Die Bilder glaubt man zu kennen, so ungefähr sahen Schulen und Sportanlagen in der ehemaligen DDR aus – doch das war 1989 und das ist auch schon mehr als ein Vierteljahrhundert her.
Die gemeinsame Sporthalle der Graf Stauffenberg Gymnasium (GSG) und der Bertha von Suttner Realschule (ehemalige Agnes Miegel Realschule) ist Realität im Osnabrück des Jahres 2016.
Die Halle wird von den aktuell 910 Schülern am Graf Stauffenberg Gymnasium und 516 Schülern der Bertha von Suttner Realschule regelmäßig genutzt. Außerdem benötigen viele regionale Vereine im Süden der Stadt die Sporthalle für Training und Spiele.
In einem Brandbrief, der diese Woche an Schüler und Eltern, die Schulleitung aber auch an den Oberbürgermeister Wolfgang Griesert und die Mitglieder des Stadtrats verschickt wurde, fordern Schulelternrat und Schülervertreter nun endlich Besserung ein.
Eigentlich hätte die Sanierung Priorität
Nach Angaben der Schüler- und Elternvertreter wird die marode Halle bereits seit Jahren an oberster Stelle in der Prioritätenliste der Stadt für die Sanierung geführt.
“Bereits im Jahr 2009 wurde eine Prioritätenliste beschlossen”, so Schüler und Eltern, und weiter: “Damals war die Sanierung der Halle der Heilgenwegschule gerade abgeschlossen und die Halle an der Backhausschule in Bau. An der ersten Stelle der Sanierungsliste stand danach die Halle des Carolinums. Direkt danach sollte die Halle am GSG in Angriff genommen werden.
In einer Vorlage der Verwaltung aus dem Jahr 2010 sind bereits folgende Mängel aufgeführt: das Dach ist undicht, die Fassade und der Boden defekt, die Akustik und die Umkleiden sind unzureichend und die Haustechnik schadhaft. Trotz immer wieder vorgenommener Flickschusterei ist der Zustand der Halle nicht besser geworden. Diese damals genannten Schäden bestehen noch immer.”
Scherben der Glaswand werden nur durch Maschendraht aufgefangen
Die aktuelle Situation wird so dargestellt: “Das Dach ist immer wieder undicht. Aktuell konnte zwar ein Loch geflickt werden, an anderen Stellen tropft es aber weiterhin und bei Wind wird immer wieder Regen durch die große Fassade mit Glasbausteinen gedrückt, so dass es zu Feuchtigkeit und Pfützen kommt. Die riesigen Glasbausteinwände auf beiden Seiten des Gebäudes sind seit langem stark beschädigt. Glasbausteine oder Teile davon fallen aus der Wand. Der Wind pfeift durch die Halle. Auf der Fensterbank finden sich regelmäßig große Glasscherben. Vor etwa zwei Jahren wurde provisorisch Maschendraht vor die Glasbausteine gespannt. Dieser kann vielleicht zum Teil verhindern, dass Bälle ungebremst gegen die Glasbausteine prallen. Der grobmaschige Draht kann aber nicht unterbinden, dass Glasscherben auf den Hallenboden fallen. Zum Glück wurde bisher noch kein Kind getroffen.
Gleichzeitig ist die Heizung defekt. Teile der Heizkörper sind abgeklemmt und mit großen Holztafeln verkleidet worden, da Verletzungsgefahr bestand. Auch ein Teil der Warmluftzufuhr funktioniert nicht mehr. Im Winter wird somit häufig noch nicht einmal mehr 10° Celsius Hallentemperatur erreicht. Die Sporthalle entspricht in keiner Weise den aktuellen Erfordernissen. Eine zeitgemäße Ausstattung fehlt. Dadurch ist weder ein entsprechend den Lehrplänen geforderter mediengestützter Unterricht noch die Ausrichtung von übergreifenden Sportfesten möglich”.
Nur noch vier Duschen für eine ganze Klasse
Zwischenzeitlich sollen die Duschen auch mit Legionellen verseucht gewesen sein. Eine “provisorische” Reparatur sorgte dafür, dass die Warmwasseranlage in Folge “radikal verkleinert” wurde. Schüler und Eltern: “In den beiden Duschräumen gibt es jetzt jeweils nur noch vier Duschen. Das reicht unmöglich, wenn eine Klasse oder eine Vereinsmannschaft duschen möchte. Aber wer möchte auch schon bei deutlich unter 10°C Hallentemperatur duschen?”
Auch droht Verletzungsgefahr, denn nach eigenen Beobachtungen wird der Boden immer wieder geflickt. Er hat “viele Unebenheiten, Risse und Ablösungen”. “An den Wänden und Säulen fehlt ein erforderlicher Prallschutz”, wird festgestellt. “Es gibt keinen abgeschlossenen Geräteraum. Vielmehr stehen die Geräte entgegen heutigen Sicherheitsstandards in einer offenen Wandnische der Halle direkt neben dem Spielfeldrand”. Schüler und Elternvertreter stellen fest: “Die Verletzungsgefahr in diesem Bereich ist erheblich. Dies gilt ebenso für die Sprossenwand und andere Stolperstellen in der Halle. Weiterhin fehlen getrennte Lehrerumkleiden für Frauen und Männer und die Fluchtwege sind ebenfalls weit entfernt vom heutigen Standard. Dies gilt insbesondere für die enge Treppe zum Fahrradkeller, die bei der Nutzung durch Vereine üblicherweise der einzige geöffnete Zugang ist”.
Carolinum und Gesamtschule hatten Priorität
Mit Blick auf das Osnabrücker Traditionsgymnasium in der Innenstadt stellen die Schüler- und Elternvertreter fest: “Sieben Jahre nach der ersten Festsetzung einer Prioritätenliste durch Beschluss des Rates im Jahr 2009 ist die Halle des Carolinums nun seit zwei Jahren fertig gestellt. Für die Halle beim GSG, deren Sanierung direkt danach angesetzt war, gibt es bis heute noch nicht einmal eine fundierte Vorplanung. Und das obwohl die Verwaltung dies bereits im Jahr 2010 angekündigt hatte. Die Sanierung steht immer noch in weiter Ferne. Wie konnte es dazu kommen? Ein Hauptgrund scheint zu sein, dass auf die beschlossene Prioritätenlisten scheinbar keinerlei Verlass ist. Immer wieder werden andere Bauvorhaben dazwischen geschoben. Dies waren die Schlosswallhalle, die bereits im Mai 2014 fertig gestellt wurde und dann der Neubau der Grundschule Sutthausen, der nach einem Brand ebenfalls dazwischen geschoben wurde. In diesen beiden Fällen hatten die Eltern und Schüler des Graf Stauffenberg Gymnasiums und der Bertha von Suttner Realschule die Verzögerungen noch hingenommen.”
Gesamtschule Eversburg hat für manche Lokalpolitiker wieder Vorrang
Und scheinbar gibt es ein neues Projekt, dass Vorrang für einige Stadträte hat: “Aktuell soll sich die Sanierung erneut verschieben, da nun die Sporthalle in Eversburg offenbar ebenfalls vorgezogen werden soll. Diese Halle stand im Jahr 2009 allerdings noch gar nicht auf der Liste und im Jahres 2014 an der achten und damit letzten Stelle der Prioritätenliste für die Sporthallen. Bereits im Frühjahr 2010 gab es dann einen offiziellen Beschluss, die Planung für die Sporthalle am Graf Stauffenberg Gymnasium und der Bertha von Suttner Realschule aufzunehmen. Aber passiert ist nichts. Von der Stadt gibt es noch nicht einmal eine Kostenschätzung. Gleichzeitig ist nun aber die Vorplanung für die Halle in Eversburg schon fertig gestellt. Im Schul- und Sportausschuss wurde im Januar 2016 über das undichte Dach in Eversburg berichtet. Bereits im Mai soll nun der Sanierungsbeschluss getroffen werden. Es stellt sich die Frage, wieso in einem Fall bereits nach vier Monaten Entscheidungen getroffen werden können, die im anderen Fall leider in sechs Jahren – trotz offiziellem Planungsbeschluss – nicht möglich waren”.
Der Brief der Schüler und Eltern endet mit einer klaren Ansage: “Die Eltern und die Schülerinnen und Schüler des Graf Stauffenberg Gymnasiums und der Bertha von Suttner Realschule sind nicht mehr bereit diese Zustände weiter hin zu nehmen. Sieben Jahre auf der Prioritätenliste und nun bereits die dritte geplante Verschiebung der Sanierung sind zu viel! Wir fordern den sofortige Planungsbeginn entsprechend der am 23. Februar 2010 vorgelegten und im Schul- und Sportausschuss beschlossenen Vorlage der Verwaltung sowie den anschließenden zügigen Beginn der Bauarbeiten der Sporthalle am Graf Stauffenberg Gymnasium und der Bertha von Suttner Realschule”.