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Erfolgsanalyse der Kaufhof-Verhüllung: Kritik findet nicht statt

Der offizielle Teil des Friedensjubiläumsjahrs ist vorbei – Zeit, Bilanz zu ziehen. Das dachte sich wohl auch die Ratsfraktion der CDU Osnabrück und bat zur kommenden Sitzung des Kulturausschusses bei der Verwaltung um einen Pressespiegel zu den beiden großen Kunstprojekten, die von der Stadt mit recht unterschiedlich hohen Summen gefördert wurden.

Die Verwaltung sollte also Informationen über das Medienecho zum Projekt der Kaufhof-Verhüllung durch den afrikanischen Künstler Ibrahim Mahama liefern (gefördert mit insgesamt 300.000 Euro zzgl. nochmals etwa 100.000 Euro für die Bewachung), sowie zum Projekt Aufbau der Kunstinstallation “forx” vor dem Osnabrücker Rathaus beginnt“ des Osnabrücker Künstlers Volker-Johannes Trieb (gefördert mit bescheidenen 20.000 Euro).

Zweifel bei der CDU, ob das Steuergeld im Sinne der Stadt investiert wurde

Aus der Formulierung der Anfrage wird bereits deutlich, dass man innerhalb der CDU-Ratsfraktion keinesfalls davon überzeugt ist, dass die nicht unerheblichen Mittel – insbesondere für das Kaufhof-Projekt – wirklich gut investiert waren.

Trotz der potenziellen Bedeutung für die städtische Kulturpolitik bleibt unklar, ob diese Aktionen den gewünschten positiven Effekt auf das Image der Stadt hatten und ob sie die Ressourcen wert waren, die dafür aufgewendet wurden. Überregionale Medien wie die Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine, Die Zeit und andere könnten diese Aktionen kommentiert haben“, heißt es dazu in der Anfrage. „Könnten“ ist wohl das entscheidende Wort in der vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Marius Keite unterzeichneten Anfrage – dazu unten mehr.

War die mediale Resonanz wirklich „groß“?

Die Verwaltung, vertreten durch Patricia Mersinger, Leiterin des Fachbereiches Kultur der Stadt Osnabrück, lieferte schnell! Die gewünschten Informationen sind bereits im Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück (RIS) hinterlegt – zur Verhüllung des Kaufhof-Gebäudes eingeleitet mit den Worten: „Die mediale Resonanz auf die Gebäudeverhüllung ist groß.“ Doch ist das wirklich so? Wir haben uns die mit 183 Seiten (32 Megabyte!) umfassend wirkende Artikelsammlung einmal genauer angeschaut.

Und tatsächlich, es erscheinen große Namen. So hat anscheinend neben dem Magazin „Stern“ auch die überregionale Tageszeitung „Die Welt“ oder der Nachrichtensender „ntv“ über das Kunstprojekt in Osnabrück berichtet. Doch halt, schaut man sich die – schick mit Logo der großen Medienunternehmen versehenen – Einträge auf der Clipping-Liste genauer an, fällt auf: die schreiben ja alle dasselbe.

Künstler verhüllt leerstehendes Kaufhaus in Osnabrück“ titelt die renommierte Tageszeitung „die Welt“ (angeblich), und auch beim Nachrichtensender n-tv heißt es „Künstler verhüllt leerstehendes Kaufhaus in Osnabrück„. Gleiche Überschrift beim Stern, der allerdings den Inhalt bereits wieder von seinem Server gelöscht hat: „Künstler verhüllt leerstehendes Kaufhaus in Osnabrück„. Redaktionell wurde nichts bearbeitet, die genannten Medien haben den Artikel auch nicht in ihren eigentlichen Medien verarbeitet (Printobjekt oder TV-Sendung), die man mit den Namen „die Welt“ oder „n-tv“ verbindet. Die Meldung wurde von der dpa-Tochter „dpa-infocom“ verbreitet, die nach eigenen Angaben „ready-to-publish“-Produkte erstellt, die zum Beispiel auf News-Portalen oder auch den Bildschirmen über Supermarktkassen erscheinen.

Die wundersame Vermehrung der Regionalzeitungen

Aber auch sonst finden sich in dem vorliegenden Pressespiegel ein paar Ungereimtheiten. So werden beispielsweise neben der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom Madsack-Verlag auch die Schaumburger Nachrichten, die Peiner Allgemeine oder das Göttinger Tagblatt einzeln aufgeführt. Man ahnt es bereits – weil die Orte ja dicht beieinander liegen. Es ist immer die gleiche Zeitung (Mantel), nur mit einem anderen Titelkopf und abweichendem Lokalteil – macht aber nichts, auch hier wurde lediglich der Text von der dpa verwendet.

„Medienpartner“ lieferte zahlenmäßig ordentlich ab – taz wird doppelt gezählt

Wie gut, dass es die Osnabrücker Tageszeitung NOZ gibt – offiziell von der Kunsthalle mit dem Titel „Medienpartner“ versehen. Bei den insgesamt 54 bundesdeutschen Quellen erscheint die NOZ gleich 18-mal – und nochmals auch als Bersenbrücker Kreisblatt.

Zusätzlich taucht die linksalternative Tageszeitung taz gleich zweimal auf. Dort mühte man sich in einem Artikel daran ab, dass in der HASEPOST ein paar kritische Worte zur Kaufhof-Installation erschienen sind. Zitat taz: „Wenige Tage vor der Eröffnung verhöhnte das Osnabrücker Online-Medium Hasepost die Verhüllung als ‚alte Drecksäcke aus Afrika'“. Die linke Zeitung vergaß allerdings zu erwähnen, dass die Aussage im Rahmen eines gekennzeichneten Kommentars erschien. Aber anscheinend gefiel dieser Artikel der Verwaltungsabteilung von Frau Mersinger so gut, dass er gleich doppelt im Pressespiegel auftaucht – mit abweichender URL und anderem Titel, aber gleichem Inhalt.

HASEPOST existiert für den Fachbereich Kultur scheinbar nicht

Doch was fehlt? Die HASEPOST wurde ja bereits von der taz ins Spiel gebracht, und auch in einem Artikel der NOZ wurde die von unserer Redaktion recherchierte Brandgefahr erwähnt. Nur tauchen diese zitierten und weitere Artikel unserer Redaktion in der Sammlung der Verwaltung nicht auf.
Dabei haben wir insgesamt auch acht – nicht immer nur kritische – Artikel der Kaufhof-Verhüllung gewidmet (siehe ganz unten auf dieser Seite).

Ist Kritik vielleicht unerwünscht? Der Umgang mit kritischen Artikeln erinnert an die kurz vor Ende der Kunstaktion organisierte Podiumsdiskussion, bei der nur Befürworter auf dem Podium saßen und kritische Stimmen unter Verweis auf den Datenschutz (!) nicht eingeladen wurden.

Brandwache vor dem verhüllten Kaufhof
Brandwache vor dem verhüllten Kaufhof. / Foto: Pohlmann

Was aber sagt Patricia Mersinger zu den Mängeln in der Antwort an die Anfrage der CDU-Fraktion? Wir haben die Leiterin des Fachbereiches Kultur der Stadt Osnabrück mit unserer Einschätzung der vorliegenden Presseanalyse konfrontiert. Sie schreibt dazu: „Die Pressestelle in der Kunsthalle ist derzeit vakant, die Pressestelle des Fachbereichs langzeiterkrankt. Deshalb haben wir hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die abschließenden Pressespiegel werden aus diesen Gründen zu einem späteren Zeitpunkt erstellt. Gerne werden wir Ihre Hinweise dabei berücksichtigen.“

Und was ist mit der ebenfalls von der CDU angeforderten Presseanalyse für das Kunstprojekt von Volker-Johannes Trieb? Der listet zwar nur 38 Medienberichte (inklusive zwei Artikel der HASEPOST) auf, macht aber deutlich, dass neun Artikel auf ein und derselben dpa-Meldung basieren und zwei Artikel über den evangelischen Pressedienst epd gleichlautend übernommen wurden. Zudem wurde die Pressemappe von Herrn Trieb noch vor Ende der Installation erstellt, ist also auch noch nicht final.

Und? Hat es ein qualitativ hochwertiges und vor allem überregionales Presseecho gegeben?

Zurück zur Anfrage der CDU-Ratsfraktion: Weder die in der Anfrage genannte Süddeutsche Zeitung noch die Frankfurter Allgemeine oder „Die Zeit“ haben mit eigenen Berichten über eines der beiden Kunstwerke zum Friedensjahr berichtet – jedenfalls nicht laut den vorliegenden Unterlagen aus dem Ratsinformationssystem.

Hier alle Artikel der HASEPOST zur Kaufhof-Verhüllung:

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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