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Haftstrafen für Hüggel-Mörder von Hasbergen: Täter nannte das Mordopfer vor der Tat „Mama“

Im Winter 2018 fanden zwei Spaziergänger den Leichnam einer 75-jährigen Frau in der Nähe des Augustaschachts am Hügel in Hasbergen. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück führten zu einer Verhandlung gegen vier Tatbeteiligte, die sich an dem Vermögen des Opfers bereichern wollten. Heute, am 3. Juni 2020, verkündete das Landgericht Osnabrück das Urteil für die Tatbeteiligten.

Am Abend des 14. Dezembers 2018 wurde eine 75-jährige Frau in Hasbergen an der Hüggelschlucht ermordet. Erst vier Tage später wurde ihr Leichnam von Spaziergängern gefunden. Der Fall erregte besonderes Aufsehen, da das Opfer zunächst nicht identifiziert werden konnte – erst nachdem die Polizei Details zu ihrer Person veröffentlichte, konnten Angehörige von ihr ausfindig gemacht werden. Spätere Ermittlungen zeigten, dass ihr der Wunsch nach einem Führerschein und Selbstständigkeit zum Verhängnis wurden.

Lebenslängliche Haftstrafe für einen der Haupttäter

Bis heute konnten nicht alle Einzelheiten des Mordfalls geklärt werden – so etwa, welcher der Angeklagten den tödlichen Schnitt am Hals des Opfers setzte. Die Beteiligung am Vorfall räumten jedoch alle Angeklagten ein. Die Verteidiger des Angeklagten B. hatten für ihren Mandanten einen Freispruch beantragt, scheiterten jedoch mit diesem Vorhaben. Der heute 44-Jährige wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, unter anderem aufgrund von erpresserischem Menschenraub, Betrug, sowie schwerer Körperverletzung. Ursprünglich wollte er dem 75-jährigen Opfer einen gefälschten Führerschein verschaffen. Sie wollte ohne Angst vor einer Verkehrskontrolle mit dem Cabriolet ihres verstorbenen Ehemanns fahren. Nach einem persönlichen Treffen der beiden schlugen seine Motivationen um. Er fasste den Entschluss, sich ihres Vermögens zu bereichern. Unter einem Vorwand holte der Angeklagte B. sie gemeinsam mit dem Angeklagten E. aus ihrer Wohnung in Melle ab und sie fuhren zu dritt nach Köln.

Dem aus Nigeria stammenden Angeklagten (rechts) wurde ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt; Foto: T. Rykov
Dem aus Nigeria stammenden Angeklagten (rechts) wurde ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt; Foto: T. Rykov

Wer die tödlichen Schnitte setzte, bleibt uneindeutig

Erst auf dem Weg nach Melle wäre der Angeklagte E. über die Pläne von B. informiert worden, die zu diesem Zeitpunkt noch keinen Mord umfassten. Er ist in Nigeria aufgewachsen und hatte sich nie darum bemüht die deutsche Sprache vollständig zu lernen, daher kommunizierten E. und B. überwiegend auf gebrochenem Englisch. Für den Angeklagten A. war die Abholung der 75-Jährigen ein Arbeitsauftrag – für den ihm insgesamt 50.000 Euro versprochen wurden. Noch vor dem Betreten einer Wohnung in Köln hätte das Opfer dem Angeklagten B. zwei Kontokarten samt PIN-Nummer überreicht, mit denen die Täter später 5.000 Euro stehlen würden. In der Wohnung angekommen packten die Angeklagten E. und B. unter mithilfe der Angeklagten N. und P. ihr Opfer, hielten ihr den Mund zu und fesselten ihre Hände. Erst hier hätte der Angeklagte E. die Pläne des 44-Jährigen verstanden. Im Anschluss durchsuchten sie ihre Taschen. Am Abend des 14. Dezembers brachten die Angeklagten B. und E. die bereits misshandelte Frau zurück in die Region Osnabrück. Erst hier sei die Entscheidung gefallen, sie zu töten, damit sie den Raub und die schwere körperliche Misshandlung nicht zur Anzeige bringen kann. Der Angeklagte B. fuhr auf einen Landweg in Hasbergen, wo sie die verletzte 75-Jährige aus dem Auto zerrten. Hier erlitt sie durch den Angeklagten A. zwei harte Schläge mit einer Glasfalsche gegen den Hinterkopf. Da sie noch nicht tot war, schnitt ihr einer der zwei Beteiligten mehrere Male mit einer zuvor abgesplitterten Glasscherbe in den Hals. Die Temperatur betrug zu diesem Zeitpunkt etwa null bis ein Grad Celsius. Der Todeszeitpunkt der Frau konnte nicht mehr eindeutig bestimmt werden.

Angeklagter B. nannte sein Opfer „Mama“

Nach seiner Festnahme hat der 26-jährige Angeklagte E. in besonderem Maße bei der Aufklärung der Tat geholfen, etwa durch die Nennung prägnanter Details. So hätte der Angeklagte B. das 75-jährige Opfer „Mama“ genannt. „Kannst runter kommen Mama“ hätte er ihr während des Telefonats bei ihrer Abholung gesagt. In den Augen des Landgerichts Osnabrück wäre dies nicht nur in jeder Sprache verständlich, sondern der Angeklagte E. wäre auch in seinen Aussagen überwiegend konsistent geblieben. Unter Berücksichtigung dieser Lage hatten seine Rechtsanwälte für ihren Mandanten eine Freiheitsstrafe von höchstens 11 Jahren gefordert – nach dem Urteil des Landgerichts werden es jedoch 13 Jahre.

Angeklagte N. und P. müssen in Entzugsanstalt

Die Verteidiger des 25-jährigen Angeklagten N., der in hohem Maße an dem Betrug und der Körperverletzung beteiligt war, haben kein konkretes Strafmaß beantragt. Der Drogensüchtige, der Cannabis, Kokain und Heroin konsumierte, wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und dem Aufenthalt in einer Entzugsanstalt verurteilt. Der Angeklagte P., der zum Zeitpunkt der Misshandlungen nur zufällig in der Wohnung gewesen und im Folgenden bei der Abbuchung von Geldbeträgen von den Bankkontos der ermordeten Frau beteiligt war, wurde zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auch er muss, aufgrund seines erhöhten Drogenkonsums eine Entzugsanstalt besuchen.


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Tatjana Rykov
Tatjana Rykov
Tatjana Rykov startete im Sommer 2019 mit einem Praktikum bei der HASEPOST. Seitdem arbeitete sie als freie Mitarbeiterin für unsere Redaktion. Nach ihrem Bachelor in Geschichte und Soziologie an der Universität Osnabrück ist sie seit 2023 wieder fest im Redaktionsteam. Derzeit schließt sie ihren Fachmaster in Neuste Geschichte an der Uni Osnabrück ab. Privat trifft man sie oft joggend im Park oder an ihrer Staffelei.

  

   

 

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