wurde auf das Ergebnis der Kommunalwahl 2016 verwiesen – natürlich ohne die vor allem bei der SPD zu verzeichnenden massiven Verluste zu erwähnen; immerhin war es das schlechteste Ergebnis für die Sozialdemokraten in Osnabrück seit 1945. Und selbst eine von Schülern des Gymnasiums in der Wüste durchgeführte Befragung musste als Beweis für die Zustimmung der Osnabrücker schon herhalten.
Das Bekanntwerden der am Samstag aus dem grünen Fraktionsbüro versendeten E-Mail kann auch in Zusammenhang mit der Beauftragung ausgerechnet der Anwaltskanzlei gesehen werden, die den Kaufhaus-Investor Unibail Rodamco vertritt. Das Gespür für Anstand und politische Korrektheit scheint den Kämpfern des Regenbogens ein wenig verloren gegangen zu sein.
Heiko Pohlmann