Am Mittwoch, dem 16. August 2023 hat das Kabinett der Ampelkoalition den ersten von zwei geplanten Schritten zur Cannabislegalisierung beschlossen. Der Gesetzentwurf muss nun noch den Bundestag passieren und zur Beratung in den Bundesrat, auch wenn die Länderkammer laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nicht zustimmen muss. Damit dürfte die teilweise Legalisierung beziehungsweise Entkriminalisierung der Volksdroge Nr. 2 frühestens zum 01.01.2024 in Kraft treten.
Doch schon jetzt zieht das Vorhaben nicht nur die Kritik aus konservativen Kreisen auf sich. Vertreter der Subkultur bemängeln die Zaghaftigkeit und die Bürokratie des Entwurfs, Unternehmer weisen auf Ungereimtheiten hin und glauben, dass viel ökonomisches Potenzial verschenkt wurde, während konservative Akteure vor einer weiteren Ausbreitung des Marihunakonsums und den gesellschaftlichen Folgen warnen. Wir sprachen zum Thema mit Dannie Hansen, dem Co-Gründer und CEO von Nordic Oil, einem der größten Cannabisunternehmen auf dem deutschen Markt.
Hasepost: Herr Hansen, Sie führen das Unternehmen Nordic Oil, welches vor allem für seinen Handel mit CBD Öl und anderen CBD-Produkten bekannt ist. Welche Hoffnungen haben Sie sich beim Thema Cannabislegalisierung in Deutschland gemacht?
Dannie Hansen: Nordic Oil ist eines von vielen Unternehmen, die seit Jahren bereitstehen, voll in den Cannabismarkt einzusteigen. Vertreter der Branche stehen schon lange in Verbindung zu politischen Akteuren und auch zu den Konsumenten. Ehrlich gesagt, haben wir alle mit einer Legalisierung im amerikanischen Stil gerechnet, nachdem im Herbst 2021 drei Parteien an die Regierung gekommen sind, die die Legalisierung allesamt im Wahlprogramm hatten.
Jetzt bekommen wir in einem ersten Schritt eine Entkriminalisierung, die sicherlich zu einer Erleichterung und Verbesserung der Situation der Konsumenten führen wird, bei der die Unternehmen und Startups, die teilweise seit Jahren Investitionskapital sammeln und zurückhalten, allerdings komplett außen vor gelassen wurden. Das ist nicht das, womit wir gerechnet haben und auch dem deutschen Staat werden mit dieser Lösung Milliarden an Steuereinnahmen verloren gehen.
Hasepost: Bei dem beschlossenen Entwurf geht es aber auch nur um den ersten Schritt. In einem zweiten Schritt soll Gras für erwachsene Konsumenten vollständig freigegeben werden, was auch den kommerziellen Verkauf einschließt. Minister Lauterbach plant hierzu noch im Herbst dieses Jahres einen Entwurf einzureichen. Sind Sie hier vielleicht einfach zu ungeduldig?
Dannie Hansen: Ich hoffe, dass mit dieser zweiten Stufe einige Unzulänglichkeiten behoben werden können, allerdings wird die echte Legalisierung zunächst – und kein Mensch weiß, was das heißen wird – auf einige Modellregionen beschränkt sein. Selbst, wenn die Genehmigungen für diese Modellregionen unbürokratisch und liberal vergeben werden sollten, braucht es dafür auch den Impuls aus den Kommunen, Kreisen oder welche Art von Körperschaft am Ende die ausschlaggebende sein wird.
Ein planbarer Markt mit skalierbaren Wachstumsprozessen sieht allerdings anders aus. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass Unternehmen und Startups bereit sein werden, in einer Modellregion Millionen Euro in die Grow-Infrastruktur zu stecken, wenn das Gesundheitsamt den Versuch jederzeit für beendet erklären oder ein Wechsel in der Kommunalregierung über die Zukunft des Standorts entscheiden kann.
Für Händler wie uns bleibt daher offen, woher wir überhaupt unser Produkt beziehen können, denn der legalisierte Anbau ist bisher dem Eigenbedarf der Konsumenten vorbehalten. Das trifft sich übrigens auch mit Einschätzungen aus dem Bereich der Sicherheitsbehörden, die nicht davon ausgehen, dass der aktuelle Ansatz geeignet sein wird, den Schwarzmarkt vollständig zu verdrängen.
Hasepost: Für Sie handelt es sich also ausschließlich um eine vertane Chance, oder können Sie dem Vorstoß auch etwas Gutes abgewinnen?
Dannie Hansen: Ich hoffe, dass ich mich mit meiner Einschätzung irre und wir schnell ganz viele Modellregionen bekommen, in denen wir, das heißt: die Produzenten, Händler und Konsumenten, beweisen können, dass keine der konservativen Bedenken eintreffen werden und dass die dort generierten Steuereinnahmen schließlich für sich sprechen werden. Als Privatmann begrüße ich aber auch die Entkriminalisierung im ersten Schritt und hoffe, dass dies der Gesellschaft positive Impulse auch kultureller Art geben wird und die deutsche Gesellschaft insgesamt etwas lockerer und dann vielleicht auch mutiger wird.
Hasepost: Vielen Dank für diese Einschätzung zum Kabinettsentwurf für die teilweise Legalisierung von Cannabis, Dannie Hansen, CEO von Nordic Oil.