(mit Material von dts Nachrichtenagentur) Frontex erwägt Ende der Mission in Griechenland aufgrund von Menschenrechtsverletzungen.
Die EU-Grenzschutzagentur Frontex erwägt, ihre Mission in Griechenland aufgrund von Menschenrechtsverletzungen zu beenden. Dies berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Behördenkreise. Der Umgang der griechischen Sicherheitsbehörden mit über das Meer illegal einreisenden Migranten steht dabei im Fokus der Beratungen. Bei einer der größten Katastrophen im Mittelmeer in den letzten Jahren sind am 14. Juni rund 600 Menschen ertrunken. Überlebende erheben den Vorwurf, dass griechische Küstenwächter das Boot zum Kentern gebracht und sich dann vom Tatort entfernt haben. Frontex-Menschenrechtsbeauftragter Jonas Grimheden arbeitet derzeit an einem Bericht über den Vorfall.
Atomare Option: Frontex könnte Zusammenarbeit mit Athen beenden
Die Behörden in Athen wurden erneut aufgefordert, Erklärungen zu dem Vorfall abzugeben. Ein hochrangiger Frontex-Mitarbeiter betont, dass es hier nicht nur um die Nichtachtung von Menschenrechten gehe, sondern um strafrechtlich relevante Vorwürfe. Gemäß Artikel 46 der Frontex-Verordnung hat der Exekutivdirektor das Recht, jegliche Tätigkeit auszusetzen, wenn schwerwiegende oder voraussichtlich weiter anhaltende Verstöße gegen Grundrechte oder internationale Schutzverpflichtungen vorliegen. Ein Ende der Zusammenarbeit mit Athen wird intern als „atomare Option“ bezeichnet.
Empörung über Zustände in Griechenland bei Frontex-Verwaltungsratssitzung
Bei einer Frontex-Verwaltungsratssitzung am 19. Juni äußerten drei EU-Abgeordnete ihre Empörung über die Zustände in Griechenland. Der Menschenrechtsbeauftragte Grimheden erklärte, dass es bei keinem EU-Staat so viele Bedenken gebe wie bei Griechenland. Er berichtete von einem Vorfall am 22. April, bei dem die griechischen Behörden zwei Frontex-Teams gebeten hätten, nicht über die Sichtung und Begegnung mit einem Migrantenboot zu berichten. Als sie es dennoch taten, habe Athen absichtlich falsche Koordinaten gemeldet, um die Rettung der Menschen zu erschweren. Zudem seien die Vorwürfe der „New York Times“ wahr, dass zwölf Migranten auf Lesbos entführt, in ein Schlauchboot gesetzt und im offenen Meer zurückgelassen wurden. Exekutivdirektor Hans Leijtens wandte sich in einem Schreiben an Dimitrios Mallios, den Chef des griechischen Grenzschutzes, und sprach von der „Bestätigung von schweren Anschuldigungen“.
Frontex drängt auf Aufklärung und Maßnahmen
Für Frontex ist es von „überragender Bedeutung“, bis zum 10. Juli alle Informationen von der griechischen Küstenwache zu erhalten. Anhand einer belastbaren Sachverhaltsgrundlage soll dann über einen kompletten oder teilweisen Rückzug entschieden werden. Auch Zahlungsstopps werden diskutiert. Der Grundrechtsbeauftragte Grimheden drängte bereits bei der Verwaltungsratssitzung am 19. Juni darauf, „die größtmöglichen Maßnahmen zu ergreifen“. Die Bedingungen für Artikel 46 seien „vollständig erfüllt“.
Griechenland bestreitet Vorwürfe
Die griechische Regierung bestreitet jegliches Fehlverhalten ihrer Einsatzkräfte. Ein Regierungssprecher sagte der „Welt am Sonntag“, es habe niemals „illegale Aktionen“ gegeben.