Ein Relikt des schnellen Wiederaufbaus, das zuletzt von der MÖWE genutzte Geschäftshaus vor der Johanniskirche, soll durch einen modernen Zweckbau ersetzt werden.
[Update 15.12.2017] Mehr als ein halbes Jahr, nachdem dieser Artikel erstmalig bei der HASEPOST erschien (16.05.2017), hat die Stadtverwaltung in einem “beschleunigten Verfahren” eine Änderung des Bebauungsplans 626 auf den Weg gebracht.
Zwischen dem 19. Dezember und 19. Januar wird der Bebauungsplan „Westlich Johanniskirche“ im Fachbereich Städtebau, Hasemauer 1, Osnabrück, öffentlich ausgelegt. Zusätzlich informiert die Stadt online unter www.osnabrueck.de.
Bürger haben nun die Gelegenheit, Stellungnahmen und Änderungsvorschläge schriftlich oder per Mail abzugeben. Die Einwendungen werden den Planern und Politikern im weiteren Verfahren vorgelegt.
Artikel vom 16. Mai 2017:
Nach den verheerenden Folgen des Zweiten Weltkriegs und der Bombenangriffe, bei dem auch der Bereich rund um die Johanniskirche (eigentlich: St. Johann) viele Treffer abbekam, wurden zahlreiche Geschäftshäuser nur provisorisch wieder aufgebaut. Wichtiger als Wohnräume, Büros oder Lager in den oberen Geschossen waren die Verkaufsräume im Erdgeschoss.
Noch heute steht mit dem Geschäftshaus Große Straße 15, in dem inzwischen ein Discountbäcker seinen Laden hat, eine solche auf das Erdgeschoss reduzierte Verkaufsbaracke in einer 1a Innenstadtlage.
Zuletzt diente das Haus sozialen Zwecken
Ein zusätzliches Stockwerk und vermutlich auch viel Mauerwerk aus der Vorkriegszeit besitzt das Gebäude, in dem bis vor ein paar Monaten noch “Jonathans Laden” und die Fahrradwerkstatt der MÖWE untergebracht waren.
Die Glanzzeiten, als die Johannisstraße noch eine wirkliche Einkaufsstraße und keine Busrollbahn war, sind längst vergangen. Graffiti an der Seitenwand zeugt von der Verwahrlosung des Viertels. Hochwertiger Einzelhandel findet hier nicht mehr statt. Nur wenige Meter weiter, in der oberen Johannisstraße stehen ebenfalls zahlreiche Ladenlokale teils seit Jahren leer.
Der Eigentümer des Gebäudes, die katholische Stephanswerk Wohnungsbaugesellschaft, will mit einem nun geplanten Neubau auch nicht versuchen mit einem Ladengeschäft zu reüssieren, sondern sozialen Einrichtungen und Wohngruppen eine neue Heimat geben.
Zweckbau ohne Keller und mit Flachdach
In einem beschleunigten Verfahren wurde inzwischen ein Neubau auf den Weg gebracht, der allerdings, wie das Vorgängergebäude einige Besonderheiten aufweist, die an das Vorgängergebäude erinnern.
So soll der Neubau nicht unterkellert werden und er wird nach den inzwischen von der Stadtverwaltung im Ratsinformationssystem hinterlegten Entwürfen auch erneut lediglich ein Flachdach erhalten.
Die Geschosszahl wird sich zur Johannisstraße hin auf zukünftig drei Etagen plus Erdgeschoss verdoppeln. Die dritte Etage wird dabei jedoch als “Staffelgeschoss” bezeichnet und reicht fast bis in die Höhe der klassischen Satteldächer der benachbarten Häuser.
Vorsichtige Kritik einzig von der FDP
Der von Oliver Haskamp, Vertreter der FDP-Ratsfraktion im Stadtentwicklungsausschuss geäußerte vage Verdacht, dass diese Konstruktion vor allem der Optimierung der nutzbaren Fläche dienen könne und sich nicht wirklich harmonisch in das Ensemble vor der Johanniskirche einfügen wird, wurde von Stadtbaurat Frank Otte mit dem Argument widersprochen, dass die Geschmäcker eben verschieden seien.
Hier schlug einst das Herz der Neustadt
Die katholische Kirche St. Johann, vis a vis des geplanten Neubaus, ist eine der vier großen Kirchen Osnabrücks. Sie gilt als eine der frühesten großen gotischen Hallenkirchen Deutschlands
Zusammen mit dem in direkter Nachbarschaft befindlichen ehemaligen Neustädter Rathaus, war dieser Platz einst der Gegenentwurf der rechtlich selbständigen Neustadt zum historischen Markt mit Rathaus, Stadtwaage und der evangelischen Marienkirche in der Altstadt.
Auch dort – allerdings bereits in den 50er Jahren geplant und vollendet – wurde mit dem jetzt der Stadtbücherei dienenden Verwaltungsneubau an der Ecke zur Krahnstraße ein profaner Zweckbau an historischer Stelle errichtet.
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Screenshot der Entwurfszeichnung: Ratsinformationssystem Osnabrück