Der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Raghuram Rajan, hat das aktuelle Wirtschaftsmodell Chinas in Frage gestellt und die deutsche Industriepolitik kritisiert.
Rajan kritisiert Chinas Wirtschaftsmodell
Rajan, der heute an der Universität Chicago lehrt, glaubt nicht an eine rasche Erholung der chinesischen Wirtschaft, solange das politische System des Landes unverändert bleibt. „Ich glaube, dass das bisherige chinesische Modell des exportorientierten Wachstums am Ende ist“, sagte er der „Zeit“. Die chinesische Wirtschaft, die sich lange auf den Exportsektor und Infrastrukturinvestitionen konzentriert hat, steht laut Rajan vor Herausforderungen, da der Westen vorsichtig geworden ist und China weniger Importe erlaubt. „Auf der Infrastrukturseite haben sie jetzt sämtliche Straßen und Hochgeschwindigkeitszüge gebaut, die sie in nächster Zeit gebrauchen können. Also was jetzt?“ fragt Rajan rhetorisch.
Chinas Dienstleistungssektor wird vernachlässigt
Nach Rajans Meinung sollten Volkswirtschaften auf Chinas Entwicklungsstand ihre Anstrengungen nun auf den Ausbau des Dienstleistungssektors, Forschung, Design, Innovation und kreative Branchen ausrichten. Dies gelinge jedoch in China nicht, da die Kommunistische Partei ein zunehmend unfreies Regime mit Denkverboten und starren Zielvorgaben schaffe.
Rajan kritisiert deutsche Industriepolitik
Rajan äußerte auch Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, zweistellige Milliardensubventionen zur Anlockung internationaler Chipfabrikanten auszugeben. „Diese Art von Industriepolitik schafft üblicherweise eine Oase von sehr gut bezahlten Fachkräften rings um die Fabrik. Natürlich gibt es dadurch lokale Belebungseffekte, die zugereisten Hightech-Ingenieure müssen ja auch ihre Wäsche zur Reinigung bringen, aber ist das zehn oder zwanzig Milliarden Euro wert?“ In Bezug auf die Versorgungssicherheit mit Chips in Deutschland äußerte er Skepsis gegenüber ausländischen Fabrikanten und schlug vor, „Besser wäre es doch, die Chips selbst herzustellen“.