Kinder an die Macht!
Geht es nach den Kindern, die in diesem Fall auch tatsächlich nach ihrer Meinung gefragt wurden, dann gibt es einen klaren Gewinner der Ausschreibung, die vom Osnabrücker Servicebetrieb (OSB) für die Neuausstattung des Kinderspielplatzes am Adolf-Reichwein-Platz gestartet wurde.
Zwei Entwürfe schafften es in die Finalrunde. Neben einer handvoll Erwachsenen waren am Freitagmittag ein knappes Dutzend Kita-Kinder vor Ort um die Pläne zu begutachten und vom OSB ein paar Hintergründe zur Ausschreibung zu erfahren.
„Lokalbezug“, den die alte Hansekogge so wunderbar herstellte, mit einem Osnabrücker Rathaus als Teil eines Schiffsrumpfs, Bezug nehmend auf die Geschichte Osnabrücks als Teil der Hanse, war nicht Teil der Ausschreibung.
Stattdessen setzten die Auftraggeber des städtischen Betriebs auf „Spielstärke“ und natürlich auf einen Kostenrahmen von 40.000 Euro, die für die Neumöblierung maximal zur Verfügung steht.
Entwürfe durften noch nicht fotografiert werden
Was die Spielstärke angeht, konnte vor allem ein Entwurf nicht nur bei den Kindern punkten.
Auch wenn die finale Vergabeentscheidung noch nicht getroffen ist, scheint es wohl auf diesen Entwurf hinauszulaufen. Aus vergaberechtlichen Gründen durften die Konzeptskizzen nicht fotografiert werden, aber so viel sei verraten: Es wird – auch entsprechend der Ausschreibung – wieder ein Schiff im Mittelpunkt des Spielplatzes stehen. Sollte der von den Kindern favorisierte Entwurf in den kommenden Tagen die notwendigen behördlichen Hürden nehmen, werden es wohl zwei Schiffe werden. Verbunden sind beide Schiffe dann mit einer Stegkonstruktion, auf der wunderbar geklettert werden kann und unter der man auch Schätze verstecken kann, wie eines der Kita-Kinder gleich feststellte.
Zukünftig besser für Kleinkinder
Wie bereits bei der bestehenden Hansekogge, wird von beiden neuen Schiffen eine Rutsche herabführen. Die Höhe der Rutsche wurde aber für Kleinkinder angepasst, so dass die bislang separat stehende Kleinkinder-Rutsche entfallen kann. Die beliebte „Matschstation“ wird allerdings bleiben. Der wie die Kogge schon arg in die Jahre gekommene Bauwagen, in dem Spielsachen über Nacht weggeschlossen werden können, könnte vielleicht auch entfallen, wenn der Hersteller der Spielplatzmöbel noch einen abschliessbaren Schuppen in die Steg-Konstruktion integriert, erklärte OSB-Mitarbeiterin Marion Niemeyer, die sich viel Zeit nahm mit den Kindern aus der Kindervilla die Pläne zu diskutieren.
Renovierung nicht mehr möglich
Hartmut Damerow vom OSB erläuterte, dass eine turnusmäßige Überprüfung der Hansekogge im vergangenen Jahr den Ausschlag für die Neuausschreibung gegeben hätte. Das ursprünglich zum Hansetag 2006 aus Eiche erbaute Holzschiff hat in den mehr als 10 Jahren Spielplatzalltag arg gelitten. Selbst der damalige Hersteller habe, so Damerow, davon abgeraten den maroden Schiffskörper zu renovieren, also sei nur eine Neubeschaffung in Frage gekommen.
Ein „Nachbau“ sei für den OSB nicht in Frage gekommen, so Dammerow. Bei der Ausschreibung schreckte man vor Urheberrechtsfragen zurück und wollte auch „etwas Neues“ und vor allem mehr Spielmöglichkeiten bieten.
Dass mit dem für das Frühjahr geplanten Abriss auch ein besonders schönes Stück Stadtbild verschwindet, das bislang bei den spielenden Kindern nicht unbedingt für Enttäuschung mangels „Spielstärke“ gesorgt hatte, wollte der OSB-Vertreter nicht gelten lassen.
Lokalpolitik nicht über Koggen-Abriss informiert
Nach Informationen unserer Redaktion wurden die im Betriebsausschuss des OSB vertretenen Lokalpolitiker nicht über den geplanten Ersatz der Hansekogge informiert. Hartmut Damerow bestätigte diese Informationen und sagte, dass derartige Beschaffungsangelegenheiten im Detail auch nicht von der Politik beschieden werden.
Kommentar: Individualität geht verloren, Chancen nicht genutzt
Die beiden am Freitagnachmittag gezeigten Entwürfe zeigten Installationen der Spielgerätehersteller auf verschiedenen bereits realisierten Spielplätzen. Das was vermutlich bald in Osnabrück auf dem Adolf-Reichwein-Platz aufgestellt wird, wird nicht mehr individuell und typisch Osnabrück sein, sondern steht ähnlich arrangiert dutzendfach auf Spielplätzen quer durch die Republik.
Die Kinder wird es nicht stören, aber ein zentraler Platz der Osnabrücker Innenstadt verliert damit sehr viel von seiner Individualität.
Die Chance, hier mit den Anwohnern, den Kaufleuten der Innenstadt und dem Citymarketing eine Neuauflage des sehr spezifischen Osnabrücker Spielplatzes zu versuchen, wurde verpasst. Der Koggenspielplatz wird vielleicht ein wenig „spielstärker“ aber auf jeden Fall auch ein Spielplatz unter vielen, der austauschbar so auch in Münster, Bielefeld oder Castrop-Rauxel stehen könnte – die Osnabrücker Hansekogge war einmalig!