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Eversburger Schüler zurück aus Südtirol – Stadtverwaltung setzt auf Verantwortungsbewusstsein der Eltern

Um vier erkrankte Schüler ist die Zahl der Verdachtsfälle auf eine Infektion mit dem Coronavirus in Osnabrück nun angestiegen. Anders als beim ersten Osnabrücker Verdachtsfall am vergangenen Wochenende wurde von den Behörden jedoch keine Quarantäne angeordnet.

Noch immer gibt es keinen bestätigten Fall einer Infektion mit dem Coronavirus in der Stadt Osnabrück – es bleibt beim Verdacht. Laborergebnisse für die aus Südtirol zurückgekehrten Schülerinnen und Schüler der IGS Eversburg werden erst am Wochenende erwartet.

Dass es sich bei den vier aus Südtirol zurückgeholten Schülern um „konkrete Verdachtsfälle“ handele, ging Osnabrücks Sozialdezernentin beim provisorisch eingerichteten Pressetermin im Hausflur der Feuerwehrtechnischen Zentrale des Landkreises Osnabrück am Harderberg nur auf Nachfrage und etwas zögerlich über die Lippen. Nun heißt es, auf die Ergebnisse eines medizinischen Labors zu warten.

Pressesprecher Dr. Sven Jürgensen, Sozialdezernentin Katharina Pötter und Jan Südmersen von der Feuerwehr Osnabrück
Pressesprecher Dr. Sven Jürgensen, Sozialdezernentin Katharina Pötter und Jan Südmersen von der Feuerwehr Osnabrück bei der improvisierten Pressekonferenz, Foto: Dieter Reinhard

Die scheinbare Diskrepanz zwischen dem enormen Aufwand, der für die Rückholung von 54 Schülern betrieben wurde, und die relativ lax erscheinende Übergabe der potentiell Erkrankten in die Obhut und Verantwortung der Eltern bedurfte einiger Erklärungen durch Katharina Pötter, die jedoch alle Fragen der Presse offen und detailreich beantwortete und keinen Zweifel daran ließ, dass bei allen in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen das Kindeswohl an erster Stelle stand und die Stadt Osnabrück offen kommuniziert.

Entscheidung zur Rückholung erfolgte unter Einbeziehung von Ärzten und Eltern

Ziel der Maßnahme sei es also gewesen, die beste Lösung für die Kinder zu finden, die aus den Jahrgangsstufen 7, 11 und 12 stammen sollen.
Vor Ort, so Pötter, sei in Südtirol keine ausreichende ärztliche Betreuung gewährleistet gewesen. Angesichts von vier Kindern, die bereits fiebrig erkrankt waren, sei in enger Abstimmung mit der Schule, den Eltern und hinzugezogenen Ärzten die Entscheidung zur Rückholung gefällt worden.

Neben zwei Bussen, davon einer von den Stadtwerken Osnabrück, wurde ein Mannschaftsfahrzeug und ein Rettungswagen der Feuerwehr Osnabrück in das Skigebiet nach Italien geschickt.

Schneesturm in Südtirol

Jan Südmersen von der Feuerwehr schilderte, wie er mit fünf weiteren Kollegen der Feuerwehr am frühen Donnerstagmorgen die Fahrt antrat.
Für die beiden Busse waren jeweils pro Bus drei Fahrer dabei, zudem noch zwei Eltern und zwei Ärzte, die das Klinikum Osnabrück dafür zur Verfügung gestellt hatte. Gegen 22:30 Uhr kam der Konvoi vor Ort an und wurde von Kollegen der dortigen Feuerwehr in einem beginnenden Schneesturm mit Essen versorgt.

Nach einer kurzen Nacht ging es am Freitagmorgen bereits zurück, um kurz nach 17 Uhr am Harderberg einzutreffen.

Um die Kinder vor neugierigen Blicken zu schützen wurde ein Sichtschutz aufgebaut und die Abholung durch die Eltern von der Polizei begleitet
Um die Kinder vor neugierigen Blicken zu schützen wurde ein Sichtschutz aufgebaut und die Abholung durch die Eltern von der Polizei begleitet, Foto: Dieter Reinhard

Kosten für den Rücktransport wird wohl die Stadtkasse tragen

Warum nicht ein Krankenhaus im nahen Verona oder Innsbruck (beides Großstädte mit Universitätskliniken) die Versorgung übernehmen konnte, begründete die Stadträtin ebenfalls damit, dass man die beste Lösung für die Kinder gesucht habe und bei der Planung der Rückholmaßnahme der weitere Zustand der erkrankten Schüler noch offen gewesen sei.
Obwohl die Fahrtstrecke des Konvois nicht unbedingt durch medizinisch unterversorgte Gebiete ging, hielten die Verantwortlichen es auch für gerechtfertigt, dass neben zwei Klinikärzten zusätzlich ein Rettungswagen auf den Weg geschickt worden war – benötigt wurde er allerdings nicht.
Die Kosten für den Transport habe man noch nicht berechnet, die hätten bislang eine untergeordnete Rolle gespielt und würden wohl zu Lasten der Stadtkasse gehen, erwartet Pötter.

Statt Quarantäne eine „Häusliche Absonderung“

Zurück in Osnabrück wurden die Kinder auf dem Feuerwehrgelände, teils mit Sichtschutz-Barrieren von neugierigen Blicken geschützt, an ihre Eltern übergeben.
Eine Quarantäne, die mit behördlichen Auflagen versehen ist und die teils hohe Bußgelder bei Verstößen vorsieht, wurde für keins der zurückgeholten Kinder angeordnet.

Das gewählte Verfahren bezeichnete Pötter als „Häusliche Absonderung“.
In einem gemeinsamen Termin mit den Eltern wurden am Donnerstagabend die Spielregeln vereinbart. So sollen die Kinder das Haus nicht verlassen, den Kontakt mit anderen Mitbewohnern vermeiden und abwarten, was die labortechnische Auswertung von inzwischen aus dem Rachenraum der Kinder genommenen Abstrichen ergibt. Mit Ergebnissen dieser Untersuchung rechnet Presseamtsleiter Dr. Sven Jürgensen bereits an diesem Wochenende. Die Untersuchung soll ein Labor im Großraum Osnabrück durchführen.

Einige Familien haben sich vorsorglich aufgeteilt

Sollte das Ergebnis bei einem der Kinder oder ihren Begleitpersonen positiv sein, wird aus der Häuslichen Absonderung jedoch eine Quarantäne, die dann auch Eltern und Geschwister betrifft, die jetzt mit den Rückkehrern zusammentreffen. Aus Vorsichtsgründen hätten einige Familien sich deshalb bereits aufgeteilt und seien mit einem Elternteil und Geschwistern zu Verwandten und Bekannten gezogen um einer möglichen Quarantäne in den eigenen vier Wänden zu entgehen.

Provisorische Luftschleuse um die erkrankten Kinder zu separieren
Provisorische Luftschleuse um die erkrankten Kinder zu separieren, Foto: Dieter Reinhard

Im Stadtwerke-Bus wurde eine Luftschleuse eingerichtet

Bereits beim Rücktransport wurde darauf geachtet, die Möglichkeiten einer Ansteckung zwischen den Schülern zu minimieren und vor allem auch die aus Osnabrück angereisten Begleiter zu schützen.

Feuerwehrmann Jan Südmersen erläuterte vor der Presse, wie die Feuerwehrmänner in dem Stadtwerke-Bus mit Kunststofffolie und Panzerband eine provisorische Luftschleuse einrichteten, die den gesonderten Bereich, in dem die erkrankten Kinder transportiert wurden, vom Rest des Busses trennte.
Alle aus Osnabrück angereisten Helfer hätten als zusätzlichen Schutz im Kontakt mit den erkrankten Kindern Schutzmasken getragen, einige Kinder ebenfalls.

Kommentar des Autors

Aus menschlicher Sicht alles richtig gemacht! Das sage ich ganz deutlich, selbst wenn es bestimmt einige Kritik an dieser Rückholaktion geben wird. Und diese Kritik mag durchaus berechtigt sein.
Dennoch: Rein menschlich war es die richtige Entscheidung, die Kinder auf diese Weise zurückzuholen.

Niemand möchte sein Kind oder Geschwister irgendwo weit weg in einem anonymen Krankenhaus wissen, wo aus einer harmlosen Grippe vielleicht wirklich noch eine Ansteckung mit dem Coronavirus wird. 

Wenn sich herausstellen sollte, dass die „Erkrankung“ der vier Schüler lediglich eine Grippe war – oder was sonst so auf einer Klassenfahrt zu Unwohlsein führt –, wird die Häme für die Verantwortlichen bestimmt groß sein.
Stellt sich jedoch heraus, dass sich doch eins der Kinder in Südtirol das Coronavirus eingefangen hat, werden besonders unangenehme Fragen folgen. Zum Beispiel, warum die generalstabsmäßig geplante und durchgeführte Rückholaktion so simpel auf einem Parkplatz am Harderberg endete und nicht bis in die Elternhäuser fortgeführt wurde? 

Die Verantwortlichen sind wahrlich nicht zu beneiden. Aber statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir uns doch jetzt freuen, dass die Koordination einer solchen Aktion in der Friedensstadt so problemlos möglich ist!
Feuerwehr, Verwaltung, Klinikum und Stadtwerke haben gezeigt, dass sie hervorragend miteinander zusammenarbeiten und wir Bürger uns darauf im Ernstfall verlassen können.

Und allen Helfern gebührt sowieso uneingeschränkter Dank, ohne Wenn und Aber!

Nun sollte jeder Osnabrücker hoffen, dass den Kindern und Eltern bald die Last genommen wird, die das Warten auf die Labordiagnose ohne Zweifel bedeutet.

Und nein, wir werden nicht alle sterben – jedenfalls nicht jetzt und aller Wahrscheinlichkeit auch nicht durch das Coronavirus!
Wenn alles heil überstanden wird, gehen wir als Gesellschaft und Bürger der Stadt Osnabrück gestärkt aus der ganzen Sache hervor.

Ich jedenfalls bin stolz, in einer Stadt zu leben, in der so eine Rückholaktion möglich ist – auch wenn ich vielleicht an der ein oder anderen Stelle etwas kritisieren könnte, aber dazu ist jetzt sicher der falsche Zeitpunkt!

Heiko Pohlmann

 

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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