Eine Spökenkiekerei* von Heiko Pohlmann

AFP

„Denken Sie nicht an einen Elefanten!“

Kennen Sie das Spiel mit dem Unterbewusstsein, bei dem Ihnen jemand vorher etwas zu denken gibt, an das Sie im Anschluss auf gar keinen Fall denken möchten, und was Sie schon gar nicht aussprechen wollen?

Bei der öffentlichen Fraktionssitzung der SPD in der vergangenen Woche (HASEPOST berichtete), wurde von den geladenen Gästen, dem Hamburger Immobilienkaufmann Dr. Theo Bergmann und Björn Reineking, dem Vertreter des französischen Investors Unibail Rodamco, ein Thema offenbar ganz bewusst vermieden: Wer denn nun in das geplante Neumarkt-Shoppingcenter einziehen wird.
Zwar wurde vom „richtigen Mix“ gesprochen, den die Mieter haben müssten, und dass die Mieter zu gegebener Zeit bekannt gemacht werden sollen; doch Namen wurden auch bei dieser Veranstaltung nicht genannt.
Diese Verschwiegenheit ist auch gut nachvollziehbar, denn tatsächlich ist es wohl so, dass bei derartigen Objekten erstmal Mietinteressenten „eingesammelt“ werden, und der Investor dann schaut, wie diese zusammenpassen. So soll unter anderem vermieden werden, dass Wettbewerber mit ähnlichem Sortiment oder identischer Zielgruppe sich das Leben unnötig schwer machen und das Einkaufszentrum womöglich unattraktiv für andere Käufergruppen wird. Nachvollziehbar – aber auch unbefriedigend für die Osnabrücker, die endlich wissen wollen wann es losgeht. 

Interessant ist nicht, was nicht gesagt wurde…

Interessant bei diesem Termin war aber vielleicht nicht, was nicht gesagt wurde, sondern was gesagt wurde, obwohl nicht danach gefragt wurde.
Waren diese Themen die „Elefanten“, an die die Beteiligten auf gar keinen Fall denken wollten?

Gleich mehrfach kam von den Projekt-Insidern, sowie von SPD-Fraktionschef Frank Henning und Ulrich Hus, dem SPD-Fachmann für Stadtentwicklung, das Thema auf die Filiale von SinnLeffers in der Johannisstraße.
Das Traditions-Textilkaufhaus würde doch von den dort direkt vor der Tür haltenden Stadtbussen profitieren, und so weit „vom Schuss“, wie einige Osnabrücker glauben, sei doch das angrenzende Parkhaus Kollegienwall gar nicht, erklärte zum Beispiel Ulrich Hus.
In eine ganz andere Richtung ging der Immobilienkaufmann Dr. Bergmann, als er als Beleg für den Niedergang des Neumarkts seinen ehemaligen Mieter Wöhrl anführte, der (so seine Deutung) wegen des Wandels des Neumarkts zum „Schrottplatz“ die Stadt verlassen hätte.
Wieso SinnLeffers, wieso Wöhrl? Sollte es nicht eigentlich um das Shoppingcenter gehen?

Wöhrl übernahm 2013 SinnLeffers in der Johannisstraße

Was viele Osnabrücker nicht wissen: Wöhrl ist längst schon wieder in Osnabrück aktiv. Bereits 2013 hatte das Nürnberger Unternehmen die Textilkette SinnLeffers übernommen, und damit auch das traditionsreiche Leffers-Textilkaufhaus in der Johannisstraße.
Die zugehörige Immobilie wurde von Wöhrl seinerzeit nicht übernommen. Nach Informationen unserer Redaktion ist der Vermieter ein dänisches Unternehmen, und dieses plagt – so Insider der Handelsszene – das Problem, dass der Mietvertrag für die knapp 6.000 Quadratmeter große Immobilie noch in diesem Jahr ausläuft.

Ist der Umzug ein „offenes Geheimnis“?

Angeblich, so wird unter Osnabrücker Einzelhändlern jedenfalls gemunkelt, ist es „ein offenes Geheimnis“, dass SinnLeffers bereits einen unterzeichneten Mietvertrag beim Shoppingcenter-Investor Unibail-Rodamco hinterlegt haben soll.
Dieser einseitig unterzeichnete Vertrag müsste vom französischen Investor nur gegengezeichnet werden, und die Tage von SinnLeffers in der Johannisstraße wären gezählt.
Doch Unibail Rodamco – so Quellen unserer Redaktion – soll noch Probleme haben die weiteren geeigneten Mieter für das Shoppingcenter zusammenzubekommen. „Osnabrück steht nicht unbedingt oben auf den Expansionslisten der großen Ketten“, so ein Insider gegenüber unserer Redaktion, und weiter: „verschiebt sich der Eröffnungstermin für das Shoppingcenter noch weiter in die Zukunft, könnte die Zeit für SinnLeffers am alten Standort auch zu lange werden“. Dann wäre auch ein erneuter Abschied der Wöhrl AG vom Standort Osnabrück denkbar.
Für den dänischen Vermieter geht es darum, wie lange der Mietvertrag verlängert wird: Bis zum Umzug an den Neumarkt, der ersatzlosen Schliessung der Filiale oder auf längere Zeit.

SinnLeffers und Wöhrl - Elefanten

Das Ziel der Neumarktpläne die Johannistraße zu stärken: verfehlt?

Ein erklärtes Ziel der Shoppingcenter-Befürworter war es, mit dem Kaufhaus-Neubau am Neumarkt auch die Johannisstraße in ihrem Verlauf attraktiver zu machen. Mit einem Umzug von SinnLeffers wäre dieses Ziel sicher verfehlt.
SPD-Fraktionschef Frank Henning betonte vielleicht auch deswegen, dass mit dem Investor verhandelt worden wäre, dass 50% aller Mieter bislang nicht Standort Osnabrück vertreten sein dürften. Würde Wöhrl in der Johannisstraße mit dem Auszug an alter Stelle auch den Namen SinnLeffers aufgeben – und am neuen (alten) Standort mit eigenem Namen wiedereröffnen – dürfte diese Forderung zumindest auf dem Papier erfüllt sein. Das politische Ziel die Johannisstraße aufzuwerten, könnte dann allerdings als gescheitert angesehen werden.

Wie schwierig es ist ein ehemaliges Textilkaufhaus in einer 1b-Lage neu zu vermieten zeigt das Beispiel C&A-Kaufhaus in der Möserstraße. Seit dem Umzug von C&A in die Große Straße sorgt ein 1-Euro-Shop für den schleichenden Verfall des gesamten Straßenzugs – bessere Mieter sind offensichtlich nicht in Sicht.

Wir haben im Zuge der Recherche zu diesem Artikel auch mit Anke Löffler, Pressesprecherin von Wöhrl in Nürnberg gesprochen. Sie wollte die Spekulationen um einen möglichen Umzug von SinnLeffers an den Neumarkt weder bestätigen noch dementieren.

Würde ein Umzug von SinnLeffers in das Shoppingcenter noch vor der Kommunalwahl bestätigt, dürften die politischen Folgen für die Befürworter-Parteien des Shoppingcenters schwer kalkulierbar sein. Der Wähler hat allerdings jetzt den Anspruch zu erfahren wie es weitergeht.
Eine klare Aussage der Beteiligten SinnLeffers/Wöhrl und Unibail-Rodamco sollte noch vor dem 11. September erfolgen.
Wenn die jetzt kursierenden Gerüchte sich erst nach der Kommunalwahl bestätigen würden, könnte man den beteiligten Unternehmen mit Recht eine absichtliche Verschleppung vorwerfen, mit dem Ziel ein für sie gewünschtes Wahlergebnis nicht zu gefährden.
Aber vielleicht ist das alles nur Spökenkiekerei. Wir werden sehen!


*Spökenkiekerei: Typisch für die Spökenkiekerei ist die Vorhersage unheimlicher Dinge. Mit leicht spöttischem Anklang wird der Begriff Spökenkieker im heutigen Sprachgebrauch teilweise auch für Pessimisten und Schwarzseher benutzt, auch wenn diesen jegliche Gabe zur Vorhersage zukünftiger Ereignisse fehlt (frei nach Wikipedia).

Illustration unter Verwendung einer Grafik von Unibail Rodamco