Das Felix-Nussbaum-Haus, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert, ist im Besitz von drei wertvollen Bildern, für das es keinen Nachweis über die Eigentumsrechte vorweisen kann. Droht weiterhin der Verkauf und damit auch ein erheblicher Verlust für die Dauerausstellung des Museums?
Gekauft – und das ist belegt – wurden die Bilder von der IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, und die wurde bereits im Jahr 2017 von ihren Mitgliedern per Beschluss zum Verkauf des Kunstschatzes aufgefordert.
Rund 63.000 Unternehmerinnen und Unternehmer zwischen Osnabrück und der Grenze zu den Niederlanden sind Mitglied der Industrie- und Handelskammer (IHK) – sie besitzen über ihre Mitgliedschaft vielleicht auch einen kleinen Anteil an drei wertvollen Gemälden von Felix Nussbaum.
Vom Museum nur als „Leihgabe“ bezeichnet
Auf der Onlineseite des Nussbaum-Museums steht zu dem Bild „Selbstbildnis mit Geschirrtuch“ von 1936 lediglich „Leihgabe“. Das ist ungewöhnlich, denn bei anderen wichtigen Bildern, die der weit über die Grenzen der Stadt Osnabrück bedeutsamen Kunstsammlung ausgeliehen wurden, findet sich ein Vermerk wie „Leihgabe Sparkassenstiftung“ oder Ähnliches.
Handelt es sich beim Leihgeber eines der wichtigsten in der Ausstellung befindlichen Nussbaum-Bildes und zweier weiterer Bilder des Künstlers wohl um einen millionenschweren Philanthropen, der lieber nicht genannt werden möchte? Nein, die Eigentumsfrage ist schlicht ungeklärt.
Bereits im März 2017 beschloss Mitgliederversammlung der IHK Verkauf
Vielleicht erinnert sich der ein oder andere Leser noch daran: Bereits vor gut sechs Jahren kam es zu einem regelrechten Schlagabtausch zwischen der Stadt Osnabrück und der IHK um die Eigentumsrechte an insgesamt drei Bildern, die im Felix-Nussbaum-Haus ausgestellt werden.
Die Vollversammlung der IHK hatte am 21. März 2017 bei nur einer Gegenstimme beschlossen, dass die im Eigentum der IHK befindlichen Felix Nussbaum-Bilder verkauft werden sollen.
So würde nicht nur eine ordentliche Summe in das Budget der IHK fließen, man würde damit auch einer gesetzlichen Vorgabe Folge leisten, so die Begründung der IHK, die es der Organisation schlicht nicht erlauben würde, die Gelder der Mitglieder für Investitionen in den Kunstmarkt zu verwenden. Ein „bedingungsloser Verkauf“ sei jedoch nicht geplant, wurde seinerzeit betont, es solle möglichst gewährleistet bleiben, dass der Erwerber der Bilder diese auch weiterhin dem Nussbaum-Haus zur Ausstellung überlässt.
Stadt kann nicht nachweisen, wie sie in Besitz der Bilder gelangte
Nach Bekanntwerden der Verkaufsabsichten der IHK folgten zahlreiche aufgeregte Kommentare von Freunden des Nussbaum-Museums und Politikern, die allerdings alle an dem eigentlichen Problem nichts ändern konnten: Einen Leih- oder Schenkungsvertrag für die Bilder, von denen zwei von der IHK bereits in den 70er Jahren, ein weiteres erst im Jahr 2000 zu einem damals noch günstigen Preis angeschafft worden waren, gibt es nicht. Oder wenn es ihn gegeben haben sollte, muss er wohl verloren gegangen sein.
Die IHK veröffentlichte schließlich eine kurze Sachdarstellung, wie sie die Angelegenheit betrachtet – seit November 2018 wurde diese FAQ-Liste nicht mehr verändert und ist weiterhin online einsehbar.
Überraschend erklärte kurz darauf Kulturstadtrat Wolfang Beckermann: “Die Eigentumsrechte an drei Nussbaum-Bildern sind ungeklärt, die Bilder bleiben im Besitz der Stadt.”
IHK und Stadt Osnabrück haben sich nicht um Klärung der Eigentumsfrage bemüht
Nach fünf Jahren fragte unsere Redaktion nach einem aktuellen Status: Sind die Eigentumsrechte weiterhin ungeklärt oder haben Stadtverwaltung und/oder IHK die inzwischen fast fünf vergangenen Jahre dazu genutzt, um eine Klärung herbeizuführen?
Frank Hesse, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, gibt sich auf Nachfrage der HASEPOST wortkarg: „Dazu gibt es keinen neuen Stand.“
Und auch die Stadtverwaltung findet nur knappe Worte zu dem Millionenschatz in ihrer Obhut, für die sie keinen Eigentümer benennen kann: „Die Eigentumsfrage ist weiter ungeklärt und in absehbarer Zeit wohl auch nicht zu klären.“ Stadtsprecher Arne Köhler ergänzt: „Die Stadt Osnabrück geht aber davon aus, dass alle beteiligten Parteien ungeachtet dessen ein Interesse daran haben, dass die Bilder dauerhaft im Nussbaum-Haus verbleiben. Etwas anderes ist uns gegenwärtig nicht bekannt.“
Wie hoch ist inzwischen der Wert der Nussbaum-Bilder?
Soweit unserer Redaktion bekannt, werden die Nussbaumbilder in der Bilanz der IHK seit Jahrzehnten mit ihrem geringen Anschaffungswert geführt, was auf einen fortlaufenden Eigentumsanspruch hindeutet, denn die Bilder wurden niemals ausgebucht. Weder die Stadt noch die Museumsleitung oder die Nussbaum-Gesellschaft können irgendeinen Beleg bringen, wie sie in den Besitz der Bilder gelangt sind; nicht einmal einen Lieferschein scheint es zu geben.
Ungeachtet ihres historischen Wertes, insbesondere vor dem Hintergrund des Terrors der NS-Diktatur gegen den jüdischen Künstler, werden die wenigen in Privatbesitz befindlichen Nussbaum-Werke noch regelmäßig gehandelt.
Die Preisdatenbank des Kunstportals Artsy.net verzeichnet sechsstellige Verkaufspreise für Nussbaum-Bilder. Eine Auskunft zur Versicherungssumme, anhand derer der von der Stadt geschätzte Wert der drei fraglichen Bilder abschätzbar wäre, wollte die Stadtverwaltung auf Nachfrage aus grundsätzlichen Überlegungen nicht geben.