Was tun wenn die angebliche „Flatrate“ des Mobilfunktarifs schon nach wenigen 100 Megabyte den Dienst einstellt?
In der Osnabrücker Innenstadt ist das an vielen Ecken schon kein Problem mehr, denn „Freifunk“ erobert den öffentlichen Raum.
Auch HASEPOST ist unter die Freifunker gegangen
Einer von den inzwischen mehr als 200 in Osnabrück installierten Freifunk-Routern steht jetzt auch in den Redaktionsräumen der HASEPOST und versorgt Teile des Wissenschaftsparks und des Innovationscentrums ICO mit freiem Internet.
Durchbruch zur Maiwoche 2015
Vielen Besuchern der vergangenen Maiwoche dürften die Schilder an zahlreichen Buden aufgefallen sein, mit denen für kostenloses W-Lan geworben wurde. Insgesamt 23 Router hatten die Freifunker zwischen Rathaus und Neumarkt installiert und konnten so tausende Maiwochen-Besuchern ein komplett kosten- und anmeldefreies mobiles Internet ermöglichen. In der Spitze waren zeitgleich mehr als 500 Nutzer parallel im Freifunk-Netz online.
Statt das eigene, oft knappe Datenkontingent des Mobilfunkanbieters zu verbrauchen, können bei Freifunk alle das kostenlose WLAN benutzen, um Bilder zu posten, soziale Netzwerke und Emails zu checken, oder einfach nur zu surfen. Mit dem Smartphone muss einfach nur das WLAN-Netz „nordwest.freifunk.net“ ausgewählt werden.
Es ist keine Anmeldung oder ähnliches notwendig – die Verbindung kann auch ohne Zeitlimit genutzt werden.
Das Netz von Freifunk ist wirklich ein Netz
„Am Beispiel der Maiwoche konnte man sehr gut sehen wie unsere Infrastruktur funktioniert“, erklärt Alexander Kyriakidies im Gespräch mit der Redaktion. „Freifunk ist ein sogenanntes Mesh-Netzwerk, bei dem nicht jeder Router eine direkte Anbindung ans Internet haben muss“, so Kyriakidies weiter. Eine Bierbude in der Großen Straße braucht dabei lediglich Funkkontakt zu einem anderen Router, der vielleicht in einem Geschäft per Kabel mit einem Internet-Provider verbunden ist. Dabei spielt es keine Rolle wie nahe oder wie viele kabelgebundene Zugänge es zum Internet gibt – die Daten suchen sich selbständig ihren Weg im Freifunk-Netz. Dieses Verfahren sorgt auch für eine sehr hohe Sicherheit gegen Ausfall, da sich die Daten bei Nicht-Erreichbarkeit eines einzelnen Providers (bspw. Telekom) im Netz dann einen anderen Anbieter suchen, der noch funktioniert.
Bereits die halbe Innenstadt ist mit Freifunk versorgt
Auf einer Karte, die von den Freifunkern ins Netz gestellt wurde, kann man die Verbreitung in der Osnabrücker Innenstadt eindrucksvoll erahnen. Insgesamt teilen im Großraum Osnabrück mehr als 200 Router das Internet mit der Öffentlichkeit. Im Bereich Nord-West, in dem auch die Osnabrücker Freifunker organisiert sind, sind es über 870 Router – bundesweit über 11.000!
Zu den Orten die in Osnabrück versorgt werden gehören das Foyer im Stadttheater, das Rathaus und das Alando Palais.
Keine Angst vor der Vorratsdatenspeicherung
In den vergangenen Wochen wurde viel über die Vorratsdatenspeicherung berichtet, die auch von den Freifunkern kritisch gesehen wird (wie übrigens auch von der HASEPOST). Für das Konzept von Freifunk, bei dem ein Teil des privaten Datenvolumens über einen Freifunk-Router (Kaufpreis ab 25 Euro) öffentlich geteilt wird, ist das aber kein Problem“, erklärt Alexander Kyriakidies. Die Freifunk-Vereine in Berlin und im Rheinland besitzen einen Provider-Status und können bei Bedarf den bundesweit anfallenden Datenverkehr offiziell aufnehmen und über ihre Server in das Internet „entlassen“.
Da bei Nutzung von Freifunk lokal – zum Beispiel in Osnabrück – keine für die Nachrichtendienste verwertbaren Daten gesammelt werden, würde jede Schnüffelattacke des Staates oder „befreundeter Geheimdienste“ bei den offiziellen Providern dann ins Leere laufen. Der Verzicht auf unnötiges Sammeln privater Daten ist übrigens auch sonst von Vorteil für die Nutzer. Die bei Freifunk anfallenden (oder eben nicht-anfallenden) Daten sind so auch für alle sonstigen Datenkraken uninteressant – es wird schlichtweg nichts gespeichert was für schwarze Schafe unter den Hackern interessant sein könnte.
Freifunk ist kein Hacker-Club
A propos Hacker: Alexander Kyriakidies, der uns auch dabei geholfen hat in den Redaktionsräumen der HASEPOST am Wissenschaftspark einen Freifunk-Router zu installieren, ist selbst kein Hacker – jedenfalls nicht wie man ihn sich vorstellt. Kyriakidies sagt von sich selbst, dass er als „technologischer Laie“ gerade deshalb das Konzept von Freifunk so gut erklären kann, weil er nicht alle technischen Details sofort parat hat und deshalb schneller auf den Punkt kommt als die typischen „Nerds“, die man eigentlich in so einem Verein erwarten würde. Alexander Kyriakidies begeistert an der Freifunk-Idee vor allem, dass man auf diese Weise auch Mitbürgern, die sich keinen teuren Datentarif leisten können, ein schnelles Internet direkt vor der Haustür anbieten kann. Diesen sozialen Aspekt will er persönlich noch stärker herausarbeiten und sieht er als großen Vorteil gegenüber den kommerziellen Angeboten, die sich entweder über Werbung finanzieren oder einen kostenfreien Tarif von Telekom, Kabel Deutschland & Co. voraussetzen.
Freies Wifi jetzt auch am Neumarkt
Seit dem 09. Juli werden am Neumarkt nun auch die einzelnen Bussteige und Teile der Johannisstraße gezielt mit freiem WLAN versorgt. Durch die Überlassung von mehreren Routern durch die Piratenpartei in Osnabrück kann der Neumarkt ein wenig attraktiver gestaltet werden.
Vor allem für Fahrgäste, die auf Ihren Anschlussbus warten oder einfach nur in dem Bereich Neumarkt Zeit verbringen wird so die Zeit angenehm überbrückt. Die Mitglieder vom Freifunk Osnabrück sind derzeit dabei, mehrere Außenstandorte in der Stadt Osnabrück anzubinden und so allen Bürgern und Gästen freies WLAN anbieten zu können. In den nächsten Wochen sollen weitere Bereiche rund um die Große Straße sowie die Johannisstraße mit Freifunk versorgt werden.
Kommentar: Osnabrücker Lokalpolitiker sind gefordertAngesichts verschiedener Gedankenspiele, bei denen es auch darum geht eventuell ein kommerzielles Netz in Zusammenarbeit mit dem Werbeunternehmen Ströer (HASEPOST berichtete) aufzubauen, bietet die private Initiative Freifunk eine für die Stadt kostengünstige Alternative. Freifunk ist werbefrei und schreibt den Datenschutz groß; was kann man mehr verlangen, wenn die Stadt freies Internet fördern will? Bei den Freifunkern wird private Initiative und Ehrenamt gelebt. Alle anderen Konzepte, wie die Idee einer Zusammenarbeit mit dem Werbevermarkter Ströer, werden die Stadt Geld kosten und niemals die Reichweite erreichen können, die Freifunk jetzt schon hat. Das die Freifunker nicht nur viel versprechen, sondern auch liefern, haben sie eindrucksvoll auf der Maiwoche bewiesen – und mehr als 200 aktive Router beweisen es jeden Tag aufs Neue! |
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