In den Ermittlungen gegen eine emsländische Unternehmerfamilie ist den Sicherheitsbehörden ein weiterer Erfolg gelungen. Im Rahmen einer groß angelegte Pfändungsaktion konnten Vermögenswerte in Höhe von mehr als 1.000.000 Euro sichergestellt werden. Eine der Beschuldigten legte ein vollumfängliches Geständnis ab und räumte die ihr mit dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten ein.
Nach monatelangen intensiven Ermittlungen ließ die Abteilung für organisierte Kriminalität der Staatsanwaltschaft Osnabrück in Zusammenarbeit mit der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück und auswärtigen Polizeidienststellen am 17. April 2020 in mehreren zusammenhängenden Ermittlungsverfahren zahlreiche Durchsuchungsbeschlüsse in insgesamt fünf Bundesländern vollstrecken und vier Beschuldigte verhaften. Die Beschuldigten, die insbesondere einer Unternehmerfamilie aus dem Emsland angehören, waren dringend tatverdächtig, sich dazu verabredet zu haben, zukünftige Investoren insbesondere mittels des massiven Einsatzes gefälschter Urkunden über die Realisierungsfähigkeit der von ihnen konzeptionierten Windkraftprojekte zu täuschen, um die Vorhaben sodann teuer zu verkaufen.
Haftbefehl gegen vier Beschuldigte
Aufgrund der weiteren Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei in Osnabrück steht nunmehr fest, dass es nicht bei dem Vorwurf der „Verabredung zu einem Verbrechen“ sein Bewenden haben dürfte. Auf Antrag der Abteilung für organisierte Kriminalität der Staatsanwaltschaft Osnabrück erließ das Amtsgericht Osnabrück am 25. Mai 2020 einen erweiterten Haftbefehl gegen die vier inhaftierten Beschuldigten. Das Amtsgericht Osnabrück bejahte mit einem 25- seitigen Beschluss, dass die Beschuldigten in zwei Fällen hinreichend tatverdächtig sind, sich zu banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten mit einem drohenden Schaden in dreistelliger Millionenhöhe verabredet zu haben. Ferner nahm das Amtsgericht Osnabrück das Vorliegen dringenden Tatverdachts wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in sieben Fällen sowie wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in einer ganzen Vielzahl von Fällen an.
„Ungewöhnliches Maß an krimineller Energie“
Die Beschuldigten sind demnach dringend tatverdächtig, insgesamt drei internationale Großkonzerne um nahezu 10.000.000 Euro betrogen zu haben, indem diese in lediglich fiktive Windkraftprojekte der Beschuldigten investierten. Tatsächlich planten die Beschuldigten nie, die von ihnen projektierten Windkraftprojekte auch umzusetzen. Vielmehr diente den Beschuldigten eine ganze Vielzahl gefälschter Schreiben dazu, die Investoren darüber zu täuschen, dass die von ihnen konzeptionierten Windkraftprojekte tatsächlich umzusetzen sind. Tatsächlich verfügten die Beschuldigten in einer Vielzahl an Fällen nicht einmal über Rechte an den Flächen der geplanten Windparks. Auch wenn sich die mediale Aufmerksamkeit der bundesweiten Berichterstattung auf einen 30-jährigen Beschuldigten fokussiert, bejahte das Amtsgericht mit seinem Beschluss vom 25. Mai 2020, dass sämtliche Beschuldigte in identischem Umfang an den verfahrensgegenständlichen Taten beteiligt waren. Jeder der Beschuldigten sei demnach auf die Tatbeiträge der jeweils anderen zwingend angewiesen gewesen. Auch bejahte das Amtsgericht das Vorliegen eines „ungewöhnlichen Maßes krimineller Energie“.
Vermögenswerte für Geschädigte sicher
Bereits am 13. und 14. Mai 2020 fand eine groß angelegte Pfändungsaktion in drei Bundesländern statt, um Vermögenswerte für die Geschädigten zu sichern. Finanzermittler der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück konnten in Schleswig-Holstein, Bayern und Niedersachsen Vermögenswerte in Höhe von mehr als 1.000.000 Euro sicherstellen. Unter anderem konnten die Ermittler an fünf Wohnobjekten, die im Zusammenhang mit den Beschuldigten stehen, folgende Werte sichern: In Starnberg waren es zwei Bentleys (Modelle Bentayga V8 und Continental GT) im Wert von 400.000 Euro, in Fürth ein Bentley des Modells Mulsanne Speed im Wert von 300.000 Euro, eine Rolex (Modell „Daytona Platinum“) im Wert von 90.000 Euro und einen Ring im Wert von 5.000 Euro. In Nürnberg unter anderem Bargeld in Höhe von 15.000 Euro, eine Rolex (Modell „Datejust“) im Wert von rund 21.000 Euro, wie auch hochwertige Reise- und Handkoffer sowie Handtaschen der Marken Louis Vuitton und Rimowa. In einem weiteren Objekt in Lübeck konnten ein Porsche (Modell Cayenne S) im Wert von rund 120.000 Euro sowie Bargeld in Höhe von über 4.000 Euro sichergestellt werden. Des Weiteren pfändeten Finanzermittler in einer Villa im Oldenburger Münsterland die verwertbare Inneneinrichtung des Hauses. Der Wert der gepfändeten luxuriösen Möbel und Einrichtungsgegenstände dürfte zwanglos sechsstellig zu beziffern sein. Die Villa selbst ist mit Grundpfandrechten der mutmaßlich geschädigten Großkonzerne belastet. Zudem konnte Geld auf diversen Konten in sechsstelliger Höhe gesichert werden. Bereits anlässlich der Festnahmen vom 17. April 2020 wurden erhebliche Summen an Bargeld, über 200 Schmuckgegenstände sowie ein Mercedes AMG beschlagnahmt.
Vollumfängliches Geständnis
Letztlich wurde am 27. und 28. Mai 2020 eine der Beschuldigten von Beamten der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück in Nürnberg vernommen. Die Beschuldigte legte dabei ein vollumfängliches Geständnis ab und räumte die ihr mit dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten ein. Dabei belastete sie auch ihre Mittäter. Das Geständnis der Beschuldigten wird zurzeit auf seine Glaubhaftigkeit überprüft.
Zeitnaher Abschluss des Ermittlungsverfahrens?
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Polizei in Osnabrück dauern an. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass weitere Investoren von den Beschuldigten in Millionenhöhe geschädigt worden sind. Aufgrund des außerordentlichen Umfangs der Ermittlungen und der besonderen Komplexität der Sache ist mit einem zeitnahen Abschluss des Ermittlungsverfahrens nicht zu rechnen. Weitere Hinweise oder potenzielle Betrugsopfer wenden sich an die Polizei in Osnabrück unter 0541/327-6302.