Der ehemalige deutsche Diplomat Michael Steiner betrachtet die derzeitigen Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine als naiv. Nach seinen Erfahrungen als Diplomat und Berater hält er Friedensverhandlungen erst dann für sinnvoll, wenn beide Parteien erkannt haben, dass sie am Verhandlungstisch weniger verlieren als auf dem Schlachtfeld.
Skepsis gegenüber Friedensverhandlungen
Michael Steiner , früherer außen- und sicherheitspolitischer Berater von Bundeskanzler Gerhard Schröder, zeigt sich skeptisch zur aktuellen Situation in der Ukraine. Er äußert Bedenken, „dass diejenigen, die nun scheinbar sachverständig nach dem Patentrezept der Diplomatie rufen, auch tatsächlich Erfahrung mit Friedensverhandlungen gesammelt haben“, so Steiner in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“.
Aus seiner Sicht sind Friedensverhandlungen erst erfolgversprechend, „wenn beide Seiten zum Schluss gekommen sind, dass sie am Verhandlungstisch weniger verlieren werden als auf dem Schlachtfeld“.
Erfahrungen aus vergangenen Konflikten
Steiner, der in der Vergangenheit Friedensverhandlungen zu Bosnien, Kosovo und Afghanistan leitete, bezieht sich auf die „Scheinverhandlungen mit zahlreichen Waffenstillständen“ in Bosnien-Herzegowina in den 1990er-Jahren: „Die waren das Papier nicht wert, auf dem sie unterschrieben wurden. Erst eine militärische Kräfteverschiebung und erhebliche Geländegewinne zulasten des serbischen Angreifers machten 1995 die Friedensverhandlungen in Dayton möglich.“
Forderungen an Europa
Heute sieht Steiner den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Meister von Scheinverhandlungen, wie beispielsweise die seit neun Jahren geltenden Abkommen von Minsk, die den Krieg in der Ostukraine beenden sollten.
Steiner fordert die EU und Großbritannien auf, die Ukraine effektiv zu unterstützen, da sie wirtschaftlich „in einer anderen Liga als Russland“ spielen. Er kritisiert, dass es diesen Ländern nach zwei Jahren Krieg nicht gelungen sei, die Ukraine mit Waffen gleichzustellen. Dies sei weniger ein objektives als eher ein mentales Problem: „Wir müssen unser eigentliches Problem, das der taktischen Realitätsverdrängung, überwinden“, fordert Steiner. „Für Wegducken wird es keinen Schadensrabatt geben.“
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