(mit Material von dts Nachrichtenagentur) Das Europaparlament hat sich jüngst mit einem ernsten Anliegen an die EU-Führungsspitze gewandt. In einem fraktionsübergreifenden offenen Brief, initiiert durch den Vorsitzenden des Unterausschusses für Menschenrechte, Udo Bullmann (SPD), fordern die Unterzeichnenden mehr Engagement zum Schutz und zur Gewährung von Asyl für russische Kriegsdienstverweigerer. Sie berichten von illegalen Gefangenenlagern des russischen Militärkommandos in den besetzten ukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk, in denen über 600 russische Kriegsdienstverweigerer inhaftiert sind.
Appell an die EU-Führung.
Der Brief, der an EU-Ratspräsident Charles Michel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell gerichtet ist, betont die Pflicht der EU und ihrer Mitgliedstaaten, diese Kriegsdienstverweigerer zu schützen und ihnen Asyl zu gewähren. In Deutschland wurden bis Ende April dieses Jahres 2.485 Asylanträge von männlichen russischen Staatsangehörigen im wehrfähigen Alter von 18 bis 45 Jahren gestellt. Nur 55 dieser Fälle wurden positiv entschieden, 88 negativ, und 671 Fälle endeten mit einer „formellen Verfahrenserledigung“.
Dublin-Verfahren und Kritik
Das Dublin-Verfahren besagt, dass nur ein EU-Staat für ein Asylverfahren zuständig ist, um Mehrfachanträge zu verhindern. Prinzipiell ist der Staat zuständig, in den die Asylbewerber zuerst eingereist sind. Der Verein für Kriegsdienstverweigerer Connection, der Verweigerer aus Russland, Weißrussland und der Ukraine unterstützt, kritisiert seit Monaten die zögernde Haltung deutscher Behörden beim Schutzstatus für Geflüchtete. Rudi Friedrich, Geschäftsführer von Connection, betont, dass jeder das Recht habe, den Kriegsdienst zu verweigern und Widerstand gegen den Krieg zu zeigen. Die Ablehnung der Betroffenen durch deutsche Behörden sei ein „untragbarer Zustand“.
Forderungen der EU-Abgeordneten
Am Ende ihres Briefes appellieren die EU-Abgeordneten an die Führungsspitze, weitere Maßnahmen für eine „gemeinsame Visapolitik“ in den EU-Mitgliedstaaten zu ergreifen, die „Richtlinien zur Erteilung von Einreisevisa“ anzupassen und Asylverfahren für russische Staatsbürger zu prüfen, die aus ihrem Heimatland fliehen, weil sie den Dienst in den russischen Streitkräften verweigern.