[Update 2. Juni 2016] Das Prostitutionsgesetz wurde inzwischen reformiert. Gesundheitsuntersuchungen sind allerdings, wie früher üblich, auch weiterhin nicht mehr vorgesehen. Einen guten Überblick über die Reform von 2015 gibt ein Artikel im Tagesspiegel. Auch die neuerliche Reform des Gesetzes (siehe hier bei der ZEIT) wird wohl nicht zu einer Gesundheitsprüfung führen.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Im Rahmen der Ratssitzung vom 22. Mai verabschiedete der Stadtrat einstimmig einen Antrag der CDU, der jede Form der Zwangsprostitution verurteilt und die Verwaltung auffordert, den entsprechenden Ausschüssen einen Bericht über die Lage in der Stadt zu geben.
Auch die NOZ berichtete darüber, jedoch wurde ein wichtiger Aspekt des Antrags dabei nicht thematisiert: die Verwaltung soll insbesondere auch berichten welche Auswirkungen das Prostitutionsgesetz von 2002 (Legalisierung der Prostitution) u.a. auf Hygiene und Gesundheit der Betroffenen hat.
Was viele nicht wissen, vor 2002 war das angeblich “älteste Gewerbe der Welt” zwar nicht direkt verboten, die entsprechenden “Verträge” zwischen Hure und Freier jedoch sittenwidrig. Keiner der Beteiligten hatte Anspruch auf Erfüllung bzw. “Befriedigung” der Vertragspflichten. Was zumindest kurios klingt, hatte für die Betroffenen böse Folgen: es konnte der “Liebeslohn” nicht eingefordert werden, und auch andere damit verbundene Geschäfte (von der Wohnungsmiete bis zur Kleinanzeige) fanden bis dahin in einer rechtlichen Grauzone statt.
Bei der Einführung des Prostitutionsgesetzes wurde von der damaligen Bundesregierung auch die nun regulär mögliche gesetzliche Kranken-, Arbeits- und Rentenversicherung positiv hervorgehoben. Das die Liebesdamen nun auch besser für die Steuerzahlung herangezogen werden können, wurde quasi “nebenbei” ermöglicht.
Ebenso oft unbekannt wie die Legalisierung 2002 ist auch, dass nahezu parallel zur Legalisierung im Januar 2001, das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten außer Kraft gesetzt wurde. Seitdem gibt es keine regelmässigen (alle 2- 4 Wochen) Untersuchungen der Sex-Worker durch die Gesundheitsämter mehr! Der Beleg, den die Prostituierten bis 2001 von den Gesundheitsämtern erhielten, war umgangssprachlich als “Bockschein” bekannt.
Begründet wurde die fragwürdige Abschaffung mit einer angeblich statistisch belegten Erkenntnis, dass „Prostituierte mit professionellen Verhaltensweisen“ entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht häufiger unter sexuell übertragbaren Krankheiten leiden als der Schnitt der Bevölkerung. Durch die abgeschafften vorgeschriebenen Routineuntersuchungen wurde „der Erfahrung Rechnung getragen, dass die Hauptgefahr einer Infektion nicht von den etablierten und durch Routineuntersuchungen zu erfassenden Prostituierten ausgeht, sondern von drogenabhängigen Frauen und Migrantinnen aus Hochrisikoländern, die sich staatlichen Kontrollversuchen weitgehend entziehen” (vgl. Wikipedia dazu).
Aber genau diese “Frauen und Migrantinnen aus Hochrisikoländern” sind ja nun auch die “Problemgruppe” beim Thema “Zwangsprostitution! Wie soll denn ein Freier (es soll übrigens auch weibliche Nutzer dieser “Dienstleistung geben, “Freierin” klingt nur blöd) erkennen, ob er es mit einer Zwangsprostituierten zu tun hat?
Wäre es da nicht eine gute Sache, wenn der Stadtrat die Bockscheine” auf freiwilliger Basis und als lokale Initiative für Osnabrück, wieder einführen würde?
Das Gesundheitsamt könnte (ebenso wie lokale Ärzte) regelmässige Untersuchungen anbieten und im Gegenzug einen Ausweis ausstellen, mit dem zumindest der Aspekt “Gesundheit” bei der Berufsausübung belegt werden kann.
Zwangsprostituierte, deren Zuhälter vielleicht ebenfalls diesen “Wettbewerbsvorteil” erhalten wollen, können bei der Gelegenheit sich dem Arzt anvertrauen, oder von ihm Informationen über Anlaufstellen erhalten, an die sie sich wenden können.
Im Umkehrschluss gäbe es auch einen Anscheinsbeweiss gegen Freier die eine Zwangsprostituierte ausnutzen: warum hat er sich nicht ihren Gesundheitstest zeigen lassen? Ein fehlender “Bockschein wäre in Osnabrück ein guter Grund für einen Freier von der “Verrichtung” Abstand zu nehmen!
Das etwas gegen Zwangsprostitution getan werden muß liegt auf der Hand, eine reine “Verurteilung” durch den Stadtrat ist aber zu “billig”; die im Stadtrat angedachten “zusätzlichen Maßnahmen” sollten schnellstmöglich in Angriff genommen werden.
Prostition verbieten, dürfte keine Lösung sein, aber das steht auch nicht zur Debatte. “Lippenbekenntnisse” in Form einer Resolution lösen das Problem aber nicht.
Heute, am 2 Juni, ist Internationaler Hurentag, der an die Diskriminierung von Prostituierten und deren oftmals ausbeuterischen Lebens- und Arbeitsbedingungen erinnert.