Wenn ein Unternehmer vor dem Hintergrund einer heraufziehenden Wirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes nach Mitteln und Wegen sucht seine Mitarbeiter weiter zu beschäftigen und den Betrieb aufrecht zu erhalten, sollte von Seiten der Politik eigentlich größtmögliche Kooperation zu erwarten sein. Nicht so in Niedersachsen, ein Osnabrücker Unternehmer beklagt eine Verweigerungshalterung der Landesregierung und zieht nun Konsequenzen.
Wenn es sogar noch darum geht mit der Durchführung von Jobmessen auch anderen Unternehmen, vor allem aber Jobsuchenden eine Perspektive zu geben, müßte das Wohlwollen der Landesregierung eigentlich außerhalb jeder Diskussion stehen – könnte man meinen.
Doch weit gefehlt: Die Niedersächsische Landesregierung hat in den vergangenen Wochen offenbar alles unternommen um dem Osnabrücker Unternehmer Michael Barlag die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Mehrmals musste Barlag vor Gericht ziehen um die gegen den Osnabrücker Mittelständler agierende Landesregierung wieder auf rechtsstaatliche Pfade zurückzuführen.
Landesregierung scheiterte mit Corona-Maßnahmen mehrfach vor Gericht
Das von Barlag kritisierte Vorgehen der Landesregierung, allen voran des in der Corona-Krise schon mehrfach unglücklich agierenden Sozialministeriums, erinnert an das starre Festhalten in Niedersachsen an dem Verbot von Filmvorführungen, gegen das die Betreiber von Hall of Fame – Kino de Luxe und Filmpassage ebenfalls vor Gericht ziehen mussten.
Keine weitere Zusammenarbeit mit Ministerpräsident Weil mehr erwünscht
Michael Barlag, der seit einem Vierteljahrhundert von Osnabrück aus bundesweit und in Österreich Messen organisiert, hat am Dienstagabend seine Konsequenzen aus der für ihn schon lange nicht mehr nachvollziehbaren Haltung der Landesregierung gezogen. Auf ihrer Website und in einer in der Nacht zu Mittwoch verbreiteten Pressemitteilung erklärt die Agentur Barlag alle Schirmherrschaften mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) aufzukündigen. Dazu Messeveranstalter Michael Barlag: „Diese Obhut lässt sich mit unseren Werten von Fairness, Umgang und Gleichbehandlung nicht mehr vereinbaren.“
Landesregierung verlängerte kurzfristig Corona-Regelungen
Bevor es zu der Aufkündigung der Schirmherrschaften kam wurde ein Brandbrief von Michael Barlag, den dieser am Sonntag, den 30. August 2020 verfasst hatte, trotz intensiver Bitte um eine eilige Reaktion bis zum Nachmittag des 31. August, erst am Mittwoch (02.09.2020) mit einer völlig unzureichenden Antwort seitens eines Vertreters des Sozialministeriums im persönlichen Auftrag des Ministerpräsidenten beantwortet. Hintergrund dieser für den Unternehmer so dringlichen Bitte um Reaktion war, dass die Landesregierung vollkommen überraschend erst am Morgen des 28. August 2020 die für öffentliche Veranstaltungen relevanten Corona-Regelungen offiziell um weitere 14 Tage verlängert hatte, was insbesondere die seit Monaten geplanten Jobmessen in Braunschweig und Oldenburg betrifft.
Richter mussten Landesregierung erneut an Rechtsstaatlichkeit erinnern
In der Zwischenzeit aber reichte die Agentur Barlag bereits Klage gegen die Untersagung der Messe seitens der Stadt Braunschweig ein, die sich lediglich an die kurzfristig geänderte Landesverordnung gehalten hatte. Mit Erfolg: Das Verwaltungsgericht Braunschweig urteilte zugunsten des Veranstalters und gab der Jobmesse im Eilverfahren, zwei Tage vor der Veranstaltung, grünes Licht. Sämtliche angemeldete Aussteller machten sich daraufhin auf den Weg zur Volkswagen Halle und starteten ihren Aufbau. Am darauffolgenden Freitag, nur 24 Stunden vor Eröffnung der Messe, forderte das Land Niedersachsen die Stadt Braunschweig über sein zuständiges Ministerium dazu auf, in höchster Eile beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschwerde gegen das Urteil einzulegen. Doch die hier zuständigen Richter bestätigten das Urteil ihrer Kollegen aus Braunschweig: „Die Messe darf stattfinden. Der Beschluss ist unanfechtbar.“
Michael Barlag: „Mit welch einer Inbrunst das Land versucht, uns und Marktbegleitern Knüppel zwischen die Beine zu werfen, ist beschämend. Eine Farce hinzu, hier auch noch eine Karrieremesse stoppen zu wollen, auf der mutige Unternehmer stehen, die in dieser schweren Zeit nach vorne denken und unseren Besuchern neue Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsplätze anbieten. Teils Menschen, die – wie jüngst in Braunschweig – ihren Arbeitsplatz verloren haben oder ihn verlieren werden.“
Volle Busse und Flugzeuge aber Jobmessen werden verboten…
Barlag entgegnete Weil, dass die Corona-Verordnung sämtlichen Branchen und Sparten ein Freispiel gewähre und sich „vollkommen sinnfrei und ohne Hintergrundwissen“ auf die Messebranche „einschießt“ und/oder Ausstellungen untersagt. „Kinder werden in völlig überfüllten Bussen morgens in die Schule gefahren, sitzen dort auf engstem Raum vor dem Lehrer. Flugzeuge heben am Airport Hannover ab, mit teils nicht einmal einem Quadratmeter Platz pro Passagier. Obendrein ist der Nachbar oft noch ein Fremder. Große, bundesweit werbende Shoppingmalls, Baumärkte und Möbelhäuser – also Anbieter mit nicht lebensnotwendigen Waren – eröffnen munter Tag um Tag ihre Häuser und freuen sich über den Kundenansturm. Restaurants aller Formen und Größe empfangen niedersachsenweit Tisch an Tisch täglich hunderttausende Gäste. Und allen, das sage ich deutlich, sei jeder einzelne Cent gegönnt. Wie kann man dann aber zeitgleich einem Veranstalter seine Messen verwehren, der zum einen ein hervorragendes und behördlich gelobtes Sicherheits- & Hygienekonzept vorgelegt hat und dem man – wie in Braunschweig – noch die Auflage macht, pro 7 qm Messefläche nur einen Gast zu stellen. Glücklicherweise haben sowohl die Richter des Verwaltungsgerichts Braunschweig und Oldenburg, als auch die des Oberverwaltungsgerichts erkannt, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und diese Ungleichbehandlung als nicht verfassungsrechtlich erklärt“. Interessant: Die aktuell in weiteren Bundesländern stattfindenden Jobmessen der Agentur wurden seitens der jeweiligen Behörde genehmigt (z.B. in Lübeck und Nürnberg).
Barlag beklagt mangelnde Fairness von Seiten der Landesregierung
„Da unser Ministerpräsident und sein zuständiges Ministerium diese gar als verfassungsrechtlich erkannte Ungleichbehandlung weitertreibt, er damit auch für einen enormen wirtschaftlichen Schaden sorgt und Menschen gar von dem Besuch zahlreicher Karrieremessen abhalten möchte, kann ich es sowohl vor meinem Team, allen Ausstellern als auch vor unzähligen Bewerbern nicht mehr vertreten, diese Obhut aufrecht zu erhalten“, so Veranstalter Michael Barlag. „Uns betreffend sorgt die willkürliche Verlängerung der Corona- Verordnung nun seit 12 Tagen durchgehend für eine totale Unsicherheit bei allen Ausstellern, die sich mit uns über Monate auf unsere teils extra lange verschobenen Messen vorbereiten. Sie sorgt für hunderte Telefonate mit Kunden, Messebesuchern, Behörden, Anwälten, Ministerien, Verwaltungsgerichten, Messehallen, Messebauern, Medien uvm.. Unser Wirtschaftszweig möchte keine Sonderstellung. Er möchte einfach nur fair und gleich behandelt werden wie viele andere Branchen seit Monaten. Ich bin gespannt, ob das Land Niedersachsen als Verursacher dieser Verordnung und Ungleichbehandlung später für alle noch nicht zu definierenden, sicher aber immens hohen Schäden aufkommt“, so Barlag weiter.
Ministerpräsident Stephan Weil ist war seit Jahren Schirmherr der niedersächsischen Jobmessen in Braunschweig, Oldenburg (in diesem Jahr am 12./13.09.), Lingen/Emsland (19./20.09.), Osnabrück (26./27.09.) und Hannover (31.10./01.11.) sowie bei einer der größten Karrieremessen des Landes, der beruf & bildung hannover (erst wieder 2021), die ebenfalls von der Agentur Barlag veranstaltet wird.
Am Montag, so Barlag, wurde auch für die Jobmesse in Oldenburg vom dortigen Verwaltungsgericht grünes Licht gegeben.
Fotos: Barlagmessen